Probleme privater Rechtsdurchsetzung via Google: Der Fall „Total Wipes“

Wie bereits berichtet erhielt Google im vergangenen Jahr 345 Millionen Löschanträge für Suchergebnisse, die (vermeintlicherweise) auf urheberrechtlich geschützte Inhalte verweisen. Wiederkehrendes Thema in diesem Zusammenhang sind fälschlicherweise zur Löschung beantragte Links, wie beispielsweise Löschanträge darauf, Webseiten wie Chillingeffects.org auszulisten, die ebensolche Löschanträge sammeln.

Wie wichtig Seiten wie Chillingeffects.org und die Kontrolle von Löschanträgen sind, wurde Anfang der Woche am Beispiel des deutschen Unternehmens „Total Wipes“ deutlich. Wie Torrentfreak berichtet und Chillingeffects dokumentiert, hatte dieses unzählige Links zur Löschung vorgeschlagen, die nicht einmal im entferntesten mit urheberrechtlich geschützter Musik zu tun hatten, u.a. Downloadseiten von Anbietern wie Skype, Java oder OpenOffice.org:

Auszug des Löschantrags von Total Wipes (Screenshot)
Auszug des Löschantrags von Total Wipes (Screenshot)

Der öffentliche Teil der Webseite von Total Wipes ist derzeit offline, via Facebook gibt sich die Firma zerknirscht und spricht von einem bedauerlichen technischen Fehler:

In diesem Fenster soll ein Facebook-Post wiedergeben werden. Hierbei fließen personenbezogene Daten von Dir an Facebook. Aus technischen Gründen muss zum Beispiel Deine IP-Adresse übermittelt werden. Facebook nutzt die Möglichkeit jedoch auch, um Dein Nutzungsverhalten mithilfe von Cookies oder anderen Tracking-Technologien zu Marktforschungs- und Marketingzwecken zu analysieren.

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weiteren Facebook-Eintrag berichtet Total Wipes, dass Google 97,29% der falschen Löschanträge zurückgewiesen und weitere nicht umgesetzt hat. Im konkreten Fall Total Wipes mit derart offensichtlich falschen Löschanträgen hält sich der Schaden also offensichtlich in Grenzen. Gleichzeitig ist bei der enormen Anzahl an Löschanträgen von derzeit über 30 Millionen pro Monat von einer substanziellen Zahl an fälschlicherweise entfernten Suchergebnissen auszugehen.

Als unmittelbare Maßnahme bräuchte es von Seiten von Google strengere Regeln für solche Unternehmen, die wiederholt und in großer Zahl falsche Löschanträge einreichen. Warum gibt es nicht auch hier eine Three-Strikes-Regel wie beispielsweise für Nutzer bei YouTube, die Unternehmen nach wiederholt falschen Anträgen für die Einreichung von weiteren Anträgen sperrt? Das würde jedenfalls den Druck erhöhen, sorgfältiger bei der Einreichung von Löschanträgen zu sein.

10 Ergänzungen

  1. Kleiner Hinweis: Eine Seite ist z.B. eine HTML-Datei, eine Site eine Webpräsenz ;) Dieser Fehler taucht immer wieder auf, aber auf einer Site wie NP.org, die sich über das Neuland und Cyberspace zu guter Recht amüsiert, im 21. Jhd., echt schade.

  2. „Als unmittelbare Maßnahme bräuchte es von Seiten von Google strengere Regeln für solche Unternehmen, die wiederholt und in großer Zahl falsche Löschanträge einreichen.“ – Der DMCA gibt Hostern keinerlei Möglichkeit, Notice & Takedown irgendwie zu reglementieren. Sie müssen jede neue Notice zunächst als legitim behandeln und prüfen, auch wenn der jeweilige Anbieter schon eine Million missbräuchliche geschickt hat (und manche Anbieter haben das). Das kommt halt davon, wenn man Gesetze komplett einseitig von Lobbyisten schreiben lässt. Das Gesetz sieht auch keinerlei staatliche Sanktionen für missbräuchliche Meldungen vor, egal wie viele.

    1. Hm….auch wenn das Gesetz keine staatlichen Sanktionen vorsieht wie sieht es mit zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen gegen die deutsche Firma Total Wipes aus, sei es von den betroffenen Seiten selber oder auch von Usern die von den gesperrten Seiten nicht herunterladen konnten? (Mit)störerhaftung käme mir da auch in den Sinn….

      bombjack

  3. Interessant ist der Umgang der „Firma“ mit den Kommentaren in ihrer Facebook-Entschuldigung. Gestern Abend waren da zunächst ca. 30 Kommentare, alle kritisch und/oder hämisch, aber bis auf wenige war keiner davon beleidigend. Also kein Grund zum Löschen. Die Kommentare waren dann aber plötzlich *alle* verschwunden, irgendwann am späten Abend. Nach der Löschung gabs neue Kommentare, die sich u.a. auch über die Löschung beschwerten, und die sind inzwischen auch gelöscht worden.

  4. Die Knechte haben ein Script automatisiert auf das inet losgelassen, das alles mit „download“ gesammelt hat. Dies geht nicht mehr als Versehen durch. Wer zu Unrecht von einer Blockade / Sperrung betroffen war und sich um eine Aufhebung der Sperrung kümmern musste, hat ein Anrecht auf Entschädigung. Eine Nicht-Erreichbarkeit der Internetpräsenz auf Grund einer falschen Anschuldigung ist geschäftsschädigend.

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