Copyright-Verstöße: Google löscht alle zwei Sekunden ein Suchergebnis

Google löscht jeden Monat über eine Milliarde Million Ergebnisse aus ihrer Suche. Das berichtet der Konzern in einem Transparenz-Bericht, der täglich aktualisiert werden soll. Bei 96 Prozent Marktanteil in Deuschland sind diese Inhalte also für viele aus dem Internet verschwunden, wegen einem amerikanischen Gesetz.

Fred von Lohmann, lange Zeit Urheberrechts-Anwalt bei der EFF und seit zwei Jahren bei Google, stellte die neue Initiative gestern auf dem Firmenblog vor. Einerseits will Google so bei der Zivilgesellschaft punkten, das man alles schön transparent macht. Andererseits will man der öffentlichen Debatte eine solide Zahlenbasis liefern, was ja auch nicht selbstverständlich ist. Was er nicht sagt: Google will so auch Vorwürfe entkräften, dass man nicht genug gegen Urheberrechtsverletzungen tue.

Tatsächlich löscht Google massenhaft Web-Inhalte aus seiner Suchmaschine, was bei . Allein im letzten Monat sollte Google 1.255.402 URLs auf 24.373 Domains aus der Suche entfernen. Das forderten 1.314 Copyright-Inhaber und 1.099 von ihnen Beauftragte. Fast die Hälfte der Inhalte kommt von Microsoft. Mehr als ein Drittel der Anfragen stellt eine einzige Firma in Microsofts Auftrag. Aber auch das Medienunternehmen NBCUniversal und die britische Musikindustrie sind vorn dabei.

Die Anzahl der Löschanfragen steigt kontinuierlich an, hier pro Woche:


Fast allen Anfragen kommt Google auch nach, 97 Prozent. Mittlerweile geschieht das innerhalb von 10 Stunden. Es gibt aber auch Beispiele von ungerechtfertigten Anfragen:

Eine Firma in den USA forderte die Entfernung von Suchergebnissen, die auf den Blog-Post eines Mitarbeiters verlinken, in denen er über ungerechte und unfaire Behandlung spricht.
Mehrere Personen in den USA forderten die Entfernung von Suchergebnissen, die auf Blog-Posts und Web-Foren verlinken, auf denen ihr Name mit bestimmten Behauptungen, Orten, Daten oder negativen Kommentaren verbunden wird.
Eine großes US-Filmstudio forderte die Entfernung der IMDb-Seite für einen vom Studio veröffentlichten Film, sowie den offiziellen Trailer auf einem großen, autorisierten Online-Medien-Service.

Wie man legitime von illegitimen Anfragen unterscheidet, ob die Sachbearbeiter eine juristische Ausbildung haben und wie viel Zeit pro Anfrage aufgewendet wird: all das steht leider nicht in dem Blog-Post. Es steht zu befürchten, dass hier noch weniger Sorgfalt herrscht als bei einem Richtervorbehalt.

Ein weiteres Problem ist, dass Google so amerikanisches Recht in die ganze Welt exportiert. Die Anfragen müssen nach dem Digital Millennium Copyright Act (DMCA) gestellt werden, ein amerikanisches Gesetz. Entfernte Inhalte sind jedoch auf der ganzen Welt nicht mehr sichtbar, wie ein Sprecher gegenüber netzpolitik.org bestätigte. Aber was in den USA illegal ist, muss es in China noch lange nicht sein. Anders herum hat Google China dort verbotene Inhalte „nur“ in China zensiert, nicht in den USA. Wie Google mit diesen grenzüberschreiten Fällen (Hält sich Google auch an russisches Copyright? Exportiert Google amerikanisches Copyright nach Russland?) umgehen will, konnte man uns bis zum Erscheinen dieses Artikels leider nicht beantworten.

Sowohl die PM als auch die FAQ sprechen immer nur davon, dass Google „Links zu rechtsverletzenden Inhalten“ entfernt. Die beiden größten Seiten, die fast die Hälfte der von Google gesperrten Inhalte ausmachen, sind filestube.com und torrentz.eu. Beide Seiten hosten selbst keine eigenen Inhalte, sondern sind genau wie Google auch nur Suchmaschinen, die wahlweise Sharehoster oder Torrent-Indexer durchsuchen. Torrentz bezeichnet sich sogar als „Meta-Suchmaschine“, die andere Suchmaschinen durchsucht. Heisst das, netzpolitik.org kann mit diesem Link auch abgemahnt werden?

Naja, hoffentlich hört das Gerede vom „rechtsfreien Raum“ damit jetzt wenigstens auf.

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15 Ergänzungen

  1. Kaum haben wir’s verbloggt, kommen noch Antworten von Google:

    Zum Unterschied, den Content zu hosten oder darauf zu linken:

    The DMCA provides what is called a ’safe harbour‘, essentially freedom from liability, for intermediaries who act expeditiously to remove infringing material.

    Ob ein russischer Copyright-Inhaber auch Sachen in den USA entfernen lassen kann:

    While Google uses DMCA takedown procedures, this keeps us in compliance with local copyright law in many countries globally. For example, in Europe, intermediary liability is governed by the e-commerce directive, which, similar to the DMCA, provides freedom from liability for intermediaries who act expeditiously to remove infringing content once notified by a right owner.

