Digitale-Dienste-GesetzEU könnte anonyme Uploads auf Pornoseiten verbieten

Wer Aufnahmen auf Pornoplattformen verbreiten will, soll künftig E-Mail-Adresse und Handynummer herausrücken. Das verlangt ein Vorschlag der Grünen im EU-Parlament. Nächste Woche stimmt das EU-Parlament darüber ab.

Eine Person am Laptop mit Handy in der Hand, das Logo von xHamster
Wer Inhalte auf Pornoseiten verbreiten möchte, muss vielleicht künftig eine Handynummer herausrücken. (Symbolbild) – Alle Rechte vorbehalten Screenshot: xhamster.com, Person: Pixabay/ Firmbee

Plattformen wie Pornhub und xHamster haben in Europa viele Millionen regelmäßige Nutzer:innen. Dort können sie nicht nur pornographische Inhalte sehen, sondern auch hochladen. Lange Zeit war das bei vielen Plattform anonym möglich. Doch im Kampf gegen bildbasierte sexualisierte Gewalt könnte der Upload auf Pornoseiten bald nur noch mit Handy-Registrierung erlaubt sein. Handynummern lassen sich in Deutschland über die Provider Klarnamen zuordnen.

Entschieden werden soll das in einem neuen EU-Gesetz, das große Plattformen im Netz umfassend regeln soll: das Digitale-Dienste-Gesetz. Der Vorschlag der EU-Kommission für die Verordnung schafft Regeln für den Umgang mit illegalen Inhalten im Netz, besonders strenge Auflagen soll es für sehr große Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzer:innen oder mehr als 100.000 Geschäftskund:innen in der EU schaffen. Zu diesen dürften vermutlich auch die größten Porno-Plattformen gehören.

Das EU-Parlament könnte allerdings noch eins draufsetzen und einen eigenen Paragraphen nur für Pornoseiten schaffen. Wer dort etwas hochladen wolle, müsse sich mit E-Mail-Adresse und Handynummer registrieren, heißt es in einem Ergänzungsantrag zu dem Gesetz, über den kommende Woche abgestimmt werden soll. Eingebracht hat ihn die deutsche Abgeordnete Alexandra Geese gemeinsam mit Fraktionskolleg:innen der Grünen und der liberalen Fraktion Renew.

„Revenge Porn und andere Formen bildbasierter sexualisierter Gewalt sind ein abscheuliches lukratives Geschäft für viele Porno-Plattformen geworden“, klagt Geese. Unter „Revenge Porn“ werden Bilder oder Videos mit Nacktaufnahmen verstanden, die als Gewaltakt ohne Zustimmung der betroffenen Person veröffentlicht werden. Viele Betroffenen lehnen den Begriff ab, weil er die Perspektive der Täter:innen einnimmt.

„Balance zwischen Opferschutz, Prävention und Freiheiten“

Der Änderungsantrag würde generell das Vorgehen gegen illegale Uploads auf Pornoseiten erleichtern, etwa heimlich aufgenommene Videos aus Toiletten oder Aufnahmen von Minderjährigen. Geese betont, sie verstehe sich als feministische Netzpolitikerin und habe es sich beim Schreiben des Vorschlags nicht leicht gemacht. Der vorgeschlagene Artikel schaffe „eine Balance zwischen Opferschutz, Prävention und der Erhaltung grundrechtlicher Freiheiten“.

Die Grünen-Abgeordnete Alexandra Geese
Alexandra Geese im EU-Parlament - Alle Rechte vorbehalten European Union 2020 - Source : EP

Pornoplattformen werden laut dem Vorschlag verpflichtet, künftig professionelle, menschliche Content-Moderator:innen einsetzen. Diese sollen spezielles Training erhalten, um Bilder von sexuellem Missbrauch zu erkennen. Im Jahr 2020 hat etwa das VICE-Magazin aufgedeckt, dass xHamster für die Überprüfung von Foto-Uploads unter anderem Freiwillige einsetzte, die für ihre Arbeit kein Geld erhielten.

Der Vorschlag der Grünen soll außerdem den Beschwerdeweg für Betroffene erleichtern, deren Aufnahmen sich ungewollt im Netz wiederfinden. Wenn Betroffene solche Inhalte meldeten und ihre Identität augenscheinlich belegt sei, dann solle die Plattform die Bilder oder Videos „unverzüglich“ sperren, heißt es in dem Antrag. In einem früheren Entwurf (dem Antrag 1521) hatten Geese und ihre Fraktion eine 48-Stunden-Frist gefordert, diese aber nach Kritik gestrichen.

