Privatsphäre ist ein Luxus, der in Deutschland nur für bestimmte Menschen gilt. Nicht dazu gehören Ausländer:innen, die keine Papiere vorweisen können. Seit dem 1. August 2015 dürfen Ausländerbehörden die Handys, Laptops und sonstigen Geräte dieser Menschen beschlagnahmen und durchsuchen, wenn sie sich davon Rückschlüsse auf ihre Identität oder Staatsangehörigkeit erhoffen. Grundlage dafür ist ein Paragraf im Aufenthaltsgesetz zu den „Ausweisrechtlichen Pflichten“. Betroffen sind vor allem Personen, die in Deutschland nur geduldet sind. In der Regel geht es darum abzuschätzen, ob und wohin sie abgeschoben werden können.
Der Paragraf ist lang, verklausuliert und stattet die Behörden mit viel Macht aus. In der Praxis bedeutet er: Die Behörde kann von jeder Person ohne Papiere all ihre Datenträger verlangen – vom Smartphone bis zur externen Festplatte. Auch Zugangsdaten müssen herausgegeben werden. Wer nicht mitspielt, darf im Zweifel durchsucht werden.
Selbst dem Bundesrat ging das damals bei den Beratungen zum Gesetz zu weit: Er zweifelte an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Sogar für mutmaßliche Straftäter:innen müsse schließlich erst ein Richter oder eine Richterin genehmigen, dass Geräte auf diese Weise durchsucht werden, so die Argumentation des Rates. „Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb das Schutzniveau für Ausländerinnen und Ausländer geringer sein soll als für Beschuldigte im Strafverfahren.“
Mehr als 90 Telefone
Die Bedenken wiederum sind gut nachvollziehbar. Schließlich geht es um einen massiven Eingriff in die Privatsphäre einer anderen Person. Vom Periodentracking und der Gebetsapp bis zum Liebesleben und dem Austausch mit dem Anwalt: Auf dem eigenen Smartphone findet heute fast jede Facette des eigenen Privatlebens statt.
Doch die Berliner Ausländerbehörde hält sich an solchen Fragen nicht auf. Seit Einführung des Gesetzes hat sie bereits mehr als 90 Mal die Geräte von Ausländer:innen ohne Papiere durchsucht. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Niklas Schrader an den Berliner Senat hervor. Allein in den vergangenen zwei Jahren durchsuchte sie mehr als 50 Geräte.
In mehr als 30 Fällen hat die Behörde dabei Handys durchsucht, zu denen die Betroffenen keine Zugangsdaten ausgehändigt haben. In solchen Situationen erlaubt das Gesetz, bei den Telekommunikationsanbietern die Zugangsdaten anzufordern. Anbieter wie die Telekom oder Vodafone müssten dann zum Beispiel den PIN-Code zum Entsperren der SIM-Karte herausgeben. Ein Richtervorbehalt ist auch dafür nicht notwendig.
Handys knacken mit Profi-Werkzeug
Bisher sind in Berlin keine betroffenen Personen bekannt, niemand kann die Abläufe aus dieser Sicht schildern. In welcher Situation werden Handys eingezogen? Werden Betroffene tatsächlich durchsucht oder legen sie ihre Geräte freiwillig auf den Tisch?
Klar ist aber: Um ein modernes Smartphone zu durchsuchen, braucht man mehr als den Zugang zur SIM-Karte. Viele Nutzer:innen sichern ihre Geräte mit Zahlencodes, Passwörtern oder ihrem Fingerabdruck. Wer durch Bilder, Telefonbucheinträge und Chatnachrichten stöbern will, um darin nach Anhaltspunkten für eine Identität zu suchen, braucht diesen Zugang – oder eine technische Möglichkeit, um die Sicherung zu umgehen.
Was macht die Behörde, wenn Personen ihre Zugangsdaten nicht nennen, gesetzliche Pflicht zur Mitwirkung hin oder her?
Die größte Überraschung in der Auskunft aus Berlin ist diese: Die Berliner Behörde hat technisch nachgerüstet. Seit Anfang 2020 verwendet sie eine Software der israelischen Firma Cellebrite, um Zugang zu den Geräten zu bekommen, schreibt der Senat. Um welches Produkt es sich genau handelt, hat ein Sprecher auf Rückfrage nicht beantwortet.
