Seit 2018 hatte die Stadt Passau den Klostergarten mit zehn teilweise schwenkbaren Videokameras überwacht – obwohl die Kriminalität dort rückläufig war. Weil die Polizei deswegen keine Überwachung durchführen konnte, übernahm die Stadt dies auf Grundlage des Datenschutzgesetzes, das sie zur Sicherung ihres Eigentums ermächtigt. Der Klostergarten im Stadtzentrum ist ein beliebter Treffpunkt in der Stadt, auch für Demonstrationen aller Art.
Das Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat nun die langjährige Videoüberwachung des Passauer Klostergartens für rechtswidrig erklärt. Das Gericht gab damit der Berufung eines Passauer Bürgers recht, dessen Verfahren von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt wird. In der Pressemitteilung sagt das Gericht deutlich, dass die Videoüberwachung zur Erreichung des beabsichtigten Zwecks weder erforderlich noch geeignet sei. Die Stadt Passau habe die für eine Videoüberwachung erforderliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit der sich im Klostergarten aufhaltenden Personen oder für die öffentliche Einrichtung selbst nicht nachweisen können.
Vielmehr habe die Kriminalstatistik gezeigt, dass die Videoüberwachung keine „nennenswerte Auswirkung“ auf diese gehabt habe. „Bei der dargelegten Gefahrenlage würden die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen gerade bei der Ausübung von Freizeitaktivitäten das Interesse der Stadt Passau an der Videoüberwachung überwiegen. Der Kläger werde durch die Kameras in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt“, so das Gericht weiter.
„Erfolg für Grundrechte“
„Das Urteil ist ein großartiger Erfolg gegen Überwachung und für die Grundrechte. Die Stadt Passau muss jetzt endlich die zehn im Klostergarten installierten Kameras abbauen und aufhören, die Menschen dort zu überwachen“, sagt Lea Beckmann, Rechtsanwältin und Fallkoordinatorin der GFF.
Die Stadt Passau habe mit Kanonen auf Spatzen geschossen, sagt der erfolgreiche Kläger Josef Ilsanker. „Wir sind froh, den Platz jetzt wieder nutzen zu können, ohne anlasslos und willkürlich gefilmt zu werden.“ Ilsanker hatte mit der GFF 2019 Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg erhoben. Die Berufung gegen die Entscheidung des Gerichts von 2020, die Klage als unzulässig abzuweisen, hatte nun Erfolg.
Aus Sicht der GFF ist die Entscheidung ein wichtiges Signal in Zeiten, in denen die Möglichkeiten zur Videoüberwachung in Polizei- und Versammlungsgesetzen immer mehr ausgeweitet werden. Videoüberwachung im öffentlichen Raum sei und bleibe ein intensiver Eingriff in Grundrechte, der nur unter sehr engen Bedingungen zulässig ist.
Eine Revision gegen das Urteil ist ausgeschlossen. Die Stadt Passau hat jedoch die Möglichkeit, eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht einzureichen.
53000 Menschen wohnen in Passau. Ein Bürger (Politiker der Linkspartei, Gewerkschaftsfunktionär und „examinierter Ergotherapeut“) fühlt sich von Sicherheitskameras bedroht. Was sagt das aus?
„Seit 2018 hatte die Stadt Passau den Klostergarten mit zehn teilweise schwenkbaren Videokameras überwacht – obwohl die Kriminalität dort rückläufig war“
Die Passauer warten gespannt auf das Ansteigen der Kriminalität nach Abbau der Sicherheitskameras.
„Vielmehr habe die Kriminalstatistik gezeigt, dass die Videoüberwachung keine „nennenswerte Auswirkung“ auf diese gehabt habe.“
1. Unzutreffend. Viele ansatzweise konfliktträchtige Situationen lassen sich deeskalieren mit dem dezenten Deuten auf in der Nähe befindliche Sicherheitskameras.
2. Völlig außer Acht lässt die zitierte Betrachtung die massiv erhöhte Wahrscheinlichkeit auf einen Ermittlungserfolg im Falle der nachträglichen Auswertung gesicherter Bilder von Sicherheitskameras an Tatorten sowie Identifizierung und Strafverfolgung von Tätern und daraus resultierend effektive Spezialprävention diese überführten Täter betreffend.
Bürgermehrheit:
„1. Unzutreffend. Viele ansatzweise konfliktträchtige Situationen lassen sich deeskalieren mit dem dezenten Deuten auf in der Nähe befindliche Sicherheitskameras.“
Wenn das stimmte, setzte dies nicht-affektiv-gesteuertes Täterhandeln voraus. Ein Vergewaltiger, der im Park ein Opfer sucht, wird sich durch erhobene Zeigefinger desselben oder durch einen Hinweis auf eine Kamera nicht von der Tat abhalten lassen. Der Trieb wird stärker sein. Selbst wenn er die Kameras sieht und diese den Täter abschrecken, wird er für sein Vorhaben einen anderen Ort suchen. Das Problem würde also nur verlagert. Vgl. 2:
„2. Völlig außer Acht lässt die zitierte Betrachtung die massiv erhöhte Wahrscheinlichkeit auf einen Ermittlungserfolg“
Auch dieses Argument ist nicht schlüssig (vgl. 1), denn es werden wie gesagt nur Probleme an andere Orte verschoben. Das wissen wir z. B. vom Drogenhandel. Sie müssten alle Orte überwachen, weil hypothetisch an jedem Platz irgendeine Straftat passieren kann. Eine Totalüberwachung ist weder durchführbar noch aus vielerlei Gründen erwünscht.
Sicherheit und Kriminalprävention lassen sich nicht allein durch Technik und rigides Überwachen fördern, sondern weitaus besser durch Aufklärung, Prävention, mehr Personal, gesellschaftspolitische Ansätze etc. Alles andere ist äußerst eindimensional gedacht und schadet unserer Gesellschaft weitaus mehr als dass es ihr nützt.