    Wie man Overblocking weltweit verhindern will:

    These takedowns apply only to copyright, not to other types of takedowns that are affected by differing jurisdictions and court decisions such as defamation and libel. Copyright is simpler to process in this way because copyrights are typically held by a single person or entity globally.

  2. Ich finde es Schlimm wie hier Google für etwas verbal Verantwortlich gemacht wird für das sie absolut nichts können!
    Google „Löscht“ gar nichts , sondern entfernt nur nach auch für ihnen geltenden Recht Suchergebnisse aus ihren Index.
    Die jeweiligen Webseiten sind deshalb immernoch Erreichbar und Vorhanen, zum „Löschen“ müsste man sie von ihren Server entfernen.
    Schuld ist dafür zudem nicht Google sondern die jewiligen Regierungen welche diese Gesetze Beschließen, zudem muss MS mit Bing sie genauso Entfernen wird aber nirgens Erwähnt.
    Richtig müsste die Meldung lauten:
    „Die US Regierung lässt per DMCA alle zwei Sekunden ein Suchergebnis entfernen“
    Da sich sowas wohl keine Presse hierzulande traut , einen Obama zu diskretitieren vor der Wahl, wird einfach Google als der Überbringer dafür „Gelüncht“.

    1. @Mika B: Mag sein, dass Du andere Infos hast als wir, aber Deine Interpretation „Die US-Regierung lässt…“ klingt ja nicht wirklich wie die bessere Alternative zu unserer Überschrift.

      1. Doch weil Google nicht von sich aus diese Webseiten aus dem Index entfernt, sonden lediglich auf Anweisung und dann sollte schon der wahre Verursacher benannt werden.
        Es wird dadurch natürlich nicht Besser aber ein Stück Ehrlicher…..

    2. Das verstehe ich auch nicht. Google publiziert doch nicht. Google findet. Google findet das, was andere ins Internet gestelt haben. Warum freut man sich nicht darüber, daß Google etwas gefunden hat und wendet sich dann an derjenigen, der es veröffentlicht hat?
      Es ist mir auch bei der Diskussion ums Leistungsschutzrecht ein Rätsel, warum Google dafür bezahlen soll, daß es Presseberichte verlinkt. Warum freuen sich die Verlage nicht darüber, daß Ihre Artikel, ihre Seiten gefunden werden? Warum bezahlen die nicht dafür???

  3. Wird Zeit, das endlich jeder seinen eigenen Suchmaschinen-Index auf der Festplatte hat…wenn Yacy ein Browser-Plugin wäre, dann müsste sich Google warm anziehen.

    1. Für den Firefox wird eine Yacy-Leiste angeboten, außerdem müsste man Yacy (wahlweise den eigenen Node oder die öffentliche Seite) auch nur als Suchanbieter im Browser einstellen…wenn Firefox, Opera und die ganzen kleinen Browser Yacy als Standard hätten könnte es ganz schön Marktanteile entwickeln. Leider ist das unrealistisch da der IE Bing, der Chrome Google und Firefox durch Google’s massive Spenden ebenfalls Google promotet. Schade drum.

  4. „Bei 96 Prozent Marktanteil in Deuschland sind diese Inhalte also für viele aus dem Internet verschwunden, wegen einem amerikanischen Gesetz.“

    Ich finde es trozdem Lächerlich , was dort immer um Google zusammenkostruiert wird , nicht das ich Google besonders mag , nur ist wohl nichts Einfacher als eine andere vielleicht nicht US ( Amerika ist zudem nicht gleich der USA) Suchmaschiene im Internet zu Verwenden.
    Es ist durchaus Vergleichbar mit der Auswahl eines Jourgurts aus dem Supermarktregal , wir bestrafen dort ja wohl auch nicht die Marktführer weil sie den größten Bekanntheitsgrad haben oder?
    Vielleicht sollten wir deshalb nicht die Firmen sondern die Nutzer für ihre Dummheit und Bequemlichkeit Anprangern?

  5. Mit einem Marktanteil von 96% und der Tatsache ,dass der Standart-Nützer nichts kennt was Google nicht anzeigt, kann man hier von Zensur in privater Hand sprechen! Zensur in bis jetzt größtem Aussmaß ,dass es je gegeben hatte – hiergegen ist die Bücherverbrennung nichts! Es wird dem Standart-Internetnützer vorgegaukelt ,die Seite exestiere nicht und falls man weiß ,dass es sie gibt so wird ihm vorgegaukelt die Seite sei illegal! Des weiteren wird in der Anleitung von Google , wie man beantragen soll ,dass seine Seite keinen Illegale Inhalte beinhaltet, vom Nützer verlangt einen ENGLISCHEN Textabschnitt zu kopieren und zu unterzeichnen! Da viele Deutsche auch kein Englisch können , wird hier verlangt etwas zu unterzeichnen ,dass man nicht versteht! desweiteren exestiert dort KEINE Übersetzung des Textes! Schweinerei von Google ! ERHEBT EUCH FÜR DIE ABSCHAFFUNG DER COPYRIGHTS! FREIE KUNST! FREIER MENSCH! FREIE WELT!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.