In jedem Fall ist das eine neue Stufe der Eskalation. Bislang nutzen in Deutschland vor allem Polizeibehörden und Geheimdienste solche professionellen Forensik-Werkzeuge, um damit Handys zu knacken. In der Regel geht es dabei um die Verfolgung von schweren Straftaten.
Bemerkenswert ist auch, dass das Berliner Landesamt für Einwanderung, wie die Ausländerbehörde offiziell heißt, die Software nicht selbst gekauft hat. „Die Polizei Berlin hat die Geräte und die Softwarelizenzen im Auftrag des Landesamts für Einwanderung gegen Kostenerstattung erworben“, heißt es dazu. Für zwei Computer und die Software seien „bisher Kosten in Höhe von 17.773,64 € entstanden“.
Ob die Polizei in Berlin selbst Software von Cellebrite nutzt, ist bisher nicht bekannt. In einem Abschlussbericht zu Ermittlungen in einer Anschlagsserie in Berlin-Neukölln waren entsprechende Namen und Passagen geschwärzt.
Messenger, Anrufe, Fotos: Die Behörde darf stöbern
Bis mindestens 2018 hat das Landesamt für Einwanderung die Spurensicherung dagegen in Handarbeit verrichtet. Das wurde durch die Antwort auf eine frühere Anfrage von Schrader bekannt. Mitarbeiter:innen entsperrten die Geräte und schauten sich darauf nach Hinweisen um. Scrollten durchs Telefonbuch, sichteten Anrufe und Chatnachrichten, blätterten durch Fotos.
Einzige Voraussetzung: ein juristisches Staatsexamen. So soll laut Senat sichergestellt werden, dass die Einschränkung im Gesetz auch eingehalten wird. Gibt es nämlich Grund zur Annahme, dass durch die Auswertung „ausschließlich Erkenntnisse aus dem Kernbereich der privaten Lebensführung erlangt würden“, wäre das Auslesen der Daten unzulässig.
Weil auf einem Smartphones aber nicht ausschließlich Intimes gespeichert ist, sondern auch Rufnummern, die Erkenntnisse über das Herkunftsland bieten könnten, sei das Auslesen zulässig, argumentierte der Senat in der Vergangenheit. “Soweit sich hieraus Informationen ergeben, die für die Identitätsklärung genutzt werden können, und nur soweit diese konkreten Informationen nicht den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, werden die Informationen in einem Vermerk notiert,“ heißt es in der neuen Antwort des Senats.
Ulf Buermeyer von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), einem Verein für strategische Prozessführung, hält die Formulierung allerdings für eine juristische Leerformel. Da kein Gerät ausschließlich intime Informationen enthalte, sei damit im Grunde jeder Zugriff gerechtfertigt. Dafür reiche es schon, wenn auf einem Telefon auch die Fußballergebnisse der letzten Woche zu finden seien.
Unklare Hoffnungen
Der Berliner Rechtsanwalt Matthias Lehnert, der sich auf Migrationsrecht spezialisiert hat, hält die Praxis der Behörden für vermutlich verfassungswidrig. „Wenn jemand ohne Eingrenzung auf dem ganzen Handy herumstöbern kann und die Chats liest, dann geht das gar nicht,“ sagt er. Lehnert betreut das Thema auch im Auftrag der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Es geht dabei um die Verhältnismäßigkeit, sagt er. Eine solche Handydurchsuchung sei ein sehr weitreichender Eingriff in die Privatsphäre, weil auf den Geräten so viele private Daten liegen. Da müsse der Zweck die Maßnahme schon rechtfertigen.
