Meinungsfreiheit: Fehlt Twitter der Durchblick?

Die Tech-Firmen Apple, Facebook und YouTube schmissen Anfang der Woche den rechten Kommentator Alex Jones von ihren Plattformen – in einer scheinbar konzertierten Aktion. Einzig Twitter lässt Jones gewähren und weiter seine Hassbotschaften und Wutreden senden. Warum das inkonsequent ist, sagt unsere Gastautorin Jillian York.

Vogel sitzt auf einer kaputten Steinmauer
Der verlorene Vogel. Kann Twitter fremdsprachigen Inhalten gerecht werden? – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Fancycrave

Dies ist ein Gastbeitrag von Jillian C. York. Sie ist Director of International Freedom of Expression bei der Electronic Frontier Foundation (EFF).

Während diese Woche mehrere große Silicon-Valley-Firmen – darunter Apple, Facebook und YouTube – sich ein Rennen darum lieferten, den Verschwörungstheoretiker Alex Jones von ihren Plattformen zu schmeißen, blieb eine Plattform stur. Twitter bezeichnete sich früher selbst gerne als „Meinungsfreiheits-Flügel der Meinungsfreiheits-Partei“, in vergangenen Jahren zensierte die Plattform aber ähnlich viel wie ihre Mitbewerber.

Jetzt entschied sie sich jedoch dafür, den rechten Verschwörungstheoretiker und seine Publikation Infowars nicht zu sperren. Twitter-CEO Jack Dorsey schrieb dazu: „Wir haben gestern weder Alex Jones noch Infowars gesperrt. Wir wissen, dass das für viele Leute hart ist, aber der Grund ist einfach: er hat nicht gegen unsere Regeln verstoßen. Sollte er das tun, werden wir sie durchsetzen. Und wir unterstützen weiterhin ein gesundes Umfeld für Diskussionen, indem wir sicherstellen, dass Tweets nicht künstlich verstärkt werden.“

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Während Jack Dorsey den Fall von Jones bereitwillig kommentierte, bleibt er Journalisten und Aktivisten eine Antwort zum Fall des Journalisten Wael Abbas seit Monaten schuldig. Abbas ist ein preisgekrönter ägyptischer Journalist und Anti-Folter-Aktivist, der derzeit in einem Gefängnis in Kairo seinen Prozess erwartet. Abbas mag gegen Twitters Nutzungsregeln verstoßen haben, aber wie die ägyptische Zeitung Mada Masr schreibt: „Es wird angenommen, dass die Sperre von Abbas‘ Account eine Reaktion auf eine Welle von Verstoßmeldungen gegen ihn war, gemeldet von Accounts verbunden mit Unterstützern von Mubaraks Regime.“

Seit langem wird vermutet, dass Twitter und andere Firmen nicht in der Lage sind, fremdsprachige Inhalte fair zu moderieren. Anders als Facebook oder Google hat Twitter kein regionales Büro im arabischen Raum und es ist unklar, wo die arabischsprachigen Moderatoren der Firma überhaupt sitzen – oder wer sie sind.

Bereits im Jahr 2007 wurde Abbas‘ YouTube-Account ohne Vorwarnung gesperrt, und erst wieder hergestellt, nachdem sich internationale NGOs einschalteten. Zehn Jahre darauf, Ende 2017, erteilte ihm Facebook eine 30-tägige Sperre, die zurückgenommen wurde, nachdem sich Aktivisten für ihn aussprachen. Diese beiden Ereignisse machen deutlich, dass die Moderation von Inhalten keineswegs kinderleicht sind, und dass die Sorgen arabischsprachiger Nutzer und ihrer Unterstützer begründet sind.

Ein bekannter Verschwörungstheoretiker wie Jones, der verantwortlich ist für die Belästigung der Eltern ermordeter Kinder, darf also auf der Plattform bleiben. Ein preisgekrönter Journalist, der mit seinen Recherchen zu Polizeigewalt dazu beigetragen hat, eine Diktatur zu stürzen, wird dauerhaft verbannt. Es wird Zeit, diese Regeln in Frage zu stellen – und die Verantwortung derjenigen, die sie aufgestellt haben.

