Leistungsschutzrecht politisch bereits halbtot

Bei einer Diskussionsveranstaltung am 25. Februar auf Einladung des Providerverbandes Eco mit Vertretern von Google, Axel Springer und 1&1 in der Britischen Botschaft in Berlin äußerte sich der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag Siegfried Kauder: ein Leistungsschutzrecht sei offenbar nicht notwendig. Er sehe zwar die Probleme der Verlage im Netz, aber: „Sind wir aufgerufen, da was zu regulieren?“

Die Debatte finde derzeit zurecht zwischen denen statt, denen es im Netz gut geht, und denen, bei denen die Einnahmen nicht ausreichten. „Compliance heisst das neue Wort – und dafür braucht es kein Gesetz.“ Kauder zu Christoph Keese von Axel Springer: „Fühlen Sie sich bitte nicht zu sehr auf der sicheren Seite, nur weil es im Koalitionsvertrag steht.“ Es sei nicht so, dass derjenige schon gewonnen habe, der die besseren Lobbyisten ins Feld führe.

Diese klare Ansage ist ein harter Rückschlag für Springers Bemühungen. Zuständig für das Urheberrecht ist der Rechtsausschuss des Bundestages, dem CDU-Politiker Kauder vorsitzt.

Der am Montag in der ‚Zensursula‘-Anhörung wegen seiner Fragen an Franziska Heine noch scharf kritisierte Kauder sagte zudem, dass er sich dafür einsetze, Politik zu entschleunigen. Denn derzeit sei es so: ‚Wir führen Phantomdiskussionen mit Experten im Bundestag‘, lang nachdem der Entwurf schon auf dem Tisch legen würde. Was kaum zu übersehen ist.

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22 Ergänzungen

  1. In der Tat halbtot ist noch nicht ganztot. Und Compliance bedeutet ja auch nur, dass die Parteien sich einigen müssen, ob das erfolgt ist fragwürdig, denn die Interessen sind eindeutig zu unterschiedlich. Es ist natürlich schade, dass die Pressevertreter keine nachprüfbaren Zahlen geliefert haben, aber es ist offensichtlich, dass die Art und Weise wie onlinejournalismus momentan läuft nicht dauerhaft wirklich große Qualität finanzieren kann (ich meine hiermit nicht ehrenamtlich geführte Spezialdiskurse, das geht schon). Sicherlich kann man da noch etwas mehr Innovationskraft von den Verlagen erwarten, aber ob das langfristig zum Ziel führt weiß ich nicht. Wenn der Umsatz mit Onlinejournalismus in Deutschland tatsächlich nur bei 160 mio liegt, wie von Keese behauptet dann haben wir sicherlich ein Problem. Denn wer möchte schon Qualitätserzeugnisse für lau im Netz missen? Des weiteren will man laut Keese ja auch Blogger etc mit ins Boot holen, und das finde ich garnicht schlecht.
    Auch die Frage nach den gewerblichen Nutzern wurde m.E. einigermaßen überzeugend beantwortet. Das man für snippets Geld haben möchte finde ich relativ lächerlich, denn letztlich sind snippets ja nur Werbung. Aber das der Bezug von Presseprodukten durch institutionelle Abnehmer zurückgegangen ist zugunsten von kostenfreier Nutzung von Internetangeboten kann ich nachvollziehen und auch dass es da eine Lösung geben muss. Ob man die nun per compliance oder gesetzlich findet sei dahin gestellt, aber die Diskussion muss weiter geführt werden, denn letztlich stellen sich für alle Contentindustrien die gleichen Probleme, und ja natürlich musss man darauf achten, dass eine VG-Presse besser und demokratischer legitimierte Verteilungsmechanismen verwendet.

  2. Kann ja eigentlich nur heißen, dass er mehr Geld haben will. :-) Wenn er seine Meinung noch ändern sollte, müssen wir mal einen Blick auf seine Nebeneinkünfte tätigen.

  3. Mein Eindruck gestern war, dass Keese die Leute einseift und sie in Sicherheit wiegt. Je nachdem wen er vor sich hat sagt er beschwichtigend, von Dir wollen wir kein Geld, wir holen es von dem da. Er macht das sehr geschickt. Aber instinktiv haben doch viele seiner Gesprächspartner das Gefühl, sie würden ihm keinen Gebrauchtwagen abkaufen.

