Freies WLAN und der Berlin Senat

Die Berliner Freifunk-Community ist eine der aktivsten Free Networks – Communties weltweit. Bisher haben die vielen fleissigen Helfer mehr als 500 Hotspots in Berlin geschaffen, die zusammen den BerlinBackBone bilden. Dabei wird die ganze Arbeit durch zivilgesellschaftliches Engagement getragen. Unterstützung durch die Stadt gibt es keine, obwohl die vielen Initiativen die digitale Spaltung vor Ort verringern helfen.

Seit Jahren machen wir uns Gedanken, wie eine mögliche Förderung des Engagements aussehen kann. Alle benötigten Bauteile werden durch Spenden finanziert und durch Menschen aufgebaut, die das in ihrer Freizeit tun. Oftmals sind es aber kleine Probleme, die dieses Engagement massiv bremsen: Auf welche Gebäude darf eine Antenne gesetzt werden? Wer finanziert den Strom für die Access-Points? Viel Zeit geht bei drauf, dass z.B. mit Pfarrgemeinderäten diskutiert wird, ob man auf einen Kirchturm drauf darf oder sonstige Gebäudebesitzer aufgeklärt werden müssen.

Für die Stadt gibt es diverse Förderungsmöglichkeiten, diese Communities zu unterstützen, die eine Grundversorgung mit WLAN schaffen, wozu die Stadt nicht in der Lage ist. Da wären erstmal monetäre Förderungen, wie den Kauf von Infrastruktur und um Jobs zu schaffen, die die Infrastruktur weiter aufbauen und/oder pflegen. Aber wie alle wissen: Berlin ist pleite.

Kommen wir zu den nicht-monetären Fördermöglichkeiten. Die Stadt Berlin besitzt viele Verwaltungsgebäude über die ganze Stadt verteilt. Diese eignen sich oftmals prima zum aufstellen von Access-Point und/oder Antennen. Wenn die Gebäude Schulen oder andere öffentlich-zugängliche Gebäude sind, hätte man noch den positiven Nebeneffekt, dass es dort über Freifunk WLAN gäbe. Es würde die Stadt nichts kosten, wenn Freifunk-Aktivisten diese bespielen könnten. Die Kosten für die Anschaffung von Hardware könnte weiterhin über Spenden erfolgen und das aufbauen dieser durch das ehrenamtliche Engagement erfolgen.

Auf der letzten FreifunkSummerConvention in Berlin haben wir uns mit dem grünen Abgeordneten Stefan Ziller zusammen gesetzt, um offizielle Anfragen an den Senat zu formulieren. Die Antworten des Senats sind jetzt da. Und lesen sich ziemlich ernüchternd.

1. Auf welchen Standorten von Gebäuden in Verantwortung der Senatsverwaltungen, der BIM, der Bezirke und landeseigener Wohnungsbaugesellschaften befinden sich Access Points o.ä. die dem Berliner Freifunknetz dienen (bitte um konkrete Auflistung)?

Zu 1.: Auf Gebäuden in der Verantwortung der Senatsverwaltungen und der BIM GmbH befinden sich keine Access Points o.ä. Das Ergebnis einer Bezirksumfrage ist der Anlage zu entnehmen.

Ausser einem Standort in Berlin-Mitte gibt es nur in Berlin-Spandau verschiedene Orte, die von der Freifunk-Community genutzt werden dürfen.

2. Welche Probleme sind dabei aufgetreten, und wie wurden diese gelöst ?

Zu 2.: Siehe Anlage zu Frage 1.

Probleme sind dabei keine aufgetreten.

3. Wie bewertet der Senat die Freifunk-Initiativen in Berlin hinsichtlich einer Kommunikationsnetz-Grundversorgung in Berlin ?

Zu 3.: Freifunknetze werden als ergänzende Versorgungsinfrastruktur vom Senat begrüßt.

Dann ist ja alles gut.

4. Was plant der Senat um dieses ehrenamtliche bürgerInnenschaftliche Engagement in Zukunft zu unterstützen ?

Zu 4.: Aufgrund der positiven Rahmenbedingungen besteht zurzeit kein Anlass für den Senat, im Bereich der
Berliner Freifunknetze einzugreifen.

