Hallo,
es war ein Versprechen, das ambitioniert, aber nicht unrealistisch klang: 50MBit/s schnelles Breitbandinternet sollten alle Bürger:innen bis Ende 2018 haben, so Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahre 2013. Kann man mal versprechen, war ja auch ausreichend Zeit. Leider hat die Realität nicht mitgespielt. 2020 gibt es immer noch zahlreiche Flecken in Deutschland, die sich wenigstens über etwas Bandbreite freuen würden, damit sie auch mal an einer Videokonferenz teilnehmen können. Die wurden in diesem Jahr zu einem etwas ungeplanten Gesellschaftskracher: Konnte ja niemand ahnen, dass man diesen Breitbandausbau auch mal für etwas gebrauchen könnte.
Breitbandausbau ist etwas, das allen wichtig ist. Zumindest auf dem Papier oder in Sonntagsreden. Aber es wird immer peinlicher für die größte europäische Industrienation, dass es hier immer noch zahlreiche Gegenden ohne Anschluss an die digitale Welt gibt. Der Markt wird es schon richten, das war das Mantra vieler Jahre Regierungspolitik und der Markt ging eben dorthin, wo man die meiste Rendite für die kleinste Ausbau-Investition bekommt. Also nicht unbedingt aufs Land. Das ist eigentlich logisch, wenn man beim „Kapitalismus für Einsteiger:innen“-Kurs aufgepasst hat.
Im Koalitionsvertrag dieser großen amtierenden Regierung steht ein Vorhaben, das endlich mal nach einer Änderung der Markt-Strategie klang: Ein Universaldienst und eine Breitbandverpflichtung sollten geschaffen werden. Zwar erst verbindlich ab 2025, aber eben vorbereitet in dieser Legislaturperiode. Spätestens dann sollten alle „schnelles Internet“ haben, gerne einklagbar, falls die vielen großen Ziele, Wünsche und Versprechungen wie 5G-Ausbau und Gigabit-Internet (Das ganz, ganz schnelle Internet!11) genauso erfolgreich angegangen werden wie der Glasfaserausbau in der vergangenen Generation.
Besser als nichts, haben wir uns gedacht. Früher wäre toller, aber in der Breitbandpolitik bekommt man mit der Zeit den Wunsch nach wenigstens irgendwas halbwegs Konkretem mit Fortschritt. Hauptsache ausreichend Internet, damit man auch mal an einer Videokonferenz teilnehmen kann. Oder übers Internet einen Job sucht und findet. Oder sich auf einer Foto-Plattform mit Gleichgesinnten austauschen kann. Alles Sachen, die inzwischen zum modernen Leben gehören.
Aber daraus wird jetzt wahrscheinlich nichts. Die Bundesregierung gibt auf. So ist zumindest der Diskussionsentwurf für das neue Telekommunikationsgesetz zu lesen, den Tomas Rudl für uns analysiert hat: Recht auf schnelles Internet – Abgesang auf eine gute Idee.
Beschwerden können selbstverständlich immer noch per Fax eingereicht werden. Diese Technologie hat ja auch in der Coronakrise eine große Renaissance erlebt. Die Gründe dafür können unter anderem beim fehlerhaften Breitbandausbau gesucht und gefunden werden.
Kurze Pausenmusik:
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Die Erstellung dieser Ausgabe wurde freundlicherweise von Tomas Rudl und Mascha Fouquet unterstützt.
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