Internet-Zensur in Russland: Auch Anonymisierungsdienste, Proxy-Server und VPNs werden verboten

In Russland soll die Umgehung der Internet-Zensur verboten werden. Das berichtet Reporter ohne Grenzen unter Berufung auf einen neues Gesetz in der Duma. Wer Anonymisierungsdienste, Proxy-Server oder Virtual Private Networks nutzt, muss mit dem Abklemmen des Internet-Anschlusses und hohen Geldstrafen rechnen.

Letzte Woche berichteten wir über das neue Gesetz zur Internet-Zensur in Russland und Beispiele gesperrter Seiten. Reporter ohne Grenzen weist auf einen weiteren Punkt hin:

Amendments to the child-protection law had barely been put in place last July when the Duma (the lower house of the Russian parliament) decided to add the prohibitions on anonymizer and filter- bypass tools (proxies, VPN). According to the bill to amend the information law, filed on 21 September, internet users who continue to use these methods would face penalties ranging from blocking of their internet access to heavy fines.

Kevin Rothrock schildert bei Global Voices das Verfahren:

The law would create a registry (or “blacklist”) of any online materials containing illegal information relevant to children (specifically child pornography, drug paraphernalia, and instructions about self-harm). Once a website appeared on the list, the site’s hosting-provider would have 24 hours to notify the site-owner, who must then delete the offending data. If the owner fails to act, the hosting-provider is required to shut down or delete the site itself. In the event that the hosting-provider fails or refuses to act, it joins the registry and then web-providers must cut off access to that entire hosting-provider. Anyone included on the blacklist then has three months to appeal the decision in court.

Auf der Webseite zapret-info.gov.ru können User nachgucken, ob eine bestimmte Domain, IP oder URL auf der Sperrliste ist. Eine komplette Sperrliste soll es eigentlich nicht geben, jedoch dürfte das Crawlen nicht zu lange dauern.

Das Gesetz geht jedoch nicht nur auf Putins Partei Einiges Russland zurück, auch Oppositions-Politiker der Partei Gerechtes Russland sind dafür. Deren Duma-Abgeordnete Elena Mizulina sagte:

Niemand außer Pädophile und Drogenbosse hat irgendetwas vor diesem Gesetz zu befürchten.

Das war im Juli. Mit Inkrafttreten des Gesetzes Anfang November zeigte sich das ganze Ausmaß der Zensur und Überwachung.

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37 Ergänzungen

  1. Was ich noch nicht ganz verstanden habe, ist, ob das Umgehen der gesperrten Seiten mit diesen Tools nun verboten ist, was schon ein starkes Stück, aber auch konsequent wäre, oder ob nun sogar der generelle Einsatz der genannten Tools strafbar ist, selbst wenn man damit keine Sperren umgeht.

    1. Hallo Tobias,
      du gehst, in meinen Augen, davon aus, dass es sich bei der aktuellen Regierungsverwaltung Russlands, explizit nicht um eine handelt, die willkürlich agiert. Ergo also um eine Regierungsvertretung, die rechtsstaatlich und bürokratisch handelt. Dabei übergehst du den Fakt, dass viele der unter der, durch Putin symbolhaft vertretenen, Regierung Russlands verabschiedeten Gesetze sehr offensichtlich totalitäre Unterdrückungsinstrumente darstellen, und zudem der willkürlichen Auslegung Tür und Tor öffnen. Kein Alleinstellungsfall euroasiatischer Gesetzgebung.

      Rechtsstaatlichkeit allein ist kein Fakt, der die Freiheit der Menschen in einer Gesellschaft garantiert, oder ihnen auch nur Gleichheit zusichert. Rechtsstaatlichkeit ist auch kein Mittel der Willkür verhindern könnte.
      Recht lässt sich ebenso willkürlich nach Machtinteressen schaffen.

      Zu deiner Frage. Selbst wenn das Gesetz nicht explizit den Besitz der erwähnten Software verböte, selbst wenn (was nicht der Fall ist) das betreffende Gesetz den Einsatz von „Verschleierungssoftware“ für den Aufruf von nicht „gesperrten“ Quellen nicht verböte, so böte dennoch der Laut des Gesetzes ausreichend Möglichkeiten um „verschleierten“ Zugang zu Quellen so weit unter Strafe zu stellen, als dass nicht feststellbar wäre, welche Quellen aufgerufen wurden. Somit also, da man nichts zu verstecken hat, wenn man nichts zu verbergen hätte, die Schuldsvermutung gelten muss.