Und genau diese Antwort ist ernüchternd. Niemand spricht von einer Regulierung, aber es wäre eine sinnvolle und kosten-neutrale Möglichkeit der Stadt, durch die Erlaubnis der Nutzung öffentlicher Gebäude diese „ergänzende Versorgungsinfrastruktur“ zu verbessern und positivere Rahmenbedingungen zu schaffen.

5. Wie bewertet der Senat die Chance einer flächendeckenden Wlan-Versorgung hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere für Kreative in Berlin ?

Zu 5 : Der Senat ist davon überzeugt, dass ein solches Angebot Berlinern, Touristen aber auch Unternehmen sowie freiberuflich und kreativ Tätigen eine wichtige zusätzliche flexibel und portabel nutzbare Kommunikationsinfrastruktur bieten kann. Der Senat strebt ein primär privat finanziertes und betriebenes WLAN – Angebot für Berlin an.

In diesem Zusammenhang wird zurzeit geprüft, ob auch öffentliche Standorte, wie z.B. Lichtmasten und öffentliche Gebäude zur Verfügung gestellt werden können, um ein solches Netzwerk aufzubauen.

Genau diese Antwort auf die Frage habe ich nicht anders erwartet. Die Ankündigung eines WLAN-Netzes für Berlin kursiert ja schon lange. Und ich befürchte, dass daraus nichts nachhaltiges entsteht. Die Stadt wird das WLAN-Netz an einen Anbieter ausschrieben, der dann das Monopol bekommt. Es ist auch zu erwarten, dass die kalkulierten Geschäftsmodelle mittelfristig keinen Erfolg haben werden. Viele privatwirtschaftliche Initiativen aus den USA zeigen dies.

Berlin würde bei einer solchen Strategie besser damit fahren, parallel Infrastrukturen zu fördern, wie die Freifunk-Community sie schafft. Aber dazu muss der Wille da sein. Und der ist momentan leider nicht erkennbar. Auch haben wir dem Senat angeboten, ihn ehrenamtlich bei dieser Frage zu unterstützen. Der Senat könnte sich externe technische Expertise aus der Freifunk-Community holen, um sich bei allen Fragen rund um ein städtisches WLAn fachkundig unterstützen zu lassen. Vermutlich gibt es dafür niemanden aus der Verwaltung, der sich damit gut auskennt. Reaktion bisher: Keine.

Mehr Hintergrund zu diesem Thema bietet der Netzpolitik-Podcast mit Laura Forlano aus New York: Netzpolitik-Podcast 056: Laura Forlano über Free Networks.

Sie beschreibt, wie freie Community-basierte Netzwerke funktionieren, welche Unterschiede es in den globalen Initiativen (wie Freifunk.net oder Funkfeuer.at) gibt und was die techno-soziale Bewegung dahinter ausmacht. Gleichzeitig geht es um Betreibermodelle von kommunalen WLAN-Netzen, den Gründen, warum verschiedene Initiativen und damit verbundene Geschäftsmodelle in den USA nicht funktionieren und was die Politik machen kann, um freie Funknetze zu fördern.

Freies WLAN für Berlin? Das wird nichts mit diesem Senat. Schade.

Positiver Effekt der Anfrage: Einige Stadtbezirke wurden auf Freifunk aufmerksam und fragen mittlerweile vermehrt an.

7 Ergänzungen

  1. Daß der Senat sagt „Laß die Typen mal machen! Kostet uns ja nix.“, wundert mich nicht. Was mich wundert, ist, daß es bei offenem WLAN nicht ständig Gerichtsverfahren gibt wg. Störer-Haftung. Wie ist Freifunk da abgesichert?

    1. Diese Haftungsfrage wird eher entspannt beobachtet. Im Berliner Freifunknetz ist es allerdings so, dass Clients zur Nutzung von Internetgateways eine IP registrieren müssen, insofern handelt es sich nicht um eine anonyme Nutzung, zumindest eine Kontakt-Mailadresse ist vorhanden.

