Kommentar: BND auf Expansionskurs

Der Deutsche Bundestag wird am Freitag wohl seine Zustimmung geben, die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes zu erweitern. Wir sollten uns nicht vormachen lassen, dass er dabei über eine wirkliche Reform abstimmt oder mehr Überwachung gegen Terrorismus hilft.

Deutscher Bundestag im Nebel. CC BY-NC-ND 2.0 via flickr/Matt Thorpe.

Wir halten mal fest: Nicht alles, was in den letzten Monaten an Praktiken und Kooperationen des Bundesnachrichtendiensts rauskam, war legal. Das werden selbst Wohlmeinende einräumen müssen. Die Konsequenz daraus, nämlich einst Illegales mit einem neuen Gesetz aus der Schmuddelecke zu holen, ist die Idee der BND-„Reform“.

Das Gefährliche an den erweiterten Möglichkeiten, die der Gesetzgeber dem Geheimdienst einräumen will, ist vor allem, dass sich die Wahrnehmung geheimer Programme in eine ungesunde Richtung verschoben hat. Aus rational nur schwer nachvollziehbaren Gründen wird der Auslandsnachrichtendienst heute als ein wirkungsvolles Mittel gegen Terrorismus wahrgenommen. Da halfen auch keine drei Jahre Snowden-Veröffentlichungen voller Wirtschaftsspionage oder die Untersuchungen des Geheimdienstausschusses im Bundestag. Stattdessen befinden sich auch bei uns die Geheimdienste auf Expansionskurs – NSU- und NSA-Skandal hin oder her. Mit dem Terrorismus-Angst-Hammer kann man noch jede gesetzliche Überwachungserweiterung begründen – soweit sich die Große Koalition überhaupt noch bemüht, ihre BND-„Reform“ sachlich zu untermauern.

BND planlos
BND-Hacker (Symbolfoto).

In Wahrheit aber wird ein bloßes Wunschdenken per Gesetz festgeschrieben. Die Hoffnung nämlich, dass der Auslandsgeheimdienst etwas gegen den Terrorismus ausrichten könnte. Faktisch bleibt es allerdings noch immer unbelegt, dass Massenüberwachung Abhilfe gegen terroristische Anschläge bedeuten würde. Und Beweise können nicht ersetzt werden durch Raunen aus „Sicherheitskreisen“ oder angebliche „Hinweise aus den Geheimdienstkreisen“.

Das ganze monströse Heuhaufen-Programm der NSA brachte nachweislich (vielleicht) zwei Fälle, in denen es gegen Anschlagsplanungen nutzbringend war. Was aber sehr wohl belegt ist: dass Geheimdienste in der Vergangenheit in terroristische Aktivitäten organisatorisch verwickelt waren, Terroristen nachweislich finanziert haben, dass sie gefoltert haben.

Was wir statt der Aufrüstung in Sachen Geheimdienste mal bräuchten, wäre ein Nachdenken darüber, wie politisch damit umzugehen ist, dass wir den Geheimen jede Dreistigkeit, jede Unwahrheit durchgehen lassen. Nach Ende der medialen Berichterstattung und Untersuchungsausschüsse geht es weiter wie zuvor, man legt nur noch eine Schippe drauf. Die Große Koalition simuliert nicht einmal Interesse an den Erkenntnissen und wartet ab, was der Untersuchungsausschuss nach Ende seiner Tätigkeit zu empfehlen hat. Noch bevor der laufende Ausschuss seine Feststellungen zu Papier bringt und Vorschläge unterbreitet, werden sie schon ignoriert. Die Kritik von Sachverständigen, Zivilgesellschaft, Journalisten und der UNO bleibt durch die Große Koalition zeitgleich mit einer Arroganz unkommentiert, die man Demokratieverachtung nennen kann.