30 Ergänzungen

  1. > Ein bekannter Verschwörungstheoretiker wie Jones, […], darf also auf der
    > Plattform bleiben. Ein preisgekrönter Journalist, […], wird dauerhaft verbannt.
    Ich sehe das ein wenig anders als ihr offenbar. Die Person sollte *niemals* eine Rolle spielen, sondern ihr Verhalten. Und wenn der Verschwörungstheoretiker sich an die Regeln hält, der Journalist aber nicht, dann finde ich es durchaus ok ersteren gewähren zu lassen und letzteren nicht. Dabei ist es schlichtweg egal, wessen Meinung oder Ansichten mir besser gefallen. Regeln gelten für alle!

    Natürlich kann man die Regeln selbst diskutieren, dann aber bitte ebenfalls ohne Ansehen der Person, sondern möglichst wertneutral. Es geht zwar letztlich um private Dienste, aber wenn sie als öffentliches Diskussionsmedium dienen sollen, dann sollten sie selbst keine bestimmte (politische) Position einnehmen.

    Ich ziehe in diesen Punkten ehrlich gesagt auch die US-amerikanische Auffassung von Meinungsfreiheit der unseren vor – nur weil mir eine Meinung nicht passt oder sie sogar Fakten falsch wider gibt, sollte sie nicht unterdrückt werden. Habe ich keine Argumente, die überzeugen können, habe ich offenbar andere Probleme.

    1. Sie haben da etwas falsch verstanden. Jones gibt nicht einfach nur „Fakten falsch wieder“. Jones lügt wie gedruckt. Seine Geschichten sind Erfindungen. Dadurch hat er bereits vielen Menschen Schaden zugefügt, wie z. B., als er behauptete, die Eltern der Opfer des Sandy-Hook-Shootings seien Schauspieler und die toten Kinder habe es nie gegeben.

      Dagegen wird ein echter Journalist gesperrt. Das ist die Crux.

      1. Sollten Journalisten nicht auch an einem höheren Standard gemessen werden als Verschwörungstheoretiker?

        Sie haben nicht einmal einen Beweis dafür, dass Alex Jones zum Gesetzesbruch aufgerufen hat, aber er ist auf jeden Fall Schuld. Ich will es nicht mit Verschwörungstheorien auf ein Level stellen, weil das doch eine andere Qualität ist, aber Sie haben hier eindeutig Ihre Objektivität geopfert. Das muss Ihnen bewusst sein oder werden.

        Wenn Meinungsfreiheit bedeutet, dass man nur das sagen darf, was richtig ist, dann hat man keine Meinungsfreiheit.

        1. Freiheit bedeutet, auch die Freiheit anderer Menschen zu schützen. Und damit meine ich nicht nur Meinungsfreiheit, sondern auch und vor allem die Menschenwürde. Hassprediger wie Jones pochen auf ihre Meinungsfreiheit, verletzen aber ständig die Menschenwürde und damit die Freiheit anderer, oder nehmen billigend durch ihr Verhalten in Kauf, dass ihre Gefolgschaft das macht – ohne dafür die Verantwortung zu übernehmen.

          1. Mit dieser Richtlinie kannst du beinahe jeden zensieren. Sofern derjenige nicht direkt oder indirekt zu einer Straftat aufgerufen hat oder sie sogar angeordnet hat, dann hat derjenige nichts mit der Straftat zu tun.

            Warum man hier noch die Menschenwürde einstreuen muss, ist mir derweil gar nicht klar, aber hört sich gut an. Das war wohl auch der Sinn der Übung.

    2. > Jones gibt nicht einfach nur „Fakten falsch wieder“. Jones lügt wie gedruckt.
      > Seine Geschichten sind Erfindungen.
      Ich sehe nicht warum das zu einer Sperrung führen sollte, solange die Regeln es nicht verbieten. Auch der Postillon lügt wie gedruckt…

      > Dadurch hat er bereits vielen Menschen Schaden zugefügt
      Dann wäre es angemessen auf sein Verhalten aufmerksam zu machen und ggf. Falschmeldungen richtig zu stellen. Das Problem, das ich sehe, ist vielmehr, dass Leichtgläubige oder ohnehin Vorurteilsbehaftete sich nicht von ihrer Denkweise abbringen lassen, wenn man ihnen eine „Quelle“ wegnimmt. Das mag zwar angenehm einfach sein, löst aber das eigentliche Problem nicht im geringsten. Es erinnert mich ehrlich gesagt ein wenig an Zensursula: „Ich muss es nicht mehr sehen, also ist das Problem gelöst.“

      > Dagegen wird ein echter Journalist gesperrt. Das ist die Crux.
      Das ist keine Crux. Ich kannte ihn bisher zwar nicht, aber allen hier angeführten Informationen nach hat er klar gegen die Regeln verstoßen (offenbar Aufrufe zu Gewalt) und wurde dafür rechtmäßigerweise gesperrt.