  2. „Gerechtes Russland“ als Oppositions-Partei (in unserem Verständnis) zu bezeichnen, ist etwas gewagt. Diese Partei besitzt starke Verbindungen zum Kreml, sowohl historisch, als auch aktuell. Ihre Rolle ist es, den Anschein der gelenkten Demokratie zu wahren, und eine Oppositionsrolle zu übernehmen, ohne aber Entscheidungen „von ganz oben“ grundsätzlich in Frage zustellen – insofern ist ihre Zustimmung zu dem Gesetz auch nicht weiter verwunderlich.

  3. „Niemand außer Pädophile und Drogenbosse hat irgendetwas vor diesem Gesetz zu befürchten. “

    Es hatte auch niemand vor, eine Mauer zu errichten.

  4. Glaubt ihr das wird bei „CleanIT“ von der EU anders?
    Ohne Verbot von Anonymisierungsdienste, Proxy-Server und VPNs hätten solche Maßnahmen kaum Sinn, egal ob bei Politschen- oder Urheberechtssperren (Zensur) .
    Schauen wir mal ob sie in England auch Verboten werden?

    1. Ja, denn bei allen demokratischen Definiziten der EU kann man das immer noch nicht mit Rußland vergleichen.

      Ich finde solche postings echt furchtbar. Es hilft uns und dem Kampf für Bürgerrechte nämlich überhaupt nicht wenn man die EU öffentlich mit totalitären Staaten gleichsetzt.

    2. Wo ist der Unterschied ?
      Im Gegenteil der ständige Verweiß auf die noch viel böseren totalitären Staaten hilft eher der EU hier die Bürgerrechte auszuhebeln, wir wollen ja unsere „Demokratie Schützen“.
      Es ist völlig egal , denn die Auswikungen solch Gesetze sind überall gleich , daher sollten sich Netzpolitiker gerade nicht darüber auseinander Dividieren lassen. Es sollte um die Netzpolitik gehen und diese ist Global dort sind Sperren in Russland oder China nicht viel anderes zu Berachten als in der EU oder USA.

    3. wird es mit Sicherheit. Die EU kann die Nutzung von VPNs und Proxys nicht verbieten, da ich z.B. dann gar nicht mehr arbeiten kann, da ich mich z.B. mit nem VPN in unser Firmennetzwerk einlogge. Und bei uns in der Firma werden Proxys für den Internetzugang genutzt.

      Würden die Behörden also die Nutzung von VPN-Verbindungen verbieten, wäre ungefähr die hälfte aller ITler Arbeitsunfähig, die von zu Hause aus arbeiten.

      1. Glaubst du echt die EU Kommissare interessiert es ob du noch Arbeiten kannst oder nicht ?

        1.) Sind das Internetausdrucker, die wissen also gar nicht was sie tun. 2.) Was interessieren die sich für das Volk ? ESM und co werden ja auch diktatorisch durchgeprügelt ohne das man die Bevölkerung gefragt hätte. Ein arbeitsloser Informatiker mehr oder weniger ist denen doch piepegal solange sie ihre lebenslangen Politiker bezüge kassieren können.

      2. Werden sie auch nicht es geht ja nicht um die Geschäftlichen VPN Tunnel , sondern um die Privaten und Anonymen.
        Desweiteren natürlich TOR und ausländische Proxyserver.
        All diese Dienste sind nicht nur Russland ein Dorn im Auge , sondern längst auch der EU.
        Was denkt ihr warum gerade diese Maßnahmen auf so wenig Kritik und Aufmerksamkeit in der Presse oder Regierung stoßen , wo doch sonnst kein Anlass für Russland Kritik ausgelassen wird?

  5. Gibt es eine Quelle? Bei der englischsprachigen Website der Reporter ohne Grenzen finde ich nichts.
    In der Wikipedia (US) steht allerdings, dass die Verbote bereits seit Juli von der Duma enthalten sind.
    Ente or not?

    1. Du meinst aber bestimmt eine andere Wikipedia, als die, bei der Anonymisierung gar nicht erwünscht ist, oder?

      https://meta.wikimedia.org/wiki/NOP

      Oder deren Artikel immer nur eine Momentaufnahme sind und wenn man gerade mal Pech hat, man falsche Infos bekommt?

      Oder geloopte Infos? (Hör Dir die Höhlenforscher Folge von CRE an, dann weißte, was ich meine…)

  6. Dürfen Firmen denn dann auch keine VPN Tunnel mehr benutzen um ihre Filialen untereinander zu vernetzen?
    Oder muss man einen Antrag stellen um einen definierten VPN Tunnel aufbauen zu dürfen?