Und die neue Konstruktion der parlamentarischen Bewachungskommission erzeugt nicht mal den Anschein, dass sich nach dem Inkrafttreten des neuen BND-Gesetzes etwas zum Besseren wenden könnte. Es bleibt dabei, dass alles im Geheimen besprochen und marginal geprüft wird, dass sich der Geheimdienst nur dann zu rechtfertigen hat, wenn durch die Presse etwas auffliegt. Für eine staatliche Institution, die geheim operiert und zu einem internationalen Informationsaustauschring gehört, in den parlamentarisch niemand Einblick hat, ist das kein akzeptabler Zustand. Seien wir doch mal ehrlich: Die parlamentarische Kontrolle funktioniert nur theoretisch, praktisch bleibt sie kaum vorhanden.

Ausbau der Überwachungsbefugnisse

Wer das eine Geheimdienst-„Reform“ nennt, was diesen Freitag durch den Bundestag beschlossen werden wird, macht sich geradezu lustig über jeden Zeitungsleser, der die BND-Machenschaften der letzten Jahre verfolgt, sich mit den technischen Fakten auseinandergesetzt oder Einblicke in die Operationen der Partnerdienste genommen hat. Diese „Reform“ ist ein Ausbau, und er sollte auch so benannt werden.

Wenn aber keine Beweise vorgelegt werden können, dass diesem Ausbau der Überwachungsbefugnisse und gleichzeitigem Abbau der Kontrollmöglichkeiten und Freiheitsrechte aller ein sinnvoller, effizienter, gar verhältnismäßiger Nutzen gegenübersteht, dann sollte eine Gesellschaft das ihren Volksvertretern nicht durchgehen lassen.

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18 Ergänzungen

    1. D` accord!
      Ergänzen würde ich, dass Politiker aufgrund ihres Ehrgeizes und ihres Machtstrebens nicht immer mit Ehrlichkeit und lauteren Mitteln geglänzt haben um ihre Karriereziele zu erreichen und die Geheimdienste verfügen über Insiderwissen, welches den Probanden „kooperativ“ und handzahm werden lässt, demzufolge bestimmen Angst und Erpressbarkeit des Politikers , dessen Handeln in der Causa Geheimdienst.
      Über welche Macht die Geheimdienste verfügen,zeigt das Beispiel Edathy,der sich in der NSU Affäre zu sehr gegen die Geheimdienste aufgelehnt hatte und als „Persona non grata“ geendet hat.

      Die simple, aber dennoch zutreffende Formel lautet,je größer die Fürsprache pro Geheimdienst,desto größer die Anzahl der Leichen im Keller des Parlamentariers.
      Es obliegt der investigativen Presse(sofern es die gibt),diese unheilige Allianz aufzudecken und die Fürsprecher der Geheimdienste gläsern zu machen.

      1. Die simple, aber dennoch zutreffende Formel lautet,je größer die Fürsprache pro Geheimdienst,desto größer die Anzahl der Leichen im Keller des Parlamentariers.
        Es obliegt der investigativen Presse(sofern es die gibt),diese unheilige Allianz aufzudecken.

        Hier stellt ein Simpel eine Formel auf und fordert, dass die „investigative Presse“ diese bestätigt. Dabei bezweifelt er auch noch, ob es eine „investigative Presse“ überhaupt gibt.

        1. Die Aufgabe des investigativen Journalismusses wäre es die Aufdeckung der halbseidenen Alianz zwischen Nachrichtendienst und Politik zu forcieren.
          Leider geschieht dieses zu wenig,weil es zu wenig Journalisten mit Rückgrat und „Cojones“ gibt und zu viele Hofberichterstatter.
          Wo sehen Sie einen Widerspruch in meiner Aussage.
          Das simple Formeln manchmal zutreffen können,besagt nicht,dass das man simpel gestrickt ist.,wenn ja,mag das für Sie zutreffen.
          Ihre Kritik ist tendenziös und arg Nachrichtendienst lastig,von daher nicht ernstzunehmen.
          Wenn Sie sich zum Büttel für Politiker und Nachrichtendienstler gerieren und deren Ehrenrettung betreiben wollen,dann wenden Sie sich an die „BLÖD“ Schreiberlinge,die mögen Ihre verquaste Meinung teilen.
          Ihr Anliegen ist nicht Kritik,sondern Diffamierungswunsch .