      Nochmal: Die gleichen Regeln gelten für alle! Wenn mir die Regeln einer Plattform nicht gefallen, dann nutze ich sie nicht. Ein Grund, weshalb ich persönlich den „(a)sozialen Medien“ komplett entsagt habe. Ich sehe den Kern des Problem vielmehr darin, dass diesen *privaten* Unternehmen viel zu viel Macht gegeben wurde, weil sehr viele Menschen sie nutzen und sich ohne Not faktisch von ihnen abhängig gemacht haben. Das hat auch dem Konzept des dezentralen Internets massiven Schaden zugefügt.

        1. > Der Punkt von Jillian ist: Twitter zeigt hier Willkür bei der Anwendung der eigenen Regeln.

          Das sähe ich als völlig valide Kritik und finde die im verlinkten CNN-Artikel so auch wieder. Im Gastkommentar hier lese ich als Hauptargument: Sie haben den „guten Journalisten“ (der gegen die Regeln verstieß) gesperrt, den „bösen Verschwörungstheoretiker“ (der die Regeln mutmaßlich einhielt) aber nicht.

          Der Gastkommentar kritisiert zwar auch die Regeln selbst, allerdings nicht konkret, sondern eben mit jener oben beschriebenen (für mich völlig absurden) rein ideologischen Argumentation.

          Ich empfehle mal den Selbstversuch sinnvolle, allgemeingültige Regeln aufzustellen, die weder unnötig einschränken noch Schlupflöcher lassen und, selbstverständlich, nicht auf „gesundes Volksempfinden“ in irgendeiner Form zurückgreifen. Das ist leider nicht gerade trivial.

  2. Ich finde es bedenklich, dass die Autorin Alex Jones vorwirft, er sei für die Angriffe auf die Familien verantwortlich. Das wäre nur dann der Fall, wenn A.J. dazu aufgerufen hätte diese Familien anzugreifen, was nach meinem Kenntnisstand jedoch nicht geschehen ist.

    Nach der Logik wäre nun Frau York dafür verantwortlich, wenn ich bei Alex Jones anrufe und ihm drohe, er solle gefälligst von Twitter verschwinden, sonst….

    Ich bin wahrlich kein Fefe-Fan, aber mit einem hat er Recht: Man kann einem Autor nicht sein Publikum vorwerfen. Niemand, auch nicht Frau York, kann sich ihr Publikum aussuchen. Wenn da dann ein Psychopat darunter ist, der sich Alex Jones als Opfer wählt, weil Frau York sagt, der sei böse, dann wird sie auch nicht wollen, dafür bestraft zu werden.

    Frau York suggeriert selbst, dass Herr Abbas wahrscheinlich (in guter Absicht) gegen Twitter-Regeln verstoßen hat. Das wird der Grund sein, warum Twitter diesen Gesperrt hat und Alex Jones nicht.

    Twitter wird als Sillicon Valley Unternehmen sicher bei erster Gelegenheit das Gleiche bei Jones machen. Die werden den genauso hassen wie alle anderen auch. Twitter scheint jedoch, anders als die anderen Großen, konsequenter in der Anwendung der eigenen Regeln zu sein, was ich in jeden Fall begrüße, egal ob nun bei Alex Jones oder Anita Sarkeesian.

    Wer vermeintlich „for the greater good“ hier Unterschiede macht, höhlt die Legitimität des Regelwerks aus.

    Der Weg in die Hölle ist guten Absichten gepflastert. Das scheinen derzeit viele vollkommen zu ignorieren.

      1. Ich habe den ersten Link nach Zitaten von Jones durchsucht und dort keines gefunden, in dem Jones dazu aufgerufen hat den vermeintlichen „Actors“ nachzustellen, sie zu bedrohen oder sie anzugreifen.

        Bitte zitiere die Textstelle(n) auf die du dich beziehst, oder ich muss davon ausgehen, dass du bewusst irreführende Quellenverweise machst.

        1. Die Artikel beschreiben inhaltlich selbst und in den Querverweisen ausführlich und deutlich direktes und indirektes Handeln und Handeln Dritter in Verantwortung und Vertretung der benannten Person.
          Nicht nur bezogen auf diesen einen Fall. Dem ist nichts weiter hinzuzufügen.

