Liebe Leser:innen,

und plötzlich geht es dann ganz schnell. Nach mehr als drei Jahren Verhandlungen, Sperrminoritäten und Blockaden haben sich die Länder der EU im Rat auf eine Position bei der „Verordnung zur Verhütung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern“ geeinigt. Die Verordnung war fast vier Jahre heiß umkämpft wegen der verpflichtenden Chatkontrolle. Und die ist jetzt so gut wie vom Tisch.

Das ist eine gute Nachricht. Unzählige Menschen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Medien und Zivilgesellschaft können sich auf die Fahnen schreiben, dass sie einen Teil dazu beigetragen haben, die wohl gefährlichste Überwachungsmaschine Europas vor ihrem Start zu stoppen. Weil sie wachsam waren und zusammengearbeitet haben.

Realistisch betrachtet ist das natürlich nur ein Etappensieg, denn noch stehen die Verhandlungen im Trilog bevor und das Gesetz enthält trotz gezogenem Chatkontrolle-Giftzahn immer noch viele für Datenschutz und Privatsphäre problematische Maßnahmen. Und im Trilog könnten plötzlich wieder schwierige Dinge hineinverhandelt werden.

Aber wollen wir heute nicht kleinlich sein, denn das Ganze ist ein Erfolg – und den können wir zusammen feiern.

Herzliche Grüße

Markus

Unsere Artikel des Tages

Datenspende„Digitaler Omnibus“ könnte Forschung zu Big-Tech erschweren

Weil Tech-Konzerne selten Zugang zu ihren Daten gewähren, ist unabhängige Forschung auf Datenspenden angewiesen. Damit könnte es jedoch bald vorbei sein, denn die EU-Kommission will das Datenauskunftsrecht einschränken. Ein offener Brief aus der Wissenschaft warnt vor schwerwiegenden Folgen für die Plattformforschung.

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Demoverbotszone in GießenDie Versammlungsfreiheit darf nicht der Polizeitaktik geopfert werden

Am Wochenende trifft sich die AfD-Jugend in Gießen. Mit einer faktischen Verbotszone in der Nähe der AfD-Veranstaltung beschränken Polizei und Stadt nun massiv das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Doch Gegenproteste müssen in Hör- und Sichtweite stattfinden können. Ein Kommentar.

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Tickermeldungen

Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.