Zugleich bezweifelt er, dass die Durchsuchungen überhaupt etwas bringen. Daten können immer nur Indizien sein, kein Beweis für eine Herkunft. Und Staaten, die ihre mutmaßlichen Bürger:innen wegen fehlender Papiere nicht zurücknehmen wollen, würden sich auch von einer Handyauswertung vermutlich nicht beeindrucken lassen. „Mit so einer Recherche kann man ja nicht Papiere besorgen. Deswegen frage ich mich, was die Behörde sich davon erhofft.“
Außerdem hätten Ausländerbehörden meist mit Menschen zu tun, die schon mehrere Jahre mit einer Duldung in Deutschland leben und nun abgeschoben werden sollen. „In diesen Fällen ist es noch viel schwieriger, über das Handy Rückschlüsse auf das Herkunftsland zu ziehen.“ Das Bundesamt für Migration durchsucht ebenfalls die Handys von Menschen ohne Papiere, dabei geht es aber um Asylsuchende, die gerade eingereist sind.
Tatsächlich ist die Erfolgsquote der Maßnahmen sehr überschaubar. 64 Mal wurden Mobiltelefone in den Jahren 2018 bis 2021 laut Senat durchsucht. Nur in 6 Fällen konnte darüber eine Identität oder Staatsangehörigkeit festgestellt werden. In den Jahren zuvor wurde darüber nicht Buch geführt.
Niklas Schrader, der für die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt und die Anfrage an den Senat gestellt hat, nennt die Praxis entwürdigend und unverhältnismäßig. „Die Zahlen demonstrieren sehr gut, wie ungeeignet dieses Instrument für die Klärung der aufenthaltsrechlichen Situation ist.“ Er fordert, die Regelung aus dem Aufenthaltsgesetz zu streichen.
Handy-Auswertung: Berliner Ausländerbehörde durchsuchte die Telefone von 40 Menschen ohne Papiere
Senat: „Gesetzlich zulässiger Eingriff“
Und der Senat selbst? Auf die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Eingriffe heißt es von dort: „Dem Senat ist bewusst, dass es sich bei der Auswertung von Datenträgern um sensible Vorgänge handelt, die den Kernbereich der informationellen Selbstbestimmung der Betroffenen tangieren.“ Allerdings gehe es dabei nur um wenige ausreisepflichtige Personen, die nicht so bei der Feststellung ihrer Identität mitgewirkt hätten, wie es das Gesetz vorschreibt und bei denen „mildere Mittel“ nicht halfen.
„Der Senat hält in diesen Fällen die gesetzlich zulässigen Eingriffe in die Grundrechte der Betroffenen für verhältnismäßig, um dem legitimen Zweck der Identitätsfeststellung und der Feststellung der Staatsangehörigkeit zu genügen.“
Die Berliner Datenschutzbehörde ist für die Aufsicht über das Landesamt zuständig. Nachdem in einer früheren Recherche bekannt geworden war, wie das Amt Handys durchsucht, bat netzpolitik.org die Behörde um eine juristische Einschätzung. Mehr als ein Jahr später kam die Antwort: Die Durchsuchungen seien „datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden, da die Ausländerbehörde nach den uns vorliegenden Informationen gemäß der gesetzlichen Vorgaben handelt.“ Ob die Vorschrift im Aufenthaltsgesetz verfassungskonform sei, sei eine andere Frage – aber dafür sei man nicht in Berlin zuständig. Damals setzte das Landesamt allerdings noch keine Forensik-Werkzeuge für die Durchsuchung ein.
Ihr habt Informationen über den Umgang der Ausländerbehörden mit Daten und Geräten oder seid selbst davon betroffen? Hier könnt ihr uns schreiben.
Korrektur: Wir haben den letzten Abschnitt ergänzt, um deutlich zu machen, dass sich die Aussage der Datenschutzbehörde auf den Stand der Erkenntnisse aus dem Jahr 2019 bezieht.
Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport
Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) und Frau Abgeordnete Elif Eralp (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen –
Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 19/11 976 vom 25. Mai 2022 über Zugriff auf private Datenträger durch das Landesamt für Einwanderung (2018 -2022)
Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:
1. Wie oft hat die Ausländerbehörde bzw. das Landesamt für Einwanderung seit dem 1. Januar 2018 nach § 48 Abs. 3 AufenthG Personen dazu aufgefordert, Datenträger vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen, die für die Feststellung ihrer Identität und Staatsangehörigkeit und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sein könnten? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln.)