  7. Nur als Hinweis und nichts als Hinweis:

    Russland hatte diese Schritte seit Längerem bekannt gemacht, auch via RiaNovosti und Stimme Russlands.

    Die sogenannte russische Opposition an Navalny festzumachen, ist gelinde gesagt, albern.

    In den hier verlinkten Artikeln wird oder wurde darauf hingewiesen, welche Seiten gesperrt wurden. Da war auch die Rede von tatsächlich extremistischen Seiten.

    In Anbetracht der Tatsache, dass in Russland circa 25 Millionen Muslime leben und schon diverse oppositionelle CIA-Gruppen ihre Aktionen via Netz geplant haben und auch ausführten, finde ich den Schritt der Einführung von Überwachungsmechanismen völlig gerechtfertigt.

    Woher kam das Video, das Muslime denunziert? Auf welcher Plattform ist es gelaufen?

    Hat sich eigentlich irgendjemand man mit der Sicherheitslage in Russland beschäftigt? Hat sich irgendjemand vergegenwärtigt, dass es kulturelle Unterschiede zu Westeuropa geben könnte?

    Kann sich jemand noch an die Koranverbrennung in den USA erinnern, die mindestens 100 Tote zur Folge hatte?

    Die gesamte Reihe der Artikel um Internetzensur in Russland wird geostrategisch nicht im Geringsten beleuchtet. Das Internet wird als Waffe genutzt und diese „Zensurmaßnahmen sind die Abwehrmechanismen oder könnten es zumindest sein. Aber darauf wird nicht im Geringsten eingegangen. Und ohne die Beleuchtung des politischen Hintergrundes, machen diese Artikel auf mich den Eindruck, als entstammen sie der NATO-Presse.

    Zeitgleich zu den Gegenmaßnahmen im Netz kamen die Gesetze zur Regulierung der sogenannten NGOs in Russland. Das wurde hier auch nicht erwähnt.

    So kann man nicht arbeiten.

    Und auf diese Art und Weise verliert netzpolitik.org für mich an Glaubwürdigkeit.

    Letzten Endes war es der Westen, der genau eben jene Schritte zu verantworten hat.

    Finger weg von Russland!

    1. Russland muss abgeschafft werden ! Wieder aufgespalten in die ursprünglichen Volksgruppen. Eine jede von ihnen einen eigenen Staat dann gibt es auch keine solchen Spannungen mehr. Nieder mit dem Imperialismus egal ob Russisch oder Amerikanisch !

    2. Die gesamte Reihe der Artikel um Internetzensur in Russland wird geostrategisch nicht im Geringsten beleuchtet.

      Ich muss auch nicht drüber diskutieren, ob das Recht seine Frau zu prügeln oder Kinder genital zu verstümmeln eine gute Idee ist, weil das irgendwo schon immer so war.

      1. Was denn das für ein Vergleich?

        Sie können einem Land Zensur vorwerfen, ohne zumindest ein paar Punkte zur Sicherheitspolitik zu beleuchten. Und dann kommen sie mit ihrer Frau und den Kindern – Totschlagargument.

        Ich erinnere an diverse Terroranschläge in Russland.

        Die Leute in Westeuropa haben schlicht keine Ahnung, wovon sie schreiben. Vielleicht sind sie ja mal Sheremetjevo Tranist gewesen, vielleicht haben sie mal die BAM-Fahrt gemacht…

        Aber hey, Die Bösen, die zensieren das Nääätz…

      2. Ich erinnere an diverse Terroranschläge in Russland.

        Klar, und mit der Abschaffung der Meinungs- und Informationsfreiheit gibt es auch keinen Terror mehr. Is klar …

  8. Vielleicht geht da dem einen oder anderen derjenigen, die routinemäßig erklären, Zensurmaßnahmen seien ja nicht so schlimm, denn sie könnten doch auf der technischen Ebene umgangen werden, allmählich ein Lichtlein auf.

  9. Schlimm.
    Interessant wird es wie große russische und ausländische Firmen behandelt werden. Deren Mitarbeiter werden sich sicherlich zu einem großen Teil per VPN mit dem Firmennetzwerk verbinden.

      1. Kennst du Russland oder beziehst du die Weißheiten der Volksgruppen , welche schon heut großteils nicht mehr zu Russland gehören oder “ russischen Diktatoren“ aus einen etwas antiquierter Nazi oder Kalter Kriegs Propaganda?
        Das es den Bügern in eigenständigen Staaten der ehemaligen UdSSR nun besser geht in den Menschenrechten waage ich zu Bezweifeln , aber solange sie mit der Nato zusammenarbeiten kommt da wenig Kritik.

