Die besten Bücher aus 2011

In diesem Jahr sind eine Menge interessante Bücher erschienen und noch mehr Schrott. Erfreulich ist, dass die Anzahl lesenswerter deutschsprachiger Bücher im Vergleich zu den Vorjahren erheblich gestiegen ist, auch wenn die Anzahl kulturpessimistische Untergangsszenarien in Buch-Form noch immer deutlich höher liegt. Der Grund soll wohl u.a. daran liegen, dass deutsche Verlage der Meinung sind, dass sich Internetfreundliche Bücher nicht so gut verkaufen wie alles, was eher die Gefahren in den Vordergrund stellt. Möglich, dass sich diese Einsicht in diesem Jahr geändert hat.

Die Liste ist rein subjektiv und sicher hab ich eine Menge Bücher vergessen, die ich wahlweise noch nicht gelesen oder schlichtweg nichts von ihrer Existenz erfahren habe. Auch habe ich mich auf thematisch passende Bücher konzentriert, sonst wäre die Liste deutlich länger geworden. Ich nehme aber gerne Hinweise in den Kommentaren an.

Apropos: Wer mich in meinen Bücher-Rezensionen unterstützen will oder mir einfach nur eine Freude machen will, findet hier eine Wunschliste voller Bücher.

Und hier ist nun die Liste der lesenswerten Bücher aus 2011:

„Mashup: Lob der Kopie“ (Partnerlink) ist ein Buch von Dirk von Gehlen, das im Suhrkamp-Verlag erschienen ist. Dirk von Gehlen ist Redaktionsleiter von Jetzt.de und schreibt seit einigen Jahren über Urheberrecht und digitale Kultur, oftmals auch direkt für die Süddeutsche Zeitung. Das Buch Mashup ist ein lesenswertes Plädoyer für den Erhalt und Ausbau einer Remix-Kultur in Zeiten einer zunehmenden Urheberrechtsverschärfung, in der diese kulturelle Praxis kriminalisiert und technologisch erschwert wird. In zahlreichen Beispielen wird Kopieren in einen kulturellen Hintergrund eingeordnet und die gesellschaftlichen Vorteile hervorgehoben. Lesenswert ist vor allem die riesige Sammlung an Zitaten und Fundstücken rund um Mashups, Kopieren und die kulturelle Praxis dahinter. Mashup kostet immer noch 15,00 Euro. Kein Scherz, dafür ein schlechter Witz ist der Preis für die Kindle-Variante: 14,99 Euro.

„Nerd Attack!: Eine Geschichte der digitalen Welt vom C64 bis zu Twitter und Facebook“
(Partnerlink) von Christian Stöcker beschreibt die Entstehung der digitalen Welt anhand zahlreicher Protagonisten und den nicht ungewöhnlichen Werdegang von Stöcker selbst im Deutschland der 80er, 90er und 00er Jahre vom C64 bis zur eMail an der Uni. Das Buch ist gut zu lesen und interessant dazu. Nerd Attack! ist noch für 14,99 Euro im Buchhandel zu erhalten, soll aber demnächst auch von der Bundeszentrale für politische Bildung für 4,50 Euro verkauft werden.

„Die Datenfresser: Wie Internetfirmen und Staat sich unsere persönlichen Daten einverleiben und wie wir die Kontrolle darüber zurückerlangen“ (Partnerlink) von Constanze Kurz und Frank Rieger handelt vom Datenschutz, wie die Privatsphäre durch die zunehmende Digitalisierung in Gefahr gerät und was man dagegen machen könnte. Das Buch kostet immer noch 16,95 Euro im Buchhandel, aber für 4,50 Euro ist die Bundeszentrale für politische Bildung billiger dabei. Der Netzpolitik-Podcast Folge 109 ist ein längeres Interview mit Constanze Kurz und Frank Rieger zu den Inhalten des Buches.

„The Net Delusion: How Not to Liberate The World“ (Partnerlink) von Evgeny Morozov beschreibt die dunklen Seiten des Netzes, wenn z.B. repressive Regime anfangen, Überwachungs- und KOntrolltechnologien einzusetzen, um Meinungs- und Informationsfreiheit ihrer Bürger zu behindern. Der Netzpolitik-Podcast Folge 083 mit Evgeny Morozov ist jetzt schon über 1,5 Jahre alt, behandelt aber die Inhalte des Buches, was Evgeny damals am schreiben war. Er tritt kommende Woche als Keynote-Speaker auf der 28. Chaos Communication Congress auf und redet über Überwachung und Kontrolle im Netz. (Ausnahmsweise war die re:publica mal schneller wo er 2010 eine Keynote gehalten hat.) „The Net Delusion“ kostet 13,95 Euro im Handel.

Tim Wu ist einer der Vordenker der Netzneutralitätsdebatte und hat dieses Jahr mit „The Master Switch: The Rise and Fall of Information Empires“ endlich ein ausführliches Hintergrundbuch vorgelegt. Wu behandelt in dem Buch u.a. den Aufstieg von Medienimperien bei Zeitungen, Radio und Fernsehen und vergleicht das mit den Marktbedingungen im Netz, wo es auch immer mehr Konzentration gibt. The Master Switch ist zwar sehr US-zentriert, aber trotzdem spannend zu lesen, nicht nur wegen dem großen historischen Überblick über die neuere Mediengeschichte. Das Buch ist mittlerweile auch als Taschenbuch erschienen und kostet 11,95 Euro. Und hier redet Wu über den Inhalt des Buches. (Mein Fehler: Master Switch ist Ende 2010 erschienen)

„DARKNET“ (Englische Version „Freedom“) von Daniel Suarez ist der Nachfolge-Roman zu „„DAEMON: Die Welt ist nur ein Spiel“ und baut auf diesem auf. Im Vergleich zu Daemon ist Darknet noch etwas politischer und zusammen ergeben die beiden Bücher eine der spannendsten und kreativsten Digital-Geschichten der letzten Jahre.