2. In wie vielen dieser Fälle wurden Datenträger tatsächlich ausgewertet?
Zu 1. und 2.:
2018
Anzahl Einzug Datenträger 10
Anzahl Auswertung Datenträger 10
2019
Anzahl Einzug Datenträger 2
Anzahl Auswertung Datenträger 2
2020
Anzahl Einzug Datenträger 41
Anzahl Auswertung Datenträger 40
2021
Anzahl Einzug Datenträger13
Anzahl Auswertung Datenträger 12
gesamt
Anzahl Einzug Datenträger 66
Anzahl Auswertung Datenträger 64
Die Differenz zwischen Einzug und Auswertung der Datenträger beruhte 2020 auf dem Umstand, dass ein Betroffener seine Identität offenlegte und eine Auswertung nicht mehr erforderlich war. 2021 war in einem Fall die Auswertung technisch nicht möglich.
3. Welche Arten von Datenträgern wurden ausgewertet? (Bitte jeweils aufschlüsseln, nach Mobiltelefonen, Tablets, Laptops, USB-Sticks etc.)
Zu 3.:
Durch das Landesamt für Einwanderung wurden ausschließlich Mobiltelefone eingezogen und ausgewertet.
4. Wurden Datenträger ausgewertet, zu denen Betroffene keine Zugangsdaten zur Verfügung stellten? Wenn ja, wie oft?
5. Wie oft und bei welchen Providern wurden dafür Zugangsdaten angefordert?
Zu 4. und 5.:
Das Landesamt für Einwanderung wertete auch Datenträger aus, zu denen die Betroffenen keine Zugangsdaten zur Verfügung stellten. Die Zahl der Fälle ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. In jedem dieser Fälle wurde ein Auskunftsverlangen an den Telekommunikationsdienstleister gestellt, § 48a AufenthG. Es wird statistisch nicht erfasst, bei welchem Provider angefragt wird.
2018
6 (Im Jahr 2018 erfolgte noch keine vollständige statistische Erfassung.)
2019
0
2020
17
2021
7
6. Auf welche Weise erfolgt derzeit das Auslesen der Geräte und auf welche Weise wird dabei sichergestellt, dass keine Informationen sichtbar werden, die den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung betreffen?
Zu 6.:
Die Auswertung der Daten erfolgt durch Volljuristinnen und Volljuristen des Landesamts für Einwanderung. Soweit sich hieraus Informationen ergeben, die für die Identitätsklärung genutzt werden können, und nur soweit diese konkreten Informationen nicht den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, werden die Informationen in einem Vermerk notiert.
7. In wie vielen der unter 1. genannten Fälle
a. war das Auslesen der Datenträger notwendig zur eindeutigen Klärung der Identität oder Staatsangehörigkeit der Betroffenen,
b. führte es zu keinem eindeutigen Ergebnis und
c. in wie vielen Fällen scheiterte die Datenträgerauslesung technisch?
Zu 7.:
a) Gemäß § 48 Abs. 3a AufenthG ist die Auswertung von Datenträgern nur zulässig, soweit dies für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat nach Maßgabe von Absatz 3 erforderlich ist und der Zweck der Maßnahme nicht durch mildere Mittel erreicht werden kann. In Anwendung der gesetzlichen Vorgabe war das Auslesen der Datenträger in allen Fällen zur eindeutigen Klärung der Identität oder Staatsangehörigkeit des Betroffenen notwendig.
b) Es sind 58 Fälle erfasst, in denen die Auswertung zu keinem eindeutigen Ergebnis führte.
c) Es ist ein Fall erfasst, in dem die Auswertung technisch nicht möglich war.
8. In wie vielen Fällen hat das Auslesen eines Geräts dazu beigetragen, die
a. Identität und/oder
b. Staatsangehörigkeit
der betroffenen Person festzustellen? (Bitte jeweils aufschlüsseln.)
Zu 8. a) und b):
In insgesamt 6 der unter 1. und 2. genannten Fälle hat das Auslesen des Geräts dazu beigetragen, die Identität und/oder die Staatsangehörigkeit der betroffenen Person festzustellen. Eine Differenzierung nach Identität und/oder Staatsangehörigkeit im Sinne der Fragestellung erfolgt bei der Erfassung nicht.