      Eine Zusammenfassung rechtlicher Fragen und Antworten gibt es im wiki.freifunk.net

  2. Die Kritik „Unterstützung durch die Stadt gibt es keine, obwohl die vielen Initiativen die digitale Spaltung vor Ort verringern helfen“ verstehe ich nicht. Was ist denn bitteschön „die Stadt“?

    Denn in der Beantwortung der Kl. Anfrage steht doch nicht, dass es von den Bezirken untersagt wurde, bezirkliche Gebäude zu nutzen. Im Gegenteil: Der Anhang zeigt doch beispielsweise für Spandau, wieviel möglich ist! Entscheidend ist es, die beiden Ebenen des Landes und der Bezirke zu trennen. Es sind doch eher bezirkliche Gebäude als welche des Landes, die hier in der Stadtfläche für Verwaltungsaufgaben genutzt werden (was ein Landespolitiker eigentlich wissen sollte, aber das nur nebenbei).

    Richtig ist sicherlich, dass die Bezirke bislang nicht von sich aus aktiv die Expansion des Freifunkes in der Hauptstadt betreiben.
    Politik in der bürgerlichen Gesellschaft ist aber keine Konsumwelt sondern verlangt, dass man sich einbringt. Deshalb wäre es m.E. – schon lange (!) – an den Freifunkern gewesen, auf die politischen Parteien in den Bezirken zuzugehen.

    Da wäre sicherlich sehr viel mehr möglich. Konkret wäre ich zum Beispiel sehr optimistisch, dass die beiden größten Pankower Parteien, namentlich Sozis und Linke, solchen Engagement und Kontakten positiv gegenüber stünden. Was bei den Grünen nicht so sicher ist, die wie so häufig vor sich hineiern. Hier konkret hin- und hergerissen zwischen der guten Idee eines zivilgesellschaftlichen Kommunikationsprojektes und der unbewiesenen aber gern instrumentalisierten pösen-pösen Strahlung von WLAN. Man kann nur hoffen, dass sie nicht gleich wieder Hindernisse in den Weg rollen. Das wäre ja schon was. Da könnte zB. Ziller in seiner eigenen Truppe proaktiv werden.

    Mit der Pankower Breitbandinitiative DSLnachPankow haben wir uns seinerzeit erfolgreich um eine Verzahnung mit der Politik in Pankow gekümmert. Politische Unterstützung geht und könnte die Nutzung bezirklicher Gebäude für Freifunk fördern. Nach meiner Einschätzung eine Illusion wird allerdings die öffentliche Anschaffung von Hardware und Zurverfügungstellung des Breitbandzugangs bleiben [1]. Alle Bezirke stehen in heftigen Auseinandersetzungen mit Sarrazin, um überhaupt ihre Pflichtausgaben leisten zu können. Die kostenfreie Nutzung optimaler Funkstandorte wäre ja wohl auch schon was, oder?

    Nebenbei: Es mag wünschenswert sein, dass das „stadtweite“ WLAN-Netz nicht kommerziell errichtet wird. Dann läge eine kostenlose Nutzung vielleicht näher, sicher wäre sie keineswegs. Den Ausbau durch die Stadt gibt der Landeshaushalt beim besten Willen nicht her. Es ist aber überhaupt nicht gesagt, dass hinterher die Nutzung vollständig oder in Teilen kostenpflichtig sein muss. Es gibt die Beispiele der Gratisnutzung kommerziell errichteter städtischer WLAN-Netze!

    [1] In Pankow ist kürzlich die Umsetzung der Idee gescheitert, den Bürgerinnen und Bürgern in den Bürgerämtern WLAN anzubieten. Der Bezirk kann dies nicht leisten: Für die Anschaffung und Wartung der Hardware und die Breitbandnutzung ist das Geld nicht vorhanden. Eine öffentliche Ausschreibung blieb erfolglos.

  3. Besser noch als der von uns mit kein-DSL veröffentlichte Schmalbandatlas lässt sich das mit [url=http://www.dslnachpankow.de/cms/modules/news/article.php?storyid=109]diesem bei DSLnachPankow gehosteten Google Earth-Layer[/url] der Berliner Anschlussbereiche und Vermittlungsstellen erkennen. Leider haben die Freifunker mal entschieden, ihren Layer der Nodes, den sie für Google Earth hatten, aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Vielleicht gibt’s den aber auch noch irgendwo oder wieder oder so. Wenn Du die in Google Earth übereinander legst, kannst Du für Friedrichshain perfekt erkennen, wie Breitbandunterversorgung und Freifunk korrespondieren.

