Liebe Leser:innen,

der Entwurf für ein geändertes Polizeigesetz in Baden-Württemberg soll nicht nur den Weg für Big-Data-Analysesoftware nach Art von Palantir freimachen, sondern auch das KI-Training mit personenbezogenen Daten erlauben. Das hat mein Kollege Martin für euch unter die Lupe genommen. Ich musste dabei an das berühmte Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1983 denken. Damals schrieben die Richter:innen, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung formulierten:

„Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffende Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden.“

Im Urteil geht es an vielen Stellen darum, wie besonders einschränkend es ist, wenn ein Mensch keinen Ein- und Überblick mehr darüber hat, was mit den eigenen Daten passiert. An KI dachten damals wohl die wenigsten, aber umso wichtiger ist es, das enorm wichtige Grundsatzurteil nicht aus den Augen zu verlieren. Obwohl und gerade weil es nun fast 42 Jahre alt ist.

Eine schöne Woche wünscht euch

anna

Uns fehlen dieses Jahr noch 307.150 Euro.

Unsere Artikel des Tages

Palantir in Baden-WürttembergPolizei soll mit deinen Daten Software trainieren dürfen

Eine Änderung des Polizeigesetzes von Baden-Württemberg soll der Landespolizei erlauben, Software mit personenbezogenen Daten zu trainieren und zu testen. Sie könnte damit auch Klarnamen oder Gesichtsfotos unschuldiger und unverdächtiger Personen in Systeme wie von Palantir einspeisen.

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DegitalisierungSei ein Esel

Menschen sind irgendwie auch Herdentiere, die kopflos in eine Richtung mitlaufen. Im KI-Enthusiasmus müssen wir aber nicht blind aufgescheuchten Innovationsherdentieren folgen. Dafür brauchen wir vielleicht nur ein besseres Wappentier, das mehr Bewusstsein hat als jede sogenannte künstliche Intelligenz.

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Tickermeldungen

Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.

Biometric Update
Datenschützer*innen kritisieren das neue Feature der Ring-Kamera. Das Amazon-Produkt, das an vielen Haustüren installiert ist, soll künftig Gesichter erkennen können.
Reuters
Zehn Prozent des Umsatzes generiert Meta mit betrügerischen Anzeigen und Werbung für verbotene Produkte. Das zeigen interne Dokumente, die Reuters einsehen konnte.
Ver.di
Der Arbeitskampf bei TikTok Germany ist beendet. Der Konzern zahlt den Content-Moderator*innen, die er entlässt, eine Abfindung von jeweils mindestens 17.000 Euro.
Ars Technica
Nachrichten, die Menschen an ChatGPT schrieben, sind in der Google Search Console aufgetaucht, einem Tool, mit dem sich Suchanfragen überwachen lassen. Darunter sehr sensible Anfragen zu privaten und geschäftlichen Themen.
taz
Bevor Hamburg Menschen einstellt, holt das Land künftig Infos beim Verfassungsschutz ein. Hans-Peter de Lorent, der in den 70ern aufgrund des Radikalenerlasses ein Berufsverbot bekam, erklärt, warum das eine schlechte Idee ist.
heise online
Kalifornien verpflichtet Browser-Anbieter, eine Funktion bereitzustellen, über die Nutzer Websitebetreibern mitteilen können, dass diese ihre Daten nicht weitergeben dürfen. Bis Anfang 2027 muss das implementiert sein.
tarnkappe.info
„Ich habe doch nichts zu verbergen“ – warum diese Aussage Quatsch ist, zeigt Tarnkappe-Autor Lars Sobiraj.
t3n
OpenAI-Chef Sam Altman wünscht sich, dass der ChatGPT-Hersteller künftig nicht mehr von ihm, sondern von einem Sprachmodell gesteuert wird. Ein Problem bei der Umsetzung sei, dass Menschen wenig Vertrauen in solche Software hätten.
heise online
Die Anfragen für den Anschluss ans Stromnetz haben sich in Großbritannien in den vergangenen sieben Monaten verdreifacht. Hinter der Hälfte der Anfragen stehen Rechenzentren. Die aktuell angefragte Strommenge entspricht dem doppelten aktuellen britischen Spitzenbedarf.
Business Insider
Vollständig „nicht-woke“ sei der Überwachungskonzern Palantir, verkündete CEO Alex Karp gegenüber Investoren. Im vergangenen Quartal ist der Umsatz des Unternehmens, das sich auch in Deutschland um Aufträge bemüht, um über 60 Prozent gestiegen.
Golem
Die Familien von sieben Menschen, die nach Nutzung von ChatGPT Suizid begingen oder in die Psychiatrie eingewiesen wurden, verklagen OpenAI. Dem Sprachmodell des Herstellers würden grundlegende Sicherheitsvorkehrungen fehlen.
HIIG
Das Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft hat einen Code of Conduct für Social-Media-Moderation mit (teilweiser) Automatisierung erstellt. Er geht auf Aspekte wie Datenschutz, Fairness, aber auch psychologische Unterstützung ein.
tagesschau.de
Forschende fanden in Social-Media-Posts mit Bezug zu Fitness-Apps auch Scham und Schuldgefühle, wenn die Nutzenden ihre Fitness-Ziele nicht erreichen. Ein Sportpsychologe rät, sich auf eigene Vorhaben statt den Vergleich mit anderen zu konzentrieren.
LTO
Das Oberlandesgericht Dresden verurteilte einen Falschparker-Melder zu 100 Euro Schadensersatz. Der hatte das Auto eines Parksünders fotografiert, auf dem Bild war der Beifahrer erkennbar. Das wertete das Gericht als Datenschutzverstoß.
itiner-e
Ein internationales Forschungsprojekt hat eine neue Version der Landkarte römischer Straßen veröffentlicht. Demnach gab es im Römischen Reich ein fast 300.000 Kilometer umfassendes Straßennetz.
Mimikama
Angst ist ein Herrschaftsinstrument. Wie das funktioniert, erklärt Mimikama in einer Artikelserie.
Noch 307.150 Euro für digitale Freiheitsrechte.

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