Liebe Leser:innen,

ab 2026 sollen alle EU-Bürger:innen eine digitale Brieftasche bekommen können. Dass es mit dem Zeitplan ganz schön knapp wird, ist die eine Sache. Die sogenannte EUDI-Wallet hat aber noch ein anderes Problem: Sie ist eines dieser netzpolitischen Themen, das irgendwie alle betrifft, aber kaum eine:n zu interessieren scheint. Dabei dürften wir es am Ende alle zu spüren bekommen, wenn die Wallet da ist und es beispielsweise zur befürchteten Überidentifikation kommt. Also wenn dann alle möglichen Dienstleister und Co. uns unbedingt verifizieren möchten, auch wenn das gar nicht nötig wäre. Weils so einfach geht.

Aber woran liegts, dass wir nicht alle gebannt die neuesten Entwicklungen bei unserer künftigen digitalen Identität verfolgen? Vielleicht auch ein bisschen am sperrigen Namen, gleich ob eingedeutscht oder im englischen Original. Denn eine Brieftasche, das kann viel und auch nichts sein. Von der minimalistischen Transportverpackung fürs Kleingeld und den Perso bis zum überquellenden Portemonnaie, das voller abgelaufener Fahrscheine und schuldgefühlauslösenden alten Mitgliedskarten fürs Fitnessstudio steckt. Ich hoffe, es läuft nicht auf letzteres hinaus. Wobei ich mich dann doch gefreut habe, als ich auf der Suche nach einem Geldschein in meiner eigenen analogen Brieftasche jüngst noch einen Pfandbon fand.

Liebe Grüße

anna

Unsere Artikel des Tages

Tickermeldungen

Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.