          1. >> Ihre Kritik ist tendenziös und arg Nachrichtendienst lastig <<
            Bitte mal elaboriert darstellen, was an dem Beitrag von @For simple minds only
            1. "tendenziös" sein soll
            und
            2. "arg Nachrichtendienst lastig"
            ist? Kann es sein, dass @wesendlich (generell) zu Überinterpretation neigt?

            Warum neigen Sie zu solcher Aggressivität? Haben Sie ein schweres Leben oder Leiden sie an mangelnder Aufmerksamkeit?

            Jedenfalls garantieren ihre Beiträge einigermaßen Amüsement, leider aber nur, was den Stil anbelangt. Inhaltlich haben sie wenig bis nichts zu bieten.

      2. Das gleiche befürchte ich auch im internationalen Rahmen: Die NSA/CIA wissen sicher sehr vieles über Merkel, den Dicken und den ganzen Rest…
        … inkl. der grünen Spinner… sorry, ich meine gutmeinenden Kontrollfreaks aud der Parten Die Grünen, mit ihren Drogenkonsumenten, ihren offenbar vom Sex Besessenen wenn er nur nicht ’normal‘ ist… .
        Da könnte aus den USA so manch Peinlichkeit der Presse gesteckt werden; so wie’s die beiden großen USA-Parteien ja jetzt schon gegeneinander tun. Und da „wir“ ja alles nachäffen was von dort kommt… Und wenn’s partout nix pöses gibt (soll’s ja geben), wird’s eben erfunden: die USA sind da nicht kleinlich, die haben schon mehrmals irgendwas erfunden um dann in einem mörderischen (Ufür die anderen) Krieg zu ziehen.
        .
        Nehmen wir nur mal Merkels DDR-Vergangenheit: „Ein weites Feld“… (Fontane)

  1. „Wir sollten uns nicht vormachen lassen, dass er dabei über eine wirkliche Reform abstimmt oder mehr Überwachung gegen Terrorismus hilft.“

    So lange uns die Geheimdienstbehörden widersprüchliche Darstellungen zur Terrorgefahr und ihren „Erfolgsstories“ im Kontext der Bedrohung verkaufen, sollte ihnen niemand auf den Leim gehen.

    Aktuelles Beispiel: die Causa Albakr. Anstatt die widersprüchlichen Aussagen der Behörden auch im Hinblick auf den verpatzten Zugriff vom Samstag zu hinterfragen, werden von Journalisten und Politikern Hinweise zu Tatsachen umgedeutet und Schlussfolgerungen gezogen, die nach bewährtem Muster als Rechtfertigung für mehr Überwachung und schärfere Sicherheitgesetze dienen. Das Politik und Sicherheitsbehörden im Kontext von verhinderten Terroranschlägen nicht immer ganz bei der Wahrheit bleiben ist spätestens seit dem Fall der sogenannten Sauerland-Gruppe kein Geheimnis. Diverse Medienberichte und Aussagen von Grünen+Linken PolitikerInnen legen allesamt nahe, dass der Tatverdächtige Albakr länger im Visier seiner Behörde stand als es BfV-Chef Maaßen in mehreren Interviews darstellte. Sowohl über das Bedrohungspotential des gefundenen Sprengstoffes, den mutmaßlichen IS-Bezug des Tatverdächtigen als auch die angeblichen Hinweise eines befreundeten US-Dienstes wird derzeit zumeist unkritisch in den Medien spekulert:

    https://machtelite.wordpress.com/2016/10/14/der-fall-albakr-ein-grossartiger-erfolg-der-deutschen-sicherheitsbehoerden/

  2. Staatliche Eingriffe brauchen eine Ermächtigungsgrundlage, die auf konkreten Anhaltspunkten basiert. In Deutschland leben mehr als 80 Millionen potentielle Gefährder. Weltweit beträgt die Zahl der potentiellen Gefährder mehr als sieben Milliarden. Die totale Überwachung ist alternativlos. Das BND-Gesetz ist ein wichtiger Schritt zu diesem Ziel.

