Berlin war lange Zeit die Stadt der Freaks und Freigeister. „Du bist verrückt mein Kind, du musst nach Berlin“ – an diesem Spruch von 1876 war bis vor kurzem noch was Wahres dran. Wer anderswo zu schräg war, passte hier meist ziemlich gut rein.
Aber Berlin hat sich verändert. Das Kapital hat die Stadt im Würgegriff. Die Mieten werden unerschwinglich, die letzten Brachen mit Beton-Monumenten bebaut. Die Freiräume, in denen besondere Menschen sein konnten, wer und wie sie wollten, fallen einer nach dem anderen weg.
Und jetzt verändert sich auch noch die Grundhaltung der Stadt. Weg von: Jede*r macht, was sie*er will – und das ist auch gut so. Hin zu: Wer auffällig ist, macht sich verdächtig. Denn Berlin hat einen massiven Kahlschlag der Bürgerrechte veranstaltet. Seit dieser Woche gilt ein neues Polizeigesetz und das erlaubt es den Ordnungshütern, was zuvor in dieser Stadt undenkbar war: Videoüberwachung des öffentlichen Raums, auch von Drohnen aus, KI-gestützte Verhaltensscanner und Gesichtersuche, Palantir-artige Datenanalysen, Staatstrojaner und etliches mehr.
Es ist eine Zeitenwende. Weg von der Freiheit, hin zur Kontrolle. Sie macht mir Angst.
Viel Spaß beim Lesen
Martin
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Die EU-Kommission hat gegen die Plattform X, vormals Twitter, wegen Verstößen gegen den Digital Services Act eine Geldstrafe verhängt. Der Konzern hat nun 90 Tage Zeit für Anpassungen. Gleichzeitig drohen X weitere Sanktionen.
Der Militärische Abschirmdienst darf künftig deutlich mehr, hat der Bundestag mit einem neuen Geheimdienstgesetz beschlossen. Doch die Reform des kleinsten deutschen Geheimdienstes ist erst der Auftakt für weitere Änderungen am Geheimdienstrecht.
Der Datenatlas soll die Bundesverwaltung effizienter machen. Ein wissenschaftliches Gutachten zeigt nun jedoch, dass er mitunter nicht einmal dem Stand der Technik aus dem Jahr 1986 entspricht. Anstatt den Gutachter zu konsultieren, erwägt die zuständige Bundesdruckerei „rechtliche Schritte“ gegen ihn.
Heute wurde in Berlin eine Novelle des Polizeigesetzes verabschiedet. Sie erlaubt so ziemlich alles, was an digitaler Überwachung möglich ist: Verhaltensscanner, Gesichtersuche, Palantir-artige Datenanalysen, Staatstrojaner. Ein Kommentar.
Die Software von Palantir soll auf Knopfdruck den Wildwuchs von Polizei-Datenbanken durchforsten. Damit die Polizei schon heute weiß, was du morgen tun wirst. Doch der Einsatz von Palantir-Software verletzt Grund- und Freiheitsrechte. Und er lässt die Rede von der anzustrebenden digitalen Souveränität endgültig unglaubwürdig werden.
Mediengigant Netflix will seine Macht ausbauen und für rund 72 Milliarden US-Dollar das einflussreiche Hollywood-Studio Warner Bros. Discovery schlucken. "Die Übernahme dürfte in Europa und den USA auf starken kartellrechtlichen Widerstand stoßen", ordnet tagesschau.de ein.
Die Zeit
Zwei neue Studien legen nahe: Gespräche mit großen Sprachmodellen wie ChatGPT können Menschen dazu bewegen, ihre politische Meinung zu ändern, selbst zu bislang nicht favorisierten Kandidat:innen.
EFF
"Vereinfachung bedeutet nicht, digitale Rechte über Bord zu werfen", warnt die US-Organisation für digitale Freiheitsrechte, EFF, mit Blick auf den digitalen Omnibus der EU-Kommission. Das Paket soll etwa Gesetze für Datenschutz und KI-Regulierung schleifen.