Warnung vor „Klarnamenpflicht durch die Hintertür“

Einige Abgeordnete halten Geeses Entwurf weiter für problematisch. Sie werde sich „in der Abwägung enthalten müssen“, sagt etwa die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn zu netzpolitik.org, da „die Accountauthentifizierung mit einer Telefonnummer letzten Endes einer Klarnamenpflicht durch die Hintertür entspricht.“ Einen solchen Grundrechtseingriff lehne sie ab, außerdem beschränke der Vorschlag das „Recht auf Anonymität von Sexarbeiter:innen“.

Deutschlands meistbesuchte Pornoseiten, Pornhub und xHamster, erlauben bereits jetzt keine anonymen Uploads mehr. Dort müssen sich Uploader:innen allerdings nicht per Telefonnummer verifizieren, sondern Fotos von sich mit einem Ausweis hochladen.

Für den von den Grünen vorgeschlagenen Änderungsantrag wird es knapp. Unterstützen wollen ihn neben den Grünen auch Abgeordnete der Sozialdemokraten und Linken. Heimliche Aufnahmen in Umkleiden oder auf Festivaltoiletten seien für die Betroffenen traumatisierend und müssten durch konsequente Nachverfolgung verhindert werden, sagt der Ko-Fraktionschef der Linken, Martin Schirdewan. Auf Plattformen wie Facebook und Twitter trete er für das Prinzip der Anonymität ein, nach „reiflicher Überlegung“ spreche er sich bei pornographischen Seiten aber dafür aus, den Opferschutz an erste Stelle zu setzen.

Wie andere Fraktionen abstimmen werden, ist noch unklar. Entscheiden dürfte sich dann am Anfang kommender Woche, ob das EU-Parlament in Verhandlungen mit der Kommission und den EU-Staaten dafür eintreten wird, dass Pornos künftig nicht mehr einfach anonym hochgeladen werden dürfen.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

16 Ergänzungen

  1. Es ist doch dsa gleiche Problem wie immer: Die Pornoseiten haben ein finanzielles Interesse daran, die Identifikationspflicht nicht durchzusetzen. Die Uploader haben auch nichts von der Identifikation. Und am Ende müssen irgendwelche „geschulten“ Moderator:innen konsensuelle Fetischvideos von illegalen Gewaltakten unterscheiden. Wie irgendjemand glauben kann, das bringe etwas, ist mir unklar.

    1. Ist das so ein Verlust?

      Rough Sex ist ja auch ohne Vergewaltigung und in einem nichtspielfilmhaften Kontext einbettbar, für ein Beispiel.

      Die Frage ist allerdings vielleicht auch eher, wo der Graubereich dann hinwandert, und was dann passiert.

      Ach so, und technisch gesehen ist natürlich die Exponierung gegenüber dem Anbieter auch schlecht. Falls kulturell was wertvoll dran war, ist das eben jetzt wohl tot.

    2. „Die Uploader haben auch nichts von der Identifikation.“

      Was ist mit Geld? Der TKP bei den Seiten ist halt einfach 15 bis 20 mal höher als bei YouTube.

  2. das ganze an die Handynummer zu binden ist ja eine nette idee läst sich aber viel zu leicht umgehen.

  3. Vielleicht das Moderationsproblem aller solcher Plattformen, zunächst die ohne Porno, LÖSEN?

    Was machen die Problemlösungsexperten dieses Planeten eigentlich den ganzen lieben Tag lang? Oder sind da gar keine….

  4. Das Problem ist doch, dass es nicht darum geht, eigene persönliche Darstellungen von Uploadern zu reglementieren. Übergriffigkeit und Missbrauch ist doch dann gegeben, wenn es sich um sexualisierte Darstellungen anderer geht. Und davon muss man regelmäßig ausgehen, denn wer gibt schon auf Anfrage freiwillig seine Einwilligung dazu.

    Ich halte es als eine völlig fehlgeleitete Debatte, wenn man in diesem Bereich, zumal wenn es sich um kommerzielle Interessen handelt, mit dem Argument der freien Meinungsäußerung hantiert, zumal in diesem besonderen Bereich nicht selten auch ein strafrechtlicher Bezug zum Schaden anderer gegeben sein dürfte.

    Wenn kommerzielle Plattformen ihre Gewinne erzielen, wenn User strafrechtlich relevante Handlungen vornehmen, dann ist eine Grenze überschritten, die sanktioniert werden muss. Es ist gesellschaftspolitisch richtig und angemessen, diesen Bereich zu reglementieren.