heise online
Ein kanadisches Gericht hat den französischen Cloud-Konzern OVHcloud verdonnert, Daten an die kanadische Polizei herauszugeben. Der Ausgang des Verfahrens könnte ein Präzedenzfall für die Cloud-Branche werden und weitere Zweifel an der "digitalen Souveränität" säen.
heise online
Polnische Wettbewerbshüter haben eine Untersuchung gegen Apples System für Werbetracking-Einwilligung eingeleitet. Laut Apple komme der Gegenwind aus der Datentracking-Branche. Das Unternehmen warnt vor dem Aus der Werbetracking-Nachfrage.
Deutschlandfunk Kultur
Eine neue App soll bald alle rund 90.000 Stolpersteine in Deutschland erfassen. Nutzer:innen können dann etwa mit der Smartphone-Kamera Stolpersteine scannen und die Biografie der Menschen abrufen, an die erinnert wird.
EU AI Office
Die EU-Kommission hat ein Whistleblower-Tool gestartet, über das mögliche Verstöße gegen die KI-Verordnung direkt gemeldet werden können. Meldende können potenzielle Rechtsverletzungen anzeigen, die Grundrechte, Gesundheit oder Sicherheit gefährden.
heise online
Amazon hat den Test-Start seines Satelliteninternetdienstes Leo angekündigt. Nächstes Jahr soll es kommerziell losgehen, bis 2028 werde der Dienst dann in bis zu 100 Staaten verfügbar sein.
Euractiv
Die European Space Agency will an die Verteidigungsbudgets ran und verschiebt den Fokus Richtung Wehrhaftigkeit im Weltraum. Über den aktuellen Shift und den größten Geldgeber Deutschland berichtet Euractiv.
FragDenStaat
Fünf Jahre nach dem rassistischen Anschlag von Hanau sind viele Fragen weiterhin offen. FragDenStaat veröffentlicht Dokumente zur Aufarbeitung der Tat, die zeigen, wie Behörden die Verantwortung von sich weisen.
Golem
In Frankreich ist das Betriebssystem GrapheneOS im Visier von Strafverfolgungsbehörden. Entwickler:innen verlegen ihre Infrastruktur in andere Länder. "Frankreich ist kein sicheres Land für quelloffene Privacy-Projekte", so ihr Resümee.
The Guardian
Eine von vier Personen findet es akzeptabel, sexualisierte Deepfakes zu erstellen und teilen, auch ohne Zustimmung der abgebildeten Person. Zu diesem Schluss kommt eine Studie im Auftrag der britischen Polizei.
epicenter.works
Amnesty International und epicenter.works veranstalten am 27. November eine Kundgebung gegen die geplante flächendeckende Videoüberwachung österreichischer Innenstädte. Los geht es um 17 Uhr vor der Löwelstraße 22 in Wien.
Politico
Die italienische Wettbewerbsbehörde hat Google verpflichtet, Nutzer:innen besser darüber aufzuklären, wie der Konzern ihre Daten aus unterschiedlichen Diensten zusammenführt. Die Aufsicht hatte zuvor "irreführende und aggressive" Praktiken kritisiert.
The Guardian
Der Stromverbrauch Indiens wächst enorm, in Mumbai wird nun die Laufzeit zweier Kohlekraftwerke verlängert. Verantwortlich dafür sind laut Recherchen auch der KI-Hype und der damit verbundene Rechenzentrums-Boom. Insbesondere Amazon steht in der Kritik.
Verbraucherzentrale Bundesverband
Der vzbv hat erfolgreich die Deutsche Telekom verklagt. Diese wollte Kund:innen der Tochtermarke Congstar mit Falschinformationen über ein angeblich bald abgeschaltetes Web-Portal zum Download einer Service-App drängen.
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
Das BSI fordert Webmail-Anbieter auf, mehr Verantwortung für die IT-Sicherheit ihrer Dienste zu übernehmen. Viele böten derzeit nur schwache Sicherheitsmaßnahmen wie etwa einen Passwortzugang ohne Zwei-Faktor-Authentifizierung an.
The Guardian
Die britische Datenschutzbehörde steht in der Kritik, weil sie trotz des „gravierendsten Datenlecks in der Geschichte“ keine Strafen verhängt. Das Verteidigungsministerium hatte 49 Datenlecks einräumen müssen, die Menschen gefährdeten, die Schutz vor den Taliban suchten.
Gizmodo
40 Prozent der britischen Jugendlichen wenden sich an Chatbots, wenn sie sich einsam fühlen. Ein Fünftel davon sagt, dass es einfacher sei, sich mit der KI zu unterhalten als mit einem echten Menschen.
TechCrunch
Die US-Einspar-Behörde DOGE wurde aufgelöst. Sie ist nach Einstellungen humanitärer Hilfe mutmaßlich für zahlreiche Todesfälle verantwortlich. Mitarbeiter*innen fürchten jetzt juristische Nachspiele.
404 Media
Menschen trainieren im Computerspiel Fortnite gemeinsam, wie man sich am besten verhält, wenn die US-Abschiebebehörde ICE vor der Tür steht. 404 Media war dabei.
Die Zeit
Videospiele können sich positiv auf die menschliche Psyche auswirken, das zeigt die Forschung schon länger. Ein Chefarzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie erzählt, wie Zocken Frustrationstoleranz oder Selbstwirksamkeit erhöhen kann.
Cemas
Ein Bericht beleuchtet Allianzen zwischen Libertarismus und Rechtsextremismus. Auf X verbinden sich beide Ideologien auch in Deutschland über gemeinsame Feindbilder, Ablehnung von Institutionen und eine sozialdarwinistische Weltsicht.

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