Der Standard
Nach Einführung der Pflicht zu strengen Alterskontrollen geht die britische Medienaufsicht Ofcom gegen Anbieter vor, die sich widersetzen. Die AVS Group, Betreiberin mehrerer Pornoseiten, soll nun 1 Million Pfund Strafe zahlen.
The Guardian
Befeuert vom KI-Hype fließt in Australien zunehmend mehr Trinkwasser in die Kühlung von Rechenzentren. Fachleute warnen vor Wasserknappheit.
BBC
Südkorea baut Überwachungstechnologie zur Abwehr vor Stalking aus. Schon jetzt können Betroffene einen Alarm per Smartphone erhalten, wenn Täter*innen ihnen zu nahe kommen. Künftig sollen sie dann auch deren Standort auf einer Karte einsehen können.
404 Media
Eine 600-Dollar-Toilettenkamera analysiert anhand von Exkrementen die Gesundheit der Ausscheider*innen. Jetzt kam heraus: Sie verschickt die Fotos unverschlüsselt.
gov.uk
Großbritannien will polizeiliche Gesichtserkennung im öffentliche Raum ausbauen und auf eine neue gesetzliche Grundlage stellen. Hierfür hat die Regierung eine Konsultation gestartet. Bis 12. Februar können sich Interessierte beteiligen.
noyb
Viele Online-Angebote stellen Nutzer*innen vor die Wahl, getrackt zu werden oder zu zahlen ("pay or okay"). Eine von der Datenschutz-NGO noyb in Auftrag gegebene Studie zeigt: Könnten sie frei wählen, bevorzugen die meisten eine dritte Option ohne Tracking oder Zahlung.
TUM Think Tank
Eine Arbeitsgruppe hat vier Reformvorschläge für die DSGVO vorgelegt. Beteiligt sind unter anderem die Bundesdatenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider und der Datenschutzaktivist Max Schrems. Themen sind etwa Cookie-Müdigkeit und die Schaffung klarer Verbotsfälle.
Platformer
Fünf Jahre, nachdem Meta sein unabhängiges Oversight Board eingerichtet hat, zieht der US-Journalist Casey Newton Bilanz. Zwar habe das Gremium mehr als 200 Entscheidungen veröffentlicht und 317 Empfehlungen vorgelegt. Dennoch sei sein Einfluss begrenzt.
heise online
Wer schonmal als Moderator*in auf einer Online-Plattform gearbeitet hat, soll künftig kein Visum für die USA mehr bekommen. Donald Trump will keine Menschen im Land, die an „Zensur“ beteiligt waren.
tagesschau.de
Polnische IT-Fachkräfte können sich künftig ehrenamtlich als Zivilist*innen an Polens Cyber-Armee beteiligen. Sie werden dann bei Angriffen auf IT-Systeme zu Hilfe gerufen.
taz
Der Name der fiktiven Sekretärin Miss Moneypenny aus dem James-Bond-Universum bekommt keinen Werktitelschutz, wie der Bundesgerichtshof entschied. Eine deutsche Firma darf weiter Bürodienstleistungen unter diesem Label anbieten.
kicker
Der Bundestag hat im Rahmen des Jahressteuergesetzes die Gemeinnützigkeit für eSport-Vereine beschlossen. Nun muss noch der Bundesrat zustimmen, damit die Anerkennung ab dem 1. Januar 2026 gilt.
taz
Nancy Cordes, Chefkorrespondentin von CBS News im Weißen Haus, berichtet kritisch über die Trump-Regierung. Das hat ihr nun einen Platz auf der "Straftäter"-Liste der Trump-Administration beschert, mit der diese angebliche "Fake News" anprangert.
iPhone-Ticker
Die Verbraucherzentrale Niedersachsen hat die Telekom abgemahnt, weil der digitale Kündigungsprozess durch den Netzbetreiber "manipulativ" versuche, Vertragskunden von ihrem Vorhaben abzubringen.
tagesschau.de
Aktuell nutzen Cyberkriminelle offenbar eine Schwachstelle im Sicherheitskonzept von Payback aus, um Kund:innendaten und Bonuspunkte zu stehlen. Potenziell seien Millionen Konten betroffen. Was hilft: eine Zwei-Faktor-Authentifizierung.