    Allerdings:

    1. In Alt Pankow hat es seinerzeit nicht funktioniert, Freifunk als Ausweg aus der Breitbandunterversorgung zu etablieren. Erst mittlerweile, seit wir mit DSLnachPankow hier ordentliches Breitband hin geschafft haben, ist ein FF-Zweig entstanden (anders in den Pankower Ortsteilen Weißensee und Karow).

    2. Ich erinnere mich an die lebhaften Diskussionen, mit denen sich die Vertreter der reinen Leere verbaten, Freifunk darauf zu verkürzen, eine Alternative als Breitbandzugang zu sein. Aber ich halte die Frage für berechtigt, wieviele in Friedrichshain wohl den Freifunkzugang allein aus diesem Grund benutzen.

  4. Ich denke, dass hier von allen Seiten, Steine in den Weg gerollt werden.

    Als aktives Mitglied, den Freifunk im Bezirk Berlin Köpenick zu etablieren, bzw, dies zu versuchen, stößt man hier in keiner Weise auf Widerstand der öffentlichen Einrichtungen oder Gebäude, die in Privater Hand sind. Vielmehr hapert es an Eigeninitiative der Freifunker. Da sind einige wenige, die sich Gedanken machen und versuchen diese Gedanken auch in die Realität umzusetzen. Aber die Masse, will einfach nur ohne Umstände und Kosten, Internet haben und das Netz für sich nutzen ohne sich selber einzubringen. Die Probleme liegen, wenn überhaupt in den eigenen Reihen. Prenzlauer Berg hat es allen vorgemacht und gezeigt, wozu ein Einzelner fähig ist, wenn nur der Wille da ist. Dies habe ich auch versucht. Alle Gespräche waren erfolgreich. Ob mit der Stadt oder private Gebäudebesitzer. Hier würde der Freifunk begrüßt.
    Fehlende Informationen der Bürger und die Voreingenommenheit gegenüber Neuem machen hier alles zum Problem. Menschen sind gewöhnt den Stecker in die Dose zu stecken und alles funktioniert. Damit arbeiten die großen Anbieter, die daran verdienen.

    Gebäude sind nutzbar wenn man nur will. Der Grundgedanke des Umsetzens sollte hier überdacht werden.
    Die Probleme liegen beim Einzelnen.
    So hört man zum Beispiel auch aus den Reihen des Freifunks, dass es in keinem Fall zu begrüßen ist, wenn die Netze zu sehr genutzt würden, da es an Bandbreite fehle. Solange nicht viele Anschlüsse zur Verfügung stellen, ist diese Einstellung auch zu verstehen.
    Ich finde man sollte nicht der Stadt oder dem jeweiligen Land die Schuld am Scheitern oder an fehlenden Mitteln, des Freifunkprojektes geben, sondern dem Einzelnen Nutzer, dem der zu wenig tut!

    Nun sollte man sich auch die Frage stellen: „Was passiert, wenn Berlin tatsächlich komplett abgedeckt ist und alle W-Lan nutzen können?“
    Wer will dann noch einen Vertrag über einen Anschluß bei den Großen Anbietern abschließen? Antwort: „Niemand!“ Weil jedem das Netz zur Verfügung steht. Und die paar Wenige, die das Netz speisen, sollen die benötigte Bandbreite bringen?
    Ich denke jede Diskussion hat sich diesbezüglich erledigt, solange die Menschen nicht umdenken. Selbst in vielen Mehrfamilienhäusern kommen sich die Menschen nicht einmal überein, um einen Anschluss zu teilen.

  5. Hallo,
    Sie sind der einzige „Sven Buschmann“, den ich im Netz aus Köpenick gefunden haben. Haben Sie zufällig Ihre Girokarte verloren? Wenn ja, setzen Sie sich doch bitte mit mir in Verbindung.

    LG
    A. Kissig

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.