In der Telepolis ist heute von Zensur in Firmennetzen der LA Times und der San Francisco Times Zweigstelle in San Francisco zu lesen. Dass größere Firmen in den USA ihre Angestellten nicht alles gucken lassen, was es im Internet so gibt, war ja schon bekannt. Verwendet werden dafür Contentfilter, die technisch bedingte, branchenübliche Einschränkungen aufweisen, „wenn beispielsweise nicht nur Porno-Seiten, sondern auch Seiten gesperrt werden, die über Sexualität berichten.“ Das kennen wir ja schon; Webfilter taugen meist nur als (schlechtes, weil allzu offensichtliches) politisches Feigenblatt, hier wie anderswo. Florian Rötzer schreibt in Telepolis:
Erstaunlich ist aber, dass eine Zeitung, die der „freien Presse“ angehört und für den von den USA propagierten „freien Fluss der Information“ bürgt, nicht nur die übrigen Angestellten, sondern auch die Journalisten in der Redaktion „behütet“ – und dass diese von der von oben verordneten Zensur offenbar nicht einmal informiert worden waren. Vermutlich wird es sich nicht um einen Einzelfall handeln.
Da ist aber was schiefgegangen. Bei der LA Times wird auch der Zugang zu Anbietern von Filtersoftware unterdrückt. Bei der Recherche eines Reporters über Peacefire, einer Webseite, auf der über kommerzielle Filtersoftware, ihre Schwächen und die Umgehung berichtet wird, war die Seite nicht verfügbar. So kam eine Sache ans Licht, über die die Angestellen und Redakteure der Zeitungen nicht informiert waren:
Der Reporter der LA Times teilte Bennett Haselton, dem Gründer von Peacefire, mit, dass er nicht auf die Webseite kommen konnte. Haselton schickte daraufhin eine Mail an andere Times-Journalisten und bat sie zu überprüfen, ob sie ebenfalls blockiert werden. Die Journalisten berichteten, dass auch andere Webseiten wie die von Playboy blockiert waren. In der Redaktion von San Francisco war man offenbar liberaler. Zwar wurde auch hier ein Webfilter verwendet, aber der Zugriff auf Peacefire und Playboy war frei, hingegen ließ sich nicht auf die Webseite von Penthouse zugreifen. …
Das ist wohl ein Eigentor für die Presse im „Westen“.
Es schien einfach seltsam zu sein, dass eine Klasse von Menschen, auf die wir uns für unsere Informationen verlassen, weniger Freiheit im Internet hat als ein Bürger in China. Wir verlassen uns auf Reporter für Informationen über das, was in unserer Gesellschaft geschieht, und sie können ihren Job nicht erfüllen, wenn eine dritte Partei darüber entscheidet, was sie sehen dürfen.
Bennett Haseltone
Null Kommunikationskultur? Oder blind und plemplem verordnete Blindekuh? Hoffentlich wenden sich die Dinge hier zum Guten, und nein, ich meine nicht die Verkaufszahlen oder Filter“qualität“ von Websense und Konsorten. Es gibt ja für solche Zwecke Umgehungssoftware wie den Circumventor und Psiphon. Einer freien Presse darf sowas nicht passiert werden, wir kriegen auch chinesische Blümchenwiesen vorgesetzt, wenn auch kommentierende Blogs gesperrt werden (LA Observed).
"freie Presse", "Demokratie", "freier Westen", … was für romantische Begriffe die nicht annähernd das wiedergeben was wirklich Sache ist. Wirtschaftsdiktatur, nichts anderes. Die USA sind ehrlicher als Europa, da sitzt die Wirtschaft in der Politik, hier operieren noch Marionetten, aber sie geben den Ton aus der Wirtschaft 1:1 wieder und manifestieren das in Gesetzen, zum Nachteil der Demokratie und Bevölkerung.
Ehm, San Francisco Times gibt’s nicht. Wohl aber ein Büro der LA Times in San Francisco …
Hmm, das Detail hatte ich wohl übersehen, so früh am Morgen. Danke für den Hinweis, Janko.
Ich hatte das schon beim Schockwellenreiter kommentiert: Man muss nicht nach USA gehen, um das zu erleben. Bei der Zeitung, bei der ich arbeite, ist das nicht anders. Viele Unternehmen verwenden Filtersoftware, und bisweilen ist den IT-Abteilungen nicht klar, dass das Surfverhalten der Kollegen aus der Buchhaltung eben nicht mit dem der Onlineredaktion gleichgesetzt werden kann. Das führt auch bei uns zu obskuren Sperrungen (z.B. Youtube), die per Anruf auch aufgehoben werden können. Das kostet natürlich Zeit. Der Vergleich mit China hängt da doch: Denn dort ist die Seite staatlicherseites für alle gesperrt, nicht nur für Angestellte der Firma X.