Virtuelles Datenschutzbüro
In der "Mainzer Erklärung" formulieren unter anderem der Datenschutzbeauftragte und die Verbraucherzentrale aus Rheinland-Pfalz Empfehlungen für die elektronische Patientenakte. Sie fordern unter anderem mehr Transparenz.
heise online
Immer mehr, immer größere Rechenzentren: Der IBM-Chef hält den Bauwahn für absurd. Es sei völlig unrealistisch, dass die Investitionen sich rechnen. Und eine künstliche allgemeine Intelligenz (AGI) werde es vermutlich niemals geben.
Der Standard
Mit Eletronic Arts (EA) wird einer der weltweit größten Spiele-Publisher fast gänzlich von einem staatlichen Fonds aus Saudi-Arabien geschluckt. Der Standard fasst Recherchen des Wall Street Journal zusammen, wonach das Regime mehr als 93 Prozent von EA übernimmt.
beck-aktuell
Sollte die AfD auf Landesebene an einer Regierung beteiligt sein, könnte sie Zugriff auf sensible Polizeidaten bekommen. beck-aktuell fasst zusammen, wie Politiker:innen und Behörden davor warnen und Gegenmaßnahmen in den Blick nehmen.
The Washington Post
Palantir spielt eine Schlüsselrolle bei der Verfolgung von Migrant*innen in den USA. Die Washington Post erklärt, wie es dazu kam.
tagesschau.de
Ferngesteuerte Autos sind jetzt auf deutschen Straßen erlaubt. Die Fernsteuerung gilt als Übergangstechnologie zum vollautonomen Fahren.
Reuters
Auf Smartphones in Indien soll künftig doch nicht zwangsweise eine staatliche Sicherheits-App installiert sein. Nach breiter Kritik hat die Regierung die Pläne zurückgezogen. Auch Apple soll dagegen lobbyiert haben.
Der Spiegel
OpenAI muss 20 Millionen ChatGPT-Chatprotokolle offenlegen. Die New York Times will damit beweisen, dass der Chatbot deren Artikel im Wortlaut in seinen Antworten nutzt.
Liebe Leser:innen, der Datenschutz steht gerade enorm unter Druck. Nicht nur die schwarz-rote Bundesregierung, sondern auch die EU-Kommission will bestehende Regeln schleifen. Wir haben mit der Bundesdatenschutzbeauftragten Louisa Specht-Riemenschneider, die seit gut einem Jahr im Amt ist, darüber gesprochen, wie sie auf die aktuelle in Teilen hitzig geführte Debatte blickt. Sie kritisiert Teile der EU-Kommissionspläne, […]
Liebe Leser*innen, wer schon mal Geld an die falsche Person geschickt hat, kennt das Gefühl: Man ärgert sich – und schämt sich obendrein, wenn man dabei auch noch auf Betrüger*innen reingefallen ist. Gut, dass es nun eine Funktion gibt, die solchen Fehlüberweisungen entgegenwirken soll. Mit der sogenannten Empfängerüberprüfung sollen Bankkunden prüfen, ob die eigene Überweisung […]
Liebe Leser*innen. 50.000 Menschen werden am Wochenende in Gießen erwartet, um dort gegen die Neugründung der rechtsextremen AfD-Jugend zu protestieren. Werden sie das in Hör- und Sichtweite von der Messehalle tun können, in der sich die Parteijugend neu formieren will? Darf die Stadt sie aus „Sicherheitsgründen“ gleich auf die andere Flussseite verlegen? Darum liefen mehrere […]
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