  4. seid mal nicht so optimistisch, dem S. Kauder, dem kerl trau ich keinen mm weit.

    der typ ist schon öfters mit seinen irren ansichten aufgefallen.

  5. Kauder sagte auch: „Für Sachkompetenz ist es dann zu spät“ kein gutes Zeugnis für seine Referenten,… ;-P

  6. @Dooorie (#7)

    Warst du vor Ort? Gab es einen Livestream? Gibt es einen Mitschnitt?

    Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) sieht das allerdings ganz anders: „Die digitale Revolution stellt die Presseverleger vor große Herausforderungen. […] Deshalb ist es wichtig, die Leistungen von Presseverlegern wie die anderer Werkmittler angemessen zu schützen.

    Wie man sieht, leidet Neumann offenbar unter Realitätsunverständnis. Ein unter Unionsvertretern sehr weit verbreitetes Leiden, das sich nicht selten bis zur kompletten Realitätsleugnung ausprägt. Dies ist aber äußerst nützlich für Industrielobbyisten, denn Menschen, die darunter leiden, können mit einfachsten Mitteln, sozusagen ruck-zuck, weichgekocht werden. Bei Neumann war sicher nicht viel mehr als ein Händedruck (und dem, was sich in der Hand befand) nötig.

  7. Halbtot…?

    Klingt verdächtig nach noch einem untoten Zombiegesetz, das uns als Wiedergänger heimsucht, obwohl man es schon längst tot glaubte :(…

    Wo ist Van Helsing, wenn man ihn wirklich einmal braucht…? *args*

  8. So sieht es in Herrn Keese Traumwelt aus!!!

    Der Volkswirt brachte hier das Beispiel einer Bank, in der ein Mitarbeiter sich auf den Besuch eines Firmenkunden vorbereite, diesen vorher google und dabei Einträge auf Zeitungsseiten finde. Analog zur Nutzung eines Pressespiegels in Unternehmen sei auch für entsprechende Akte des Ausdruckens, Weiterleitens oder Speicherns auf der Festplatte zu zahlen.

    http://www.heise.de/newsticker/meldung/Schlagabtausch-zwischen-Axel-Springer-und-Google-941187.html

  9. Sowas passiert immer dann, wenn man sich weigert mit der Zeit zu gehen weil man der festen Ansicht ist „zu groß zu sein“ um sich noch selbst verändern zu müssen…

    Dann müßen wieder Gesetze her!

    Warum nicht gleich eine Kultursteuer zum Erhalt veralteter Medien einführen?

  10. „Warum nicht gleich eine Kultursteuer zum Erhalt veralteter Medien einführen?“…das ist es ja worauf man hinaus will – oder „die Blogger sollen doch auch was verdienen“ oder „Kultur-Flatrate“ – alles nur um etablierte Medienstrukturen weiter zu finanzieren die die Propaganda verbreitet resp. regulierter Journalismus – da ziehe ich freie kostenfreie Blogs vor die kostenfreie Verbreitung wahrer Sachverhalte lassen sich aber nicht durch ein Umverteilungssystem beseitigen – dazu möchte ich den Verein der Wahrheitsbewegung vorstellen der regionale Strömungen zusammenführen möchte – die Mitgliedschaft ist kostenlos

  11. Zum Thema auch eine vielsagende Aussage von Robert Schweizer, Vorstand Recht bei Hubert Burda Media (via Carta):

    Ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage ist erforderlich, seitdem die Leistungen der Presseverlage in einem rechtsfreien Raum massenhaft und unkontrolliert kostenlos genutzt werden können. Diese Nutzung nimmt sprunghaft zu.

    Da ist sie wieder, die Mär vom rechtsfreien Raum namens „Internet“. Wenn von Verlegerseite auf diesem Niveau argumentiert wird, trifft das am Ende bei CDU-Politikern noch auf offene Ohren, und das Leistungsschutzrecht war die längste Zeit tot.

  12. Wie hätte es da eigentlich mit Herrn Guttenberg ausgesehen? Hätte der dann noch zusätzlich Abgaben zahlen müssen für seine Zitate? :)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.