arstechnica
Anthropic zeigt ein neues Produkt, das die Maus des Nutzers übernehmen kann. Der KI-Konzern sieht ein Missbrauchsproblem und will vor den US-Wahlen „in höchster Alarmbereitschaft“ sein. Bitte auch das Werbevideo mit der Fahrstuhlmusik angucken und sich dabei vorstellen, man wäre ein böswilliger Hacker.
DerStandard
Die neue Kampagne "Gemeinsam gegen Cyber-Gewalt" des österreichischen Netzwerks der Frauen- und Mädchenberatungsstellen will Betroffenen helfen, die Cyber-Gewalt erfahren. Im Fokus stehen Beratungsangebote und die Vermittlung technischer Kenntnisse.
heise online
Meta testet Gesichtserkennung, um Nutzerkonten wiederherzustellen und Betrug auf seinen Plattformen zu bekämpfen. Die Technologie soll unter anderem dabei helfen, falsche Profile von Prominenten schneller zu erkennen. In der EU schränken strenge Datenschutzgesetze diese Tests ein.
WIRED
Eine UN-Datenbank mit sensiblen Daten war ungeschützt im Internet zugänglich. Sie enthielt mehr als 115.000 Dateien zu Organisationen, die mit UN Women zusammenarbeiten oder von diesem UN-Organ finanziert werden.
The Guardian
Über 10.000 prominente Künstler:innen wie Björn Ulvaeus, Thom Yorke und Julianne Moore protestieren dagegen, dass mit ihren Werken unerlaubt sogenannte Künstliche Intelligenz trainiert wird. Diese "ungerechte Bedrohung" gefährde ihren Lebensunterhalt.
SRF
Was passiert mit unseren Daten, wenn wir "Alles akzeptieren" drücken? Im vierteiligen Podcast "Die Cookiefalle" führt der SRF Schritt für Schritt tiefer in den Abgrund der Werbeindustrie. In der ersten Folge geht es auch um die Xandr-Recherche von netzpolitik.org.
ABC News
Australien führt einen zunächst freiwilligen Kodex für Dating-Apps ein, um Nutzer:innen vor Übergriffen zu schützen. Dazu gehören Meldemechanismen, Inhaltemoderation und Kooperation mit Polizeibehörden.
Google Security Blog
Google testet Client-Side-Scanning für Google Messages, eine App für SMS- und verschlüsselte RCS-Nachrichten. Dabei werden Nachrichten lokal kontrolliert, um Betrugsmaschen und optional auch Nacktheit zu erkennen.
heise online
In Privatflugzeugen herumjettende Prominente über das Internet zu verfolgen, ist fast schon ein Volkssport. Auf Instagram und Threads soll damit nun Schluss sein. Meta hat zahlreiche Accounts gesperrt, die solche Flüge dokumentiert haben.
Zeit Online
Zeit Online hat einen Podcast mit dem britischen Sänger Bryan Ferry veröffentlicht. Die Folge gibt's im englischen Original und auf Deutsch mit Ferrys KI-generierter Stimme. Einer von Ferrys ersten Hits war 1973 eine Cover-Version von "These Foolish Things".
Der Standard
Google muss den Play Store und damit Android nun doch nicht weiter für alternative App-Marktplätze öffnen, zumindest vorerst. Der Konzern hat einen Aufschub gewährt bekommen. Nun könnte sich das Procedere über Jahre ziehen, wie Der Standard berichtet.
TechCrunch
Gerade bei Personen des öffentlichen Lebens will Facebook-Mutter Meta Gesichtserkennung einsetzen, und zwar zu ihrem eigenen Schutz. Auf diese Weise sollen etwa Fake-Accounts und Fake-Werbekampagnen entdeckt werden, die deren Gesichter nutzen.
Kuketz IT-Security
Was bedeutet die die ePA für Datenschutz, Datensicherheit und das Wohl von Patient:innen? In seinem Gastbeitrag für das Kuketz-Blog analysiert der betriebliche Datenschutzbeauftragte Lacrosse unter anderem Gesetze und Mediendiskurs.
404 Media
Inhalte-Moderation mit dem Gummihammer: Amazon-Tochter Twitch hat seit dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 die Einrichtung neuer Accounts aus Israel und Palästina stark eingeschränkt, wie 404 Media berichtet.
The Verge
Etwa ein Drittel der Überwachungskameras an der US-Grenze zu Mexiko ist defekt, wie The Verge berichtet. Demnach hapere es bei der Wartung. Für Fachleute ein weiteres Argument gegen teure Überwachungstechnologie.
heise online
Mehrere Bundesländer wollen Microsoft Teams oder das Cloud-Office-Paket Microsoft 365 in ihrer Verwaltung einführen. Man gebe auch dem Innovationsdruck nach, sagen die Länder. Fachleute aus Datenschutz und IT-Sicherheit sehen das kritisch.
TechCrunch
An KI-Start-ups sind im vergangenen Quartal knapp 4 Milliarden US-Dollar in mehr als 200 Finanzierungsrunden geflossen, OpenAI nicht mitgerechnet. Doch 30 Prozent der KI-Anwendungen werde es Prognosen zufolge im Jahr 2026 nicht mehr geben, berichtet TechCrunch. Eine große Hürde sei der Rechenaufwand.
heise online
Digitalgipfel, Tag 1: Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) will die Digitalisierung weiter beschleunigen. Er fordert von Parallellösungen auf "Digital Only" umzuschalten. Auch um mehr Daten zu generieren. Auch für die sogenannte Künstliche Intelligenz.

2 Ergänzungen

  1. a) Was ich nicht brauche interessiert mich nicht.
    b) Wenn mein Geldbeutel bzw. das Konto jetzt schon leer ist, wozu brauche ich dann noch eine digitale Brieftasche.
    c) Ich brauche nicht noch mehr digitale Überwachung.

  2. Wenn ich in meine Geldbörse schaue, weiß ich sofort, was ich mir gerade noch leisten kann.
    Mit Kreditkarten verliert man schnell den Überblick, und gibt mehr aus, als man sich leisten kann.

    Mit einer leeren digitalen Wallet versinke ich vor Scham an der Ladenkasse in Grund und Boden, wenn es nicht zum Bezahlen reicht.

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