          Vielleicht wäre es eine Option die Hyperlinks und Querverweise in den Artikeln zu nutzen um sich ein kompletteres Bild zu erarbeiten. Übergriffige Unterstellungen und Aufforderungen idF. „Bitte zitiere (…), bewusst irreführend (…) sind aber unnötig und stören den Anschein dass es dir bei deiner Replik tatsächlich um den Abgleich von Tatsachenbetrachtungen geht.

    1. Ich bin wahrlich kein Fefe-Fan, aber mit einem hat er Recht: Man kann einem Autor nicht sein Publikum vorwerfen. Niemand, auch nicht Frau York, kann sich ihr Publikum aussuchen. Wenn da dann ein Psychopat darunter ist, der sich Alex Jones als Opfer wählt, weil Frau York sagt, der sei böse, dann wird sie auch nicht wollen, dafür bestraft zu werden.

      Aber als Autor trägt man trotzdem Verantwortung dafür, wie was von wem aufgenommen wird. In vierzehn Jahren Bloggen hab ich lernen müssen, dass es einfache Knöpfe gibt, um Wut oder andere Gefühle beim Publikum auszulösen. Aber man die Verantwortung dafür trägt, ob man zu populistischen Mitteln greift und damit die Leserschaft aufwiegelt – oder eben nicht.

  3. Immer schön alles löschen was stört und aneckt. Toll. Man sollte das Publikum entscheiden lassen was es hören möchte, die amerikanische Redefreiheit ist ein prima Werkzeug dazu. Dabei sollten die eigenen Werte oder das was gemein hin als „Anstand“ definiert wird, keine Rolle spielen. Ansonsten sind wir schon bald in Qualitiyland des Känguru.

  4. Mit der Rede- und Meinungsfreiheit stirbt die Demokratie.
    Diese konzertierte Stamokap-Aktion gegen Alex Jones erinnert ein wenig an den finanziellen Boykott von Wikileaks, wo auch plötzlich privatwirtschaftliche Konzerne politische Strafmaßnahmen übernahmen. Wir haben uns wohl zu sehr daran gewöhnt, dass es Demokratie in Konzernen schlicht nicht gibt, und die Meisten zucken deshalb mit den Schultern – „Is halt so“ – oder freuen sich sogar, weil der Abgestrafte ist ja vielleicht jemand vom „anderen Lager“.
    Ich gebe nur zu bedenklen: WSWS (z.B.) wird von Google ebenso zensiert. Die hatten im Frühjahr einen Einbruch ihrer Besucher über den Quasi-Monopolisten von über 70%.

    Im Fall von Jones schreiben jetzt alle als Begründung, er sei ein „Verschwörungstheoretiker“: Und das inmitten unserer Zeit der allgemeinen intellektuellen Unredlichkeit seit dem 11. September 2001, in der selbst der überaus harte, physikalische Beweis des freien Falls aller drei New Yorker Gebäude einfach ignoriert und zur „Verschwörungstheorie“ deklariert wird…
    „Verschwörungstheoretiker“ – ist keine Begründung für Zensur. Sondern ein Ehrentitel.

    Alex Jones selbst mag dabei viel Bullshit reden, ein ‚Trump-Freund‘ und auch sonst ein ‚rechter‘ Unsympath sein (länger als eine Viertelstunde kann ich ihn mir seine Darbietung auch nicht reinziehen). Aber eins ist er eben nicht: Er ist kein intellektueller Feigling wie die allermeisten Journalisten und Lobbyisten heutzutage. Ich halte es da mit Voltaire: Ich muss gar nicht mögen, was er sagt. Das Recht, es zu sagen, ist dennoch unverzichtbar.

    1. Nur dass Voltaire das nie gesagt hat. Und Jones nicht „viel Bullshit“ redet, sondern ausschließlich Bullshit, und damit tatsächlich Menschenleben in Gefahr bringt. Diese Rumentschuldigerei für einen Typen, der mit Lügen Geld verdient, ist doch absurd … Lügen fallen nicht unter die Meinungsfreiheit. Tun sie nie.

      1. „Lügen fallen nicht unter die Meinungsfreiheit. Tun sie nie.“

        Sollten Äußerungen von Politikern aller Parteien dann auch nicht mehr veröffentlicht werden?