    Und es ist gleichzeitig erforderlich, die freie Meinungsäußerung, die immer innerhalb eines gesetzlichen Rahmens stattfindet, engagiert gegen Angriffe zu verteidigen. Persönliche Kommunikation muss weiterhin stets auch anonym und verschlüsselt möglich sein, ohne Kontrollen und Vorratsspeichern. Dass persönliche Kommunikation zunehmend über kommerzielle Plattformen stattfindet, ist eine Fehlentwicklung, die es zu korrigieren gilt.

  5. Bitte hört auf, das evangelikale Narrativ der „Sexualisierung“ zu verbreiten. Der Mensch ist ein sexuelles Wesen (wer das bestreitet, möge sich die Zugriffszahlen der entspr. Plattformen ansehen), da gibt es nichts zu -isieren.

  6. a sagt: „Bitte hört auf, das evangelikale Narrativ der „Sexualisierung“ zu verbreiten. Der Mensch ist ein sexuelles Wesen (wer das bestreitet, möge sich die Zugriffszahlen der entspr. Plattformen ansehen), da gibt es nichts zu -isieren.“

    Welche Aussagekraft haben Zugriffszahlen auf Plattformen überhaupt? Sind sie geeignet dazu, den Mensch als ein wie auch immer geartetes Wesen zu definieren? Wie werden Zugriffszahlen gemessen und zu welchem Zweck?

    Der Begriff „Sexualisierung“ bedeutet, dass Sexualität zu einem Zweck instrumentalisiert wird. Es kommt also auf den Zweck an, bzw. auf die „Verzweckung“.

    Die Verbreitung von Darstellungen mit sexuellem Inhalt zu kommerziellen Zwecken ,und die Verbreitung sexueller Darstellungen zum Zweck der Traumatisierung anderer Menschen, sind zu unterscheiden von praktizierter Sexualität in einvernehmlichem Kontext zum gegenseitigen Wohlgefallen.

    Dass Sexualität für Evangelikale ein Reizthema darstellt, mag man bewerten wie man will, aber der Begriff „Sexualisierung“ wird nicht dadurch zum „evangelikalen Narrativ“, dass Evangelikale Sexualität für ihre Interessen instrumentalisieren. Evangelikale sexualisieren also Sexualität. Aber dadurch wird der Begriff „Sexualisierung“ nicht zu einem Narrativ dieser Interessengruppe.

    1. Dass die Sexualität nicht einvernehmlich war, kann ich schon recht gut an dem Wort „Gewalt“ erkennen, ohne irgendwas zu -isieren. Das Attribut „sexuell“ beschreibt näher, um welche Form der Gewalt es sich handelt. Dass man hiermit Einvernehmlichkeit suggeriert, wäre mir neu. Ich finde, Sprache muss logisch bleiben.

      1. Naja, was wiederum ein bischen an der Gewaltdefinition und Darstellung hängt.

        Nachgestellte Vergewaltigung gibt es auch im Spielfilm, hat aber bei anonymem Upload ohne haftende „Produktionsfirma“, eventuell noch in Verbindung mit einer Story oder „Studie“, meiner Meinung nach nichts zu suchen. Es gibt aber so einige Menschen die rauheren Sex mögen (u.a. Stichwort Spanking), wo in der Kombination aus Sex und vereinbarter, im Übrigen nicht beliebiger und mit Kodeworten unterbindbarer, (relativer) Gewalt, nicht nur pathologischen Mustern nachgeeifert wird. Was „realistische“ Unterwerfung, Unterdrückung und Gewalt betrifft, habe ich kein Problem mit deren Entfernung. Wer eine Szenenstudie anfertigen will, muss das eben dazu schreiben oder mit Kontext produzieren, oder es wird gelöscht.

        1. Würde Gewalt mal wieder verboten, wären irgendwie 90% Film- und Gamingmarkt kartätscht (90% Umsatz, Zahl geraten).

  7. Eine Klarnamenpflicht durch die Hintertür, wie die FDP sie befürchtet, sehe ich hier nicht. Schließlich ist der Klarname ausschließlich der Plattform bekannt, nach außen darf weiterhin mit einem Pseudonym aufgetreten werden.

    1. Öhm,

      kontextbezogen ist genau das die Klarnamenpflicht: der Plattform ist der Klarname oder ein daraufhinführendes Detail bekannt. Nach Außen hin pseudonym ist noch die schwächere bzw. bessere Variante, ändert aber an dem Umstand der Pflicht nichts.

