BundesdatenschutzbeauftragterKelber verklagt den BND

Der Bundesdatenschutzbeauftragte wehrt sich gerichtlich gegen die Nicht-Herausgabe von Informationen durch den BND: Vor dem Bundesverwaltungsgericht erhob er heute Klage gegen den Geheimdienst und verlangt für seine Kontrolle Einblicke in dessen Unterlagen.

Bild des BND-Gebäudes in Berlin mit dekorativer Palme als Kunst am Bau
Das BND-Hauptquartier in Berlin-Mitte. CC-BY-NC-SA 4.0 Andi Weiland

Ulrich Kelber setzt am Ende seiner Amtszeit nochmal ein Achtungszeichen: Seine Behörde gab heute bekannt, dass sie den Bundesnachrichtendienst verklagt. Es ist das erste Mal überhaupt, dass der Bundesbeauftragte für Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) eine Bundesbehörde verklagt.

Inhaltlich geht es um die Durchsetzung von Kontrollbefugnissen, die auch Zugang zu Informationen umfassen. Der BND verweigerte die Einsicht in Unterlagen, was der BfDI formal beanstandet hatte. Die Beanstandung war aber erfolglos. Nun blieb nur noch die Klage.

Neben dem Bundeskanzleramt, dem Parlamentarischen Kontrollgremium, der G10-Kommission und dem zerstrittenen Unabhängigen Kontrollrat, die den BND beaufsichtigen und kontrollieren sollen, ist der BfDI die einzige tatsächlich unabhängige Kontrollbehörde, die Tätigkeiten des Auslandsgeheimdiensts prüft. Die heutige Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig kommt insofern überraschend, dass der BfDI in seinem letzten Tätigkeitsbericht (pdf) noch „eine deutliche Verbesserung des inhaltlichen Austausches“ mit dem BND ausmachte. Geradezu voll des Lobes für die substantiell verbesserte Zusammenarbeit und für „eine praxistaugliche Einigung“ zum Umfang der Einsichtsrechte hielt der BfDI noch fest: „Vor diesem Hintergrund sehe ich zurzeit keine Notwendigkeit, meine Einsichtsrechte gegebenenfalls per Klage durchsetzen zu müssen.“

Die Zusammenarbeit hat sich offenkundig innerhalb kurzer Zeit erheblich verschlechtert.

Einsichtnahme in Unterlagen verweigert

Wie in Geheimdienstangelegenheiten üblich, sind die Klageschrift, die konkreten Beanstandungen des BfDI und alle Details zum Fall als Verschlusssache eingestuft, also geheim. Zu welcher Anordnung des BND dem BfDI die Einsichtnahme in Unterlagen verweigert wurde, ist also nicht bekannt. Lediglich klar ist, dass es um Überwachung von ausländischen Personen geht. Da es sich beim BND um einen Geheimdienst handelt, der für das Ausland zuständig ist, überrascht das nicht. In dem Klagefall geht es konkret um Anordnungen nach § 37 BNDG.

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Der BfDI betont die Kompensationsfunktion, die durch seine Kontrolle erfüllt wird und quasi ins Leere laufe. Da wegen der Geheimhaltung beim BND kaum Auskunfts- und Benachrichtigungspflichten existieren und deshalb auch der individuelle Rechtsschutz oft eingeschränkt ist, soll das mit der Kontrolle durch den BfDI kompensiert werden. Doch wenn diese Kompensationsfunktion regelmäßig gar keine Wirkung entfaltet, kann von einer Kompensation eben nicht mehr gesprochen werden. Deshalb ist es nicht so fernliegend, dass die Klage des BfDI Erfolg haben könnte.

BfDI fordert ein Anordnungsrecht

Die Pressemitteilung zur Klage kommt noch auf eine Forderung zu sprechen, die schon lange Jahre erhoben wird: „Für den BfDI als das Kontrollorgan mit der objektiv rechtlich umfassendsten Kontrollzuständigkeit über den BND ist ein Anordnungsrecht daher von zentraler Bedeutung.“ Statt ein Fehlverhalten also nur zu beanstanden, wünscht sich der BfDI das Recht, gegenüber dem BND anordnen zu dürfen, wenn eine Information herausgegeben werden soll.

Das kann die Datenschutz-Oberbehörde auch auf ihre unbestrittene Kompetenz in Sachen Geheimdienstkontrolle stützen: Seit vielen Jahren hat sie eine eigene Abteilung „Polizei und Nachrichtendienste“ und das zuständige Referat 34 mit entsprechender juristischer und technischer Expertise.

Wir haben den BND um Stellungnahme gebeten und gefragt, warum der BfDI die Errichtungsanordnung des betreffenden IT-Systems nicht einsehen kann und was sich aus Sicht des BND an der noch vor Kurzem so gelobten guten Zusammenarbeit mit Kelber verändert hat. Der BND teilte uns dazu mit, dass er um Verständnis bitte, dass er zur „Zusammenarbeit mit anderen Behörden oder Dienststellen“ leider „grundsätzlich nicht öffentlich Stellung“ beziehe. Das sei aber „keine Aussage“ darüber, „ob Sachverhalte zutreffend sind oder nicht“.

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2 Ergänzungen

  1. Dann hoffen wir mal, dass der BND nach dem Urteil feststellt, dass er doch nicht so über dem Gesetz steht. Es ist schon seltsam, dass er die Kontrolleure nicht kontrollieren lassen will oder von den Kontrolleuren eine passive Zurückhaltung als einzig passende annimmt.

  2. In der Süddeutschen Zeitung am Freitag (24. Mai) stand dazu : „Bei der Kontrolle des Ausländer-Überwachungssystems im Februar soll sich der BND nach SZ-Informationen auf die „Third-Party-Rule“ berufen haben, eine Geheimdienstregel: Herr über die Information bleibt, wer sie als Erster in die Hände bekommen hat. Wenn also ein ausländischer Nachrichtendienst mit dem BND eine Information teilt, dürfen die Deutschen diese nur mit dem Einverständnis dieses Partnerdienstes an Dritte weitergeben, etwa an den BfDI. Im aktuellen Fall sollen in den Anordnungen vertrauliche Informationen von ausländischen Nachrichtendiensten stehen. Dabei soll sich die Datenschutzbehörde gerade erst mit dem BND auf einen Modus Operandi geeinigt haben: die Kontrolluere dürfen Dokumente einsehen, aber der BND schwärzt die Namen des Partnerdienstes. Gerade deshalb haben die Kontrolleure beim BfDI kein Verständnis für die Weigerung des BND.“

    Ich dachte eigentlich, das Argument, sich hinter der Third-Party-Rule verstecken zu können, sei mit einem der letzten Bundesverfassungsgerichtsurteile abgeräumt worden (?),
    fangen wir denn jetzt wieder ganz von vorn an?
    Sehr beunruhigend. Oder anders: sehr gut, dass unser BfDI geklagt hat !!!

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