9. In wie vielen Fällen ergab sich eine Bestätigung der von den Betroffenen gemachten Angaben und in wie vielen ein Widerspruch?
Zu 9.:
Eine statistische Erfassung hierzu erfolgt nicht.
10. Welchen aufenthaltsrechtlichen Status hatten die in Frage 1. genannten betroffenen Personen jeweils?
11. In wie vielen der unter 1. genannten Fälle führten die Erkenntnisse aus dem Auslesen der Datenträger zu einer Neubeurteilung der aufenthaltsrechtlichen Situation? In wie vielen Fällen davon zu einer Beendigung der Aufenthaltsberechtigung?
Zu 10. und 11.:
Die Betroffenen waren zum Zeitpunkt der Datenträgerauswertung vollziehbar ausreisepflichtig. Durch das Auswerten der Datenträger kam es in keinem Fall zu einer Neubeurteilung der aufenthaltsrechtlichen Situation.
12. Nach § 48 Abs. 3a des Aufenthaltsgesetzes dürfen Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch die Auswertung von Datenträgern erlangt werden, nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist aktenkundig zu machen. Wie oft sind seit dem 1. Januar 2018 bei der Auswertung von Datenträgern Erkenntnisse aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung erlangt und wieder gelöscht worden?
Zu 12.:
Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Daten, die den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung betreffen, werden nicht zur Akte genommen. Dementsprechend müssen auch keine Daten aus der Akte gelöscht werden.
13. Welche Software (bitte Hersteller und Produkt nennen) kommt bei den in Frage 1 genannten Maßnahmen seit wann zum Einsatz?
Zu 13.:
Seit Januar 2020 verwendet das Landesamt für Einwanderung die Software Cellebrite.
14. Welche Kosten sind seit 2018 durch das Auslesen der Daten und den Einkauf und die Pflege möglicher Soft- und Hardware entstanden (bitte jeweils aufschlüsseln) und welche Stelle hat die Lizenz für das Produkt bzw. die Produkte erworben?
Zu 14.:
Für den Erwerb von zwei Computern und der Software der Firma Cellebrite sind bisher Kosten in Höhe von 17.773,64 € entstanden. Die Polizei Berlin hat die Geräte und die Softwarelizenzen im Auftrag des Landesamts für Einwanderung gegen Kostenerstattung erworben.
15. Inwieweit finden Schulungen des Personals zur Anwendung der Software statt und ist dies in den Verträgen mit dem Hersteller vorgesehen?
Zu 15.:
Die Mitarbeitenden werden durch die Führungskräfte des Landesamts für Einwanderung in der Anwendung der Software geschult. Eine Schulung durch den Hersteller ist vertraglich nicht vorgesehen und auch nicht erforderlich.
16. Wie bewertet der Senat die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe in das Grundrecht von Integrität und Vertraulichkeit von informationstechnischen Systemen sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Anbetracht des hohen Anteils unbrauchbarer Prüfberichte und gering einzuschätzender Zuverlässigkeit der ausgelesenen Daten?
Zu 16.:
Dem Senat ist bewusst, dass es sich bei der Auswertung von Datenträgern um sensible Vorgänge handelt, die den Kernbereich der informationellen Selbstbestimmung der Betroffenen tangieren. Das Auslesen der Datenträger erfolgt unter Beachtung der hohen Maßstäbe des § 48 Abs. 3a AufenthG nur bei dem sehr geringen Anteil der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen, die entgegen ihrer Verpflichtung gemäß § 48 Abs. 3 AufenthG bis zu diesem Zeitpunkt nicht oder nicht ausreichend an der Feststellung ihrer Identität und ihrer Staatsangehörigkeit mitgewirkt haben und bei denen die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit nicht durch mildere Mittel erreicht werden kann. Der Senat hält in diesen Fällen die gesetzlich zulässigen Eingriffe in die Grundrechte der Betroffenen für verhältnismäßig, um dem legitimen Zweck der Identitätsfeststellung und der Feststellung der Staatsangehörigkeit zu genügen.
Berlin, den 8. Juni 2022
„all ihre Datenträger“
Hallo Kernbereich?
„Auch Zugangsdaten müssen herausgegeben werden.“
Hallo Selbstbelastung?