        Die lügen auch regelmäßig, gehäuft vor Wahlen. Das nicht ernst gemeinte Wahlversprechen ist auch nur eine Lüge…

  5. Die grossen Techgiganten wollen sich den Markt untereinander aufteilen. Die substanzlose konzertierte politisch motivierter Diffamierungskampagne (es gibt keine Zitate mit Orginalquellen) kommt ihnen da sehr gelegen. Netzpolitik = Konzernpolitik.

  6. Die Menschen sind nicht kompetent genug, den Stuss von Jones zu differenzieren. Wenn sein Stuss zu Hass , Hetze, Mord und Totschlag führt, dann muss moderiert werden. Eine Demokratie zeigt ihre Wahrhaftigkeit (wollte erst Wehrhaftigkeit schreiben, aber Wahrhaftigkeit passt noch besser) wenn sie in die Defensive gerät. Gestattet sie den Demagogen, sich abschaffen zu lassen? Oder gestattet sie den Demagogen einzig, sich als Hetzer zu offenbaren, die man nach deutlicher Hetze aus dem Mittelpunkt der Gesellschaft auszugrenzen suchen darf, bis zu dem Tag, an dem der Ausgegrenzte wieder Niveau walten lässt?

    Wenn ich hier lese, wie gefordert wird, dass alles für immer gesagt werden darf, dann wird mir schlecht.

    Wie konnten wir zivilisatorisch nur so minderbemittelt verenden, dass wir Infowars für ein Medium mit positivem Input halten können? Oder dass wir zu fefe-Jüngern mutieren, die ohne Nachdenken so schwachsinnige Phrasen wie „man kann niemandem sein Publikum vorwerfen“ behaupten.

    Wie kann man so krass neben der Spur sein und für Alex Jones eintreten, er solle bitte weiter lügen und Sachverhalte verdrehen.

    Mir bleibt nur eine Erklärung, die Fähigkeit zur Differenzierung wird abgelegt, sobald der innige Traum erfüllt wird, dass die eigenen kruden und menschenverachtenden Vorstellungen endlich mal von Rattenfängern mit Reichweite gefordert werden. Wozu differenzieren, wenn man einfach plump brutal und irrational das Problem immer bei den anderen finden kann.

    1. Wird Dir auch bei Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes schlecht?

      „Dabei spielt es aber, anders als im Fall von Tatsachenbehauptungen, grundsätzlich keine Rolle, ob die Kritik berechtigt oder das Werturteil „richtig“ ist (vgl. BVerfGE 66, 116 ; 68, 226 ). Dagegen fällt ins Gewicht, ob von dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit im Rahmen einer privaten Auseinandersetzung zur Verfolgung von Eigeninteressen oder im Zusammenhang mit einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage Gebrauch gemacht wird. Handelt es sich bei der umstrittenen Äußerung um einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung, so spricht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Vermutung zugunsten der Freiheit der Rede (vgl. BVerfGE 7, 198 ; 61, 1 ). Abweichungen davon bedürfen folglich einer Begründung, die der konstitutiven Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Demokratie, in der die Vermutungsregel wurzelt, Rechnung trägt.“

      https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1995/10/rs19951010_1bvr147691.html

  7. Komischer Gastartikel, etwas viel whataboutism. Und inhaltlich schon seltsam.

    Die Gastautorin geriert sich erst mal unwissend.

    „Während Jack Dorsey den Fall von Jones bereitwillig kommentierte, bleibt er Journalisten und Aktivisten eine Antwort zum Fall des Journalisten Wael Abbas seit Monaten schuldig. “

    Dabei weiss sie doch sehr genau, warum ihr Protegé gesperrt wurde, wegen Aufruf zu Gewalt.

    „Now, at least one local media outlet is reporting that Abbas’s Twitter account—which was suspended in December 2017—was taken down due to incitement to violence.“

    https://www.eff.org/de/deeplinks/2018/05/egyptian-blogger-and-activist-wael-abbas-detained

    Vermutlich hat David Doel recht, es geht nicht mehr um Ratio, es ist Kulturkampf angesagt.
    https://www.youtube.com/watch?v=qCbndBOjIHc

    1. Dass Netzpolitik.org nicht unbedingt dafür bekannt ist, die eigene politische Agenda hinter die „Berichterstattung“ zu stellen, ist ja nun auch kein Geheimnis mehr.

      1. Ich hatte bisher nicht den Eindruck, daß die Autoren auf NP alle sklavisch der gleichen Agenda folgen. Die Bandbreite ist zwar nicht übermäßig hