Abstimmung über Lobbykratie-Medaille und das Urheberrecht

Negativpreise haben Hochkonjunktur. Die österreichischen Big Brother Awards wurden gerade erst verliehen, da startet LobbyControl eine öffentliche Online-Abstimmung zur Vergabe der Lobbykratie-Medaille. Folgende Unternehmen stehen zur Auswahl:

Deutsche Vermögensberatung AG: Nominiert für die Lobbykratie-Medaille, weil sie PR-Texte als seriöses Lehrmaterial vermarktet und so Lobbyarbeit aus den Parlamenten in die Schulen verlagert. Mehr

Gauselmann AG: Nominiert, weil die Spielautomaten-Firma es geschafft hat, über eine Million Euro an Parteien zu überweisen, ohne in den Rechenschaftsberichten die­ser Parteien aufzutauchen. Mehr

Bundesverband Medizintechnologie & Agentur Weber Shandwick: Nominiert, weil sie Patientenvertretungen für eine vermeintliche Graswurzelkampagne instrumentali­siert hat, um erfolgreich die Umsetzung einer Reform der Versorgung mit medizini­schen Hilfsmitteln zu verhindern. Mehr

RWE & Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Nominiert, weil das Energierunternehmen RWE zwei Mitarbeiterstellen in einem Forschungsprojekt der Bundesanstalt finanziert hat, welches Vorschläge für ein verbindliches Regelwerk zum Einsatz der CCS-Technologie in Deutschland erarbeiten sollte. Mehr

Deutsche Bank & Josef Ackermann als Vorsitzender des Institute of International Finance (IIF): nominiert, weil sie über einen privilegierten Zugang die günstigen Konditionen für die Finanzbranche bei der Griechenland-Rettung prägten und sich zugleich nach außen irreführend als hart getrof­fen darstellten. Mehr

Vorbild für die Initiative in Deutschland ist der „Worst EU Lobbying Award“ auf europäischer Ebene. Der Begriff „Lobbykratie“ war übrigens zuletzt vor einem Jahr Thema in diesem Blog anlässlich einer 3sat-Dokumentation mit dem Titel „Lobbykratie – Die inoffizielle Macht“.

Das Video dieser Dokumentation ist jedoch – wie könnte es anders sein – auf YouTube nicht mehr verfügbar. Und zwar auf Grund von „mehreren Benachrichtigungen von Dritten über eine Urheberrechtsverletzung“. Laut YouTube gehört zu den Beschwerdeführern die „Deutsche Vermögensberatung AG“ – also eines der für die Lobbykratie-Medaille nominierten Unternehmen. Wiedermal zeigt sich, dass urheberrechtliche Ansprüche dazu verwendet werden können, den Online-Zugang zu unliebsamer Berichterstattung einzuschränken.

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14 Ergänzungen

  1. Mmmmh… auch wenn ich keineswegs die Linie, die YouTube fährt, gut heißen kann – aber der entsprechende Nutzer hätte einfach bei der ersten Beschwerde Einspruch erheben können.
    Ich betreibe selber einen YouTube channel (Gamingvideos) und bekomme regelmäßig Beschwerden von irgendwelchen koreanischen Trailerklitschen: Einspruch erhoben und gut ist.

  2. @Moritz: YouTube ist da noch vergleichsweise harmlos, da sie nicht direkt einen Account dichtmachen – bei Vimeo läuft das schon anders: One Strik – Account deleted.

  3. Also ich finde erhlich gesagt, dieser Bericht strotzt nur so von Neid. Gut, Geldspielautomaten, da halte ich persönlich auch nicht viel davon. Aber was ist schlimm daran, wenn ein sehr erfolgreiches Unternehmen den Schulen Bildungsmaterial zur Verfügung stellt? Sollten nicht gerade die Erfolgreichen andere daran Teil haben lassen? Oder sollen die lieber egoistisch und einsam in ihrem Geld schwimmen?