      Eine allgemeine Klarnamenpflicht ist schließlich nichts anderes, als dass alle Plattformen jew. für sich die Klarnamen bzw. dahinführenden Details wie Telefonnummer speichern sollen. Denn was sind die Probleme der Klarnamenpflicht (zufällige Auswahl):
      1. Staat kommt dran, wenn mal politische Gegner verfolgt werden sollen.
      2. Plattform wertet Daten aus und verkauft sie. Mit Klarnamen sind die Daten noch mehr wert.
      3. Dritte bis Fünfte + Neider… (das ist mit Pseudonym z.T. ausgeräumt, es sei denn Datenverkauf passierte mit Klarnamen, was vermutl. i.d.R. illegal wäre).
      4. „wäre“: Daten die dort sind, sind dann auch schnell mal woanders. Dann also mir Klarnamen im Netz… na Danke!

      Einig sind wir uns vielleicht dabei, dass „Klarnamenpflicht durch die Hintertür“ nicht so ganz zutrifft, denn:
      1. Es ist durch die Vordertür.
      2. Klarnamenpflicht für einen eingegrenzten Bereich.
      3. Hintertür wird es erst durch die Erweiterung mittels Verweis auf den Erfolg o.ä. Das ist aber dann eher eine Demagogieklitschensache, in der Folge, und hat meiner Meinung nach nicht ganz die Schärfe von „Totalüberwachung zur Verwendung nur bei schwersten Straftaten“, wo dann aber der Anwendungsbereich schnell ausgeweitet wird. Andererseits ist jeder Schritt in diese Richtung natürlich ein Schritt.

      Hier ist ein heikler Bereich in dem viel Mißbrauch passiert, Abhängigkeitssituationen entstehen u.ä., so dass eine Abwägung zwischen Zugänglichkeit und Schutz schon Sinn ergeben kann, zumal die Konsummenten zunächst nicht berührt sind, sondern „nur“ die Inhalteeinsteller.

    2. Ich weiß nicht wie die spezifische Forschung das sieht, aber eine Klarnamenpflicht bei Email z.B. stellen sich viele so vor, dass die Adresse pseudonym bleibt, aber sie ihren Klarnamen dem Provider geben müssen.

      Fachlich (welches?) ist das vielleicht dann eher eine Identifizierungspflicht gegenüber dem Provider, was aber schon eine etwas Sperrige Formulierung ist. In der Realität ist es auch auch sehr schädlich, gegenüber allerlei Diensten einen Namen angeben zu müssen, am Besten noch ohne Regulierung dass die damit nichts anfangen dürfen und ihn getrennt von allen anderen Bestandsdaten aufbewahren müssen, so dass im Falle eines Hacks nichts passiert.

      Ständig gehen Millionen bis Milliarden Datensätze flöten, mit Realnamen sind nicht nur solche mehr wert, sondern die Werbung und das Tracking werden auch noch überproportional schlimmer, da alle die eindeutige Zuordnung haben. Kann man jetzt blauäugig verbieten mit den Namen was zu machen, oder man verbietet lieber insgesamt, Klarnamen und ähnliches überhaupt zu irgendeinem Zweck zu erheben (außer Abwicklung von Zahlungen und Versandt u.ä., bis die Probleme auch gelöst sind). In der Realität erlaubt man den Diensten ja Klarnamen zu verlangen und etabliert keinerlei sinnvoll einbindbare Verifikationsdienste, z.B. für das Alter. Das ist so die „Kack doch in die Ecke“-Variante der Digitalisierung.

      1. Alleine schon
        – Es gibt eine verifizierte Telefonnummer zu diesen Daten.
        – Die Person ist konkret existent.
        – Die Person ist konkret bekannt (Klarname, Kreditkarten, Abstufungen…).
        machen gehandelte Daten wertvoller, auch wenn die die direkten Hinweise auf eine Person nicht enthalten.

        Bei einer werbegetriebenen Webseite, deren wesentlicher Treiber die Anonymität der Einsteller ist, mindestens gegenüber den Nutzern, wäre mit einer Identifizierungsmöglichkeit direkt eine Grenze überschritten. Email + Prepaid SIM bieten allerdings (abzüglich bösartiger Datenhandlung beim SIM-Provider) ähnlichen Schutz wie eine Email, die letztlich auch irgendwie vom Gesetz auf einen zurückgeführt werden kann, denn die Nummer erlaubt nicht direkt, die Registrierung des Namens abzurufen. Analog zu SS7 übersehe ich hier vielleicht, was irgendeine Rogue Telekom oder Behörde in Land-X vielleicht für einen Obulus da anstellen kann. Dem Staat ist man letztlich noch mehr ausgeliefert, und Wirtschaft und Staat sind kirchlich gesehen ja auch noch nicht vollständig auf alle Zeit voneinander getrennt :).

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.