  3. nach den Hochhauseinstürzen in den USA im September 2001 wurde deren
    Gheimdienstbudgets drastisch erhöht, was die Welt …….nachweislich …….sicherer…….. gemacht hat. Oder etwa nicht? (_:
    Da können die deutschen Geheimdienste natürlich nicht nachstehen, im spionieren, die Welt sicherer machen. Oder?

    Was die Welt wirklich sicherer macht, faire Verteilung der Ressourcen, widerspricht augenscheinlich der menschlichen Natur, siehe die -gewählten-
    Mehrheiten in sogenannten Demokratien.
    Ein so dermaßen unfaires ökonomisches System wie in den USA, eine, so heißt es, freie Demokratie, in der die Wähler überzeugt sind, im freiesten Land der erde zu leben.
    Wer gern lacht, was die Wahlen in den USA angeht, ist ja alles andere als schwer, findet auf titel-thesen-temperamente, einem ARD-Magazin, einen
    Beitrag zur ganz normalen WAHLFÄLSCHUNG in den USA. Hauptsächlich in den
    Repuplikanerstaaten.
    Wieso das praktisch nicht zur Sprache kommt, außer
    spät in der ARD, darüber kann man nur spekulieren………… -über die
    Qualität von Journalismus und das, was sich Demokratie nennt.

  4. Nach den Hochhauseinstürzen in den USA im September 2001 wurde deren
    Geheimdienstbudgets drastisch erhöht, was die Welt …….nachweislich …….sicherer…….. gemacht hat. Oder etwa nicht? (_:
    Da können die deutschen Geheimdienste natürlich nicht nachstehen, im spionieren, die Welt sicherer machen. Oder?

    Was die Welt wirklich sicherer macht, faire Verteilung der Ressourcen, widerspricht augenscheinlich der menschlichen Natur, siehe die -gewählten-
    Mehrheiten in den sogenannten Demokratien.
    Ein so dermaßen unfaires ökonomisches System wie in den USA, eine, so heißt es, freie Demokratie, in der die Wähler überzeugt sind, im freiesten Land der Erde zu leben.
    Wer gern lacht, was die Wahlen in den USA angeht, ist ja alles andere als schwer, findet auf titel-thesen-temperamente , einem ARD-Magazin , einen
    Beitrag zur ganz normalen WAHLFÄLSCHUNG in den USA. Hauptsächlich in den
    Repuplikanerstaaten.
    Wieso das praktisch nicht zur Sprache kommt, außer
    spät in der ARD, im US-Wahlkampf gar nicht, wie die gefakte Kandidatenkür der Demokraten(Podesta-eMails) darüber kann man nur spekulieren………… -über die Qualität von Journalismus und das, was sich Demokratie nennt.

  5. Wieso erscheint der Artikel von Constanze nicht in der FAZ ?
    (Noch) erreicht er dort mehr, die’s angeht und die „Entscheidungsträger“ sind.
    Wir hier müssen nicht überzeugt werden.

  6. Dafür, dass das Thema so wichtig ist sind aber alle Grünen- und Linken-Abgeordnete im Bundestag. :-(
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    Es ist nur erschreckend, welche Wahrnehmungen unsere Volksvertreter aus der SPD und CDU/CSU haben. Wird ein Bürger überwacht, so erfährt er es nicht und wenn doch hat er kein Klagerecht.

  7. Schei** doch darauf, lässt die BRD in die Wand fahren und geht wo anders hin,
    für was noch was machen lasst doch die Dummen Bürger ihre Suppe selbst auslöffeln.

    in der EU gibt es Länder die haben für alle was zu bieten, die nicht der BRD nach hecheln.

      1. Was ist daran unverständlich lass die Deppen ihre Suppe selbst auslöffeln,
        geh wo anders i die EU hin jedes Land hat was zu biete was mehr Digitale Freiheit hat.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.