Barefoot Into Cyberspace: Adventures in Search of Techno-Utopia“ (Partnerlink) von der Britin Becky Hogge beschreibt im Reportagestil ihre Begegnungen mit Netzaktiviten wie Rop Gonggrijp, Cory Doctorow und Julian Assange auf CCC-KOngressen oder woanders und erzählt darüber noch etwas die Computer- und Internet-Geschichte mit einem Schwerpunkt auf digitaler Kultur und Parrallelen zu anderen Gegenkulturen. Vom Stil her etwas vergleichbar mit Nerd Attack, nur internationaler ausgerichtet und auch politischer. Das Buch kostet 9,80 Euro, ist aber auch in verschiedenen Formaten unter einer CC-Lizenz im Netz zu finden.

Heile Welten: Rechter Alltag in Deutschland (Partnerlink) ist ein immer noch aktuelles Buch von Astrid Geisler und Christoph Schultheis (Bildblog-Mitgründer) über den rechten Rand in unserer Gesellschaft. Dabei beschreiben sie nicht nur das Auftreten und in die Gesellschaft integriert sein von NPD-Funktionären, sondern berichten auch ausführlich über das national-rechte-islamkritische Milieu mit Hassseiten wie Politically Incorrect. Das Buch kostet 15,90 Euro. Ich fand es sehr interessant und auch etwas erschreckend. Nicht nur in diesem Jahr nach Oslo und Nazi-Terroristen ein wichtiges Thema und die Rolle des Netzes kommt in dem Buch nicht zu kurz.

Vor vier Jahren erschien das Buch „Freie Netze. Freies Wissen“ als Diskussionsvorschlag einer Gruppe von jungen Menschen, wie man in Linz (Österreich) Netzpolitik auf kommunaler Ebene machen könnte. Aus dem Buch und der Diskussion drum herum ist dann tatsächlich das Ziel der Kommune Linz geworden, eine Open-Commons-Region zu werden. Dieses Jahr ist mit „Freiheit vor Ort. Handbuch kommunale Netzpolitik“ der Nachfolger bei Open-Source-Press erschienen, Herausgeber sind Leonhard Dobusch, Christian Forsterleitner und Manuela Hiesmair. Wer Kommunalpolitik macht und sich für Netzpolitik interessiert, sollte dieses Buch lesen. Das gibts für 24,90 Euro zu kaufen und auch als eBook (PDF) unter der CC-BY-SA-Lizenz erschienen. Die einzelnen thematischen Kapitel mit Überschriften wie „Öffentlicher Raum im Netz: Blogs, Wikis & Co“ oder „Lasst die Daten frei! Open Government als kommunale Herausforderung und Chance“ finden sich ebenfalls als PDF auf der Webseite. Das Buch kann man auch mal kaufen und den lokalen Kommunalpolitikern zum Geburtstag schenken.

Rund um „Wikileaks“ gab es eine Vielzahl an Erscheinungen in diesem Jahr. Ich hab einige davon gelesen und mit am Besten hat mir „Staatsfeind WikiLeaks: Wie eine Gruppe von Netzaktivisten die mächtigsten Nationen der Welt herausfordert“ (Partnerlink) von den beiden Spiegel-Redakteure Marcel Rosenbach und Holger Stark gefallen. Auf 320 Seiten beschreiben sie die Geschichte der Plattform, portraitieren Julian Assange ausführlich und ordnen die Ereignisse und Konsequenzen auch ein bißchen ein. Das ist weitgehend spannend geschrieben und gibt einen guten Überblick mit Stand von vor einem Jahr. Seitdem ist ja auch kaum was Neues passiert. Kostet immer noch 14,90 Euro.

Ausblick:

Ende Januar erscheint endlich „Consent of the Networked: The Worldwide Struggle for Internet Freedom“ von Rebecca MacKinnon, auf das ich sehr gespannt bin. Ein Podcast mit ihr liegt noch auf meiner Festplatte, den veröffentliche ich demnächst mal.

Und im Juni erscheint dann „Die digitale Gesellschaft: Netzpolitik, Bürgerrechte und die Machtfrage“. Das Buch liegt hier fertig auf der Festplatte, aber bei analogen Medien dauert das Erscheinen immer etwas länger.

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15 Ergänzungen

  1. Staatsfeind Wikileaks habe ich ebenfalls gelesen und fand es sehr gut geschrieben. Würde ich auch netzpolitisch jungfräulichen Lesern empfehlen.
    Barefoot into Cyberspace habe ich leider erst zur Hälfte durch. Ist aber auch recht interessant.
    Bei Nerd Attack werde ich wohl auf die billigere Ausgabe warten..

    1. @yetzt: Das hätte ich gerne noch riengepackt, aber mir wurde kein Rezensionsexemplar zugeschickt und vorgestern wars bei Amazon vergriffen. Kann ich gerne nochmal gesondert nachholen, wenn wieder mehr mitlesen.

  2. Masse ohne Klasse. Das gilt für fast alle Medien und Produkte im Netz. Auch für alle sozialen Netzwerke.

  3. Eine sehr gute Liste jedoch finde ich die Auswahl etwas einseitig, man merkt dass der Autor gewisse Bücher bzw Inhalte bevorzugt ;-)

    Schön wäre es, wenn man eine solche Liste anhand einer Umfrage zusammenstellen könnte, so kommt vielleicht noch der ein oder andere Vorschlag dazu der dem Autor bisher unbekannt war

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.