    Und ausserdem sollte man sich dieses Lehrmaterial erst einmal ganz genau durchlesen, bevor man es PR-Texte nennt. Jeder Verlag druckt irgendwo im Roman auch seinen Namen und Adresse rein, sind Bücher deshalb PR-Texte? Sorry, aber so eine Sichtweise finde ich einfach nur negativ, destruktiv und vollkommen sinnlos.

    Wer in dieser Wellt etwas verändern will, der sollte mal mit dem Hintern aus seiner Kuschelecke heraus kommen und etwas tun, anstatt nur schlecht über andere herzuziehen. Und dann werdet ihr höchstwahrscheinlich genau das hier erleben, wie die „negativ Denkenden“ über euch herfallen und euch euren Erfolg nicht gönnen. Aber that’s life. Jedem das seine.

      1. Ich sehe da kein Problem. Im Übrigen sind Provisionen die gerechtesten Vergütungen, die es überhaupt gibt, weil so nach Leistung bezahlt wird. Man kann auch die Alternativen negativ sehen. Z.B.: Was nutzt es, wenn man Finanzberater nach Stunden bezahlt, diese einen aber trotzdem falsch beraten, weil sie zu faul sind sich weiter zu bilden und deshalb mit veraltetem Wissen beraten. Fehler werden überall gemacht. Aber deswegen kann man doch nicht alles mögliche verbieten. Wo kommen wir denn da hin?

  4. Über n Proxy gehts halt……man muss nur wissen, wie man sowas umgeht. Im Prinzip ists schon Driss was da passiet, aber nunja….es geht um Geld und wenns ums Geld geht sind unsere lieben Politiker alle schnell bei der Stange, weil sie sich nach ihrer Zeit als Politiker noch ne nette Stelle in der freien Wirtschafts sichern wollen. Also Lobbyarbeit ist quasi doch Bestechung….

    *sigh*

  5. So berechtigt die Nominierten sind, hat die Auswahl bei mir einen fiesen Beigeschmack, merkt man ihr doch wieder an, dass die LobbyControl Mitarbeiter überwiegend den Linken und Grünen und zu kleineren Teilen evtl. noch der SPD nahe stehen. Deswegen fehlen auch wieder die typischen Lobbymonster, wie die Solarindustrie, WWF oder Greenpeace. Kritisiert werden von LobbyControl leider hauptsächlich Lobbyisten, die sich für politische Ziele einsetzen, die nicht dem eigenen Verständnis entsprechen. Lobbyisten für in eigenen Augen sinnvolle politische Ziele, werden wieder mal großzügig ignoriert.

    1. Mach doch einfach einen begründeten Vorschlag. Der Schwerpunkt von LC liegt bei der Kontrolle von neoliberalen-wirtschaftlicher Eliten. Siehe auch Bertelsman und Sabine Christiansen. Das gibt schon eine gewissen Richtung (Anti-CDU-FDP) vor, ist aber nicht so platt wie Du meinst.

    2. Du hast zwar nicht unrecht, allerdings hat sich (meines Wissens nach) LobbyControl nicht auf die Fahne geschrieben Lobbiismus abzuschaffen, sondern transparent zu machen. Und die von dir genannten Organisationen machen es… naja ich will nicht sagen transparent, aber transparenter als die Nominierten.
      Sieh dir die Begründung für die Nominierungen an, es wird im Wesentlichen kritisiert, dass es „hinter den Kulissen“ stattfindet, nicht dass es überhaupt stattfindet.
      Ob oder dass Greenpeace und WWF und Solarindustrie auch versteckte Lobbyarbeit leisten will ich auch nicht bezweifeln, aber die ersten beiden sind ja auch im Wesentlichen Lobbygruppen ^^ eine „Industrie“ selbstredend nicht, aber möglicherweise deren Verband.
      Wenn diese links oder grün gefärbten Organisationen sich ebenfalls hervortun durch heimliches herumgetue (und z.B. massive Parteispenden leisten oder ein Walfänger von Piraten gekapert wird und Greenpeace behauptet sie wären es gewesen), dann erwarte ich von LobbyControl eigentlich auch, dass sie es berichten und anprangern.

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