  10. ich frage mich ob die Macher von netzpolitik.org jemals was von investigativer Recherche gehört haben. Erstens ist diese Sache mit Proxys nur ein Vorschlag gewesen, und zweitens, von einer jämmerlich kleinen Anzahl der Verrückten, die Mehrheit der Diputaten will das nicht. Den eins ist klar, um die Durchführung und Effektivität einer solchen Maßnahme sicherzustellen, muss man Stalinistische Methoden anwenden, zu so etwas ungeheuerlichem lässt sich niemand reisen.

  11. Sorry, ich glaub kein Wort. Klar, steht da wahrscheinlich irgendwo im Gesetz, das die Umgehung von „Schutzmassnahmen“ ebenfalls strafbar ist. Allerdings hat das mit Sicherheit keine Auswirkungen auf die Praxis.
    Das würde ja quasi einem Klartext-Zwang gleichkommen, wenn SSH, HTTPS und Co. verboten werden. Da können die ihr Internet dann dicht machen.

  12. Und seit Ihr der Meinung, das Ihr Euch in der „Freien Welt“ unbeobachtet und unzensiert durchs Netz bewegt ?

    1. was hierzulande völlig überbezahlte (nach B-Tarif) Versager-Schnüffeldienst-Beamte heimlich und gesetzwidrig machen (wer schert sich auch drum), wird in Russland halt in ein Gesetz gegossen. Das ist der einzige Unterschied…….

  13. Ich bin mal wieder beeindruckt, was hier fuer populistische Meinungen vertreten werden, Hut ab!

    Aber zur Sache: So wie ich Russland kennengelernt habe, wuerde zB ein VPN/Proxy-Verbot nicht dazu fuehren, dass es flaechendeckend durchgesetzt wuerde (was ja, wie andere schon sagen, wirschaftspolitisch grosser Quatsch waere, das ist denen ja auch selber klar). In der Regel wird sich da kein Mensch drum scheren. Nur bietet das halt eine weitere Handhabe zu Willkuermassnahmen. Wenn man jemandem ans Leder will, hat man nun die Moeglichkeit, ihm mal vorzuwerfen, dass er ja auch einen Proxy/VPN benutzt hat und dann hat er erstmal Schwierigkeiten, sich zu rechtfertigen.

    Das ist vergleichbar damit, dass man es als Tourist in Russland erleben kann, dass einen ein uniformierter (von denen es viele verschiedene im Strassenbild gibt) anspricht und Ausweis und Meldepapiere verlangt. Was dann folgen kann, ist die Behauptung, dass damit irgendwas nicht stimme und man jetzt zwei Moeglichkeiten haette: Entweder akzeptiert man die Strafe in Hoehe von etwa 5Euro sofort und bezahlt in bar oder man kommt mal zur Klaerung mit auf die Wache, was mehrere Stunden dauern kann, an deren Ende sich selbstredend die Vorwuerfe in Luft aufloesen. Dann faellt man natuerlich die Entscheidung danach, wieviel einem seine Zeit im Urlaub so wert ist…

  14. „Aber zur Sache: So wie ich Russland kennengelernt habe, wuerde zB ein VPN/Proxy-Verbot nicht dazu fuehren, dass es flaechendeckend durchgesetzt wuerde…..“

    Das ist kein Problem, die Provider können es (automatisch) Erkennen auch dank Technik aus Deutschland oder der EU und zb. Anschlüsse sperren oder Abmahnungen schreiben.

  15. was hierzulande völlig überbezahlte (nach B-Tarif) Versager-Schnüffeldienst-Beamte heimlich und gesetzwidrig machen (wer schert sich auch drum), wird in Russland halt in ein Gesetz gegossen. Das ist der einzige Unterschied…….

  16. „machen diese Artikel auf mich den Eindruck, als entstammen sie der NATO-Presse“ Und auf mich macht der Kommentar den Eindruck, als entstamme er einem paranoiden KGB-Agenten, der noch in Kategorien des kalten Krieges denkt.
    „Die Leute in Westeuropa haben schlicht keine Ahnung, wovon sie schreiben.“ Die Politiker in Russland haben keine Ahnung, was die Begriffe Pressefreiheit, Menschenrechte und Demokratie bedeuten. Mit Putin ist Russland auf dem besten Weg zu einer totalitären Diktatur.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.