Glücksspiel-Bericht im Europaparlament: Netz-Sperren sind abgewendet, trotzdem „weiße Listen illegaler Webseiten“

Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg. Bild: J._Patrick_Fischer. Creative Commons BY-SA 3.0.
EuroParl-Strassbourg
Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg. Bild: CherryX. Lizenz: Creative Commons BY-SA 3.0.

Anfang Juli hatten wir über Pläne des Europäischen Parlaments berichtet, in einem Bericht über Online-Glücksspiele Netz-Sperren einzuführen. Vorgestern haben wir nochmal aufgerufen, eure Abgeordneten zu kontaktieren, um das noch zu verhindern. Und wir hatten Erfolg!

Im gestern angenommenen Bericht steht zwar noch immer:

den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten für Durchsetzungsmaßnahmen – wie etwa die Erstellung weißer und schwarzer Listen von illegalen Websites – um sicherzustellen, dass Verbraucher nicht in die Hände illegaler Betreiber geraten können;

Rausgeflogen ist aber der gefährliche Halbsatz:

Verhinderung des Zugangs zu diesen Websites

Laut Abstimmungsergebnis haben 385 Abgeordnete für die Streichung der Sperren gestimmt, 322 waren für eine Beibehaltung.

Unverständlich ist, dass sich 459 Parlamentarier für die „Erstellung weißer Listen von illegalen Websites“ ausgesprochen haben und nur 248 das ablehnten. Das ergibt keinerlei Sinn. Das Fazit von EDRi aus dem Juli gilt noch immer:

looks more like a failed high-school project than a serious piece of work by a democratically elected institution.

„Immerhin“ ist der Text nur handwerklich schlecht und enthält keinen neuen Anlauf mehr für die gefährliche Ausbreitung der Internet-Zensur. Damit hat das Europaparlament mindestens dreimal in den letzten vier Jahren Netz-Sperren erst vorgeschlagen und dann abgelehnt. Vielleicht lernen sie ja.

Danke an alle, die daran mitgeholfen haben. Allem voran natürlich unseren Freunden von European Digital Rights, die den gefährlichen Text entdeckt und viel Lobby-Arbeit dagegen geleistet haben!

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

3 Ergänzungen

  1. „weiße Listen illegaler Websites“. Gemeint sind „weiße“ Listen legaler Websites. Wenn das so ist,. dann könnte der Bericht über Online-Glücksspiele illegal sein.

    Ein Firmenregister kann ich mir vorstellen. Doch eine weiße Liste von Webseiten? Muss die Firma beantragen, dass ihre Webseite auf diese Liste kommt? Wer prüft das? Wie erklärt mir der Prüfer, dass sich daraus keine Vorzensur ergibt? Das kommt natürlich auf die Erstellung, Bedeutung bzw. Wirkung der Listen an.

    Welche Information steht zusätzlich in den Listen? Wo kommen diese Listen zum Einsatz? Vermutlich in den „Jugendschutzprogrammen“ der KMJ – und die darf sogar Sperrungen von Internetinhalten in Deutschland verfügen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/KJM#Verh.C3.A4ltnis_zu_Bund_und_L.C3.A4ndern

    Die Gefahr der Netzsperren ist sicher nicht gebannt nur weil die in dem Bericht keine Erwähnung mehr finden. Es ist dringend geboten die Absichten hinter den schwarzen und weißen Listen zu erklären. Ansonsten haben die Parlamentarier den Behörden vielleicht einen Blankoscheck ausgestellt.

  2. Ich frag mich ob es nicht vielleicht sogar besser gewesen wäre wenn die Netzsperren da wären. Denn es würde ja schnell in den Medien auftauchen dass man die leicht umgehen kann und so hätte man es öffentlich dass die nichts bringen und dann wären die vielleicht wieder zurückgenommen worden UND nicht wieder eingeführt

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.