Polizei Aachen: Infos aus privaten Accounts fließen in die Polizeiarbeit ein

Wenn sich Polizisten mit privaten und pseudonymen Accounts auf Twitter umschauen, kann das als „Internet-Streife“ durchgehen. Bei der Polizei Aachen war so ein Undercover-Account aufgefallen, weil ein Mitarbeiter offizielle Tweets über ihn abgesetzt hatte.

Screenshot des Twitter-Accounts der Polizei Aachen. (Filter/Bearbeitung: netzpolitik.org)

Bei der Klima-Aktion „Ende Gelände“ im Juni passierte etwas Seltsames: Ein Twitter-Account mit dem Namen „Mister X“ postete zum wiederholten Male einen Tweet der Polizei Aachen – bevor dieser auf dem offiziellen Account erschien. So enttarnte sich ein Account, der mutmaßlich Proteste beobachtet. Die Polizei Aachen erklärte damals, ihr Tweet sei irrtümlicherweise mit dem persönlichen Account eines Mitarbeiters veröffentlicht worden.

Eine Informationsfreiheitsanfrage beim Polizeipräsidium Aachen gibt nun weiteren Einblick. Hierbei wiederholt die Polizei, dass es sich um einen Account eines Mitarbeiters handele. Der offizielle Polizei-Account sei hingegen aufgrund eines Erlasses aus dem Innenministerium vom 30. September 2016 erstellt worden. Eine Regelung, wie und ob private Accounts genutzt werden dürfen, sei in diesem Erlass nicht enthalten.

Private Nutzung wichtig für Social-Media-Polizisten

Die Polizei begründet, warum private Accounts für die Polizeiarbeit wichtig seien:

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im Bereich ’social media‘ bei der Polizei Aachen tätig sind, obliegen besondere Anforderungen und Kompetenzen. Aus diesem Grunde ist auch die private Nutzung von Twitter und anderen sozialen Medien für diese Mitarbeiter von hoher Bedeutung.

Dass sie Informationen für ihre Arbeit nutzen, die sie über ihre privaten Accounts erhalten, gehöre dazu. Die Rechtsgrundlage steckt laut Polizei in § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Polizeigesetzes NRW. Der besagt, dass die Polizei personenbezogene Daten erheben darf, wenn sie für ihre Aufgabenerfüllung notwendig sind.

„Die Informationen, die der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin über seinen oder ihren Account erlangen, können damit aufgrund der genannten Rechtsgrundlage durch die Polizei genutzt werden.“ Im Polizeipräsidium Aachen gebe es zudem eine Dienstanweisung „Soziale Netzwerke“, die aber die Nutzung privater Accounts von Mitarbeitern nicht ausdrückliche regele. Explizit sei aber festgelegt, dass der offizielle Account der Polizei Aachen nicht privat genutzt werden dürfe.

Monitoring mit privaten Accounts rechtlich unproblematisch

Die Nutzung von privaten Accounts von Mitarbeitern der Polizei zum reinen Monitoring auf Twitter sei „rechtlich unproblematisch“, sagt Ulf Buermeyer, Richter beim Landgericht Berlin und Vorsitzender der GFF, gegenüber netzpolitik.org. Das sei vergleichbar mit einer „Internet-Streife“. Problematisch würde es nur, wenn die Polizei gezielt Desinformation über solche Accounts verbreite, was im Fall Aachen allerdings nicht passierte.

3 Ergänzungen

  1. ie Nutzung von privaten Accounts von Mitarbeitern der Polizei zum reinen Monitoring auf Twitter sei „rechtlich unproblematisch“. Reines Monitoring heißt doch eindeutig read-only. Wenn ein Polizist als solcher aktiv posted, twittert o.ä. dann muss ich doch davon ausgehen dürfen, dass er sich als solcher zu erkennen gibt. schließlich ist die Polizei kein Geheimdienst.

  2. Bei einer Streife ist der Polizist i.d.R. durch seine Uniform als Teil der Exekutive erkennbar.

    Wenn ich jedoch beispielsweise auf einer Geburtstagsfeier Anekdoten erzähle und einer der Anwesenden ist Polizist (oder in anderen Teilen der Exkutive/im öffentlichen Dienst), dann gehe ich zunächst davon aus, dass dies nicht im Rahmen von Ermittlungsverfahren verwendet wird.

    M.E. sollten also private Accounts, die für Streifen genutzt werden, eine entsprechende Kennzeichnung erhalten – quasi als digitale Uniform.

  3. Was die Polizei macht, geht weit über reines Monitoring hinaus. Ein aktuelles Beispiel ist hier zu finden: https://twitter.com/bckaemper/status/1147214337200840705

    Da mischte sich die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Aachen unter ihrem Privataccount ohne Kennzeichnung ihrer Funktion in eine Debatte ein, in der es um die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Aachen geht, wurde übergriffig und beharrte darauf, dort bloß privat unterwegs zu sein. Sie kritisierte dabei, Zitat, >> “Menschen“ [in Anführungszeichen!] wie Sie – die noch nicht mal unter ihrem richtigen Namen schreiben, sondern irgendwelche unlustigen Pseudo-Namen verwenden, erklären hier „richtig und falsch“, ja klar <<, was besonders lustig ist, wenn die eigenen Mitarbeiter selbst unlustige Pseudonamen wie "Mister X" zum Monitoring verwenden. Das gezeigte Verhalten der Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit auf ihrem privaten Account entspricht jedenfalls in keiner Weise dem selbst gestellten Anspruch an das Social Media Team, wie er in der Antwort der Polizei auf die IFG-Anfrage formuliert wird.

    Konkreter Anlass der Debatte war übrigens die von der Polizei Aachen am 4. Juli 2019 veranlasste Sperrung des Twitter-Accounts @Polizei_AC_Feed, ein, wie sich herausstellte, anscheinend privat betriebener Bot (Twitter feed), der seit Februar 2018 vollautomatisch die Pressemitteilungen der Polizei Aachen im Presseportal "Blaulicht" https://www.presseportal.de/blaulicht/nr/11559, spiegelte. Offizielle Begründung für die Sperrung war, dass der Account den Eindruck erweckte, ein offizieller Account der Polizei Aachen zu sein und deren Behördenlogo nutzte, als problematisch wurde offenbar empfunden, dass es viel Kritik an den Pressemitteilungen gab, insbesondere zuletzt im Zusammenhang mit Ende Gelände und dass viele Leute nicht erkannten, dass es sich um einen Bot bzw. Feed handelte, diesen direkt adressierten und die replies auf/Nachrichten an den Bot die Polizei Aachen nicht erreichten, was in gewisser Weise einen Kontrollverlust der Polizei hinsichtlich ihrer eigenen social media Kommunikation auf @Polizei_NRW_AC bedeutete. Nach dem Desaster von Ende Gelände haben sie dann offenbar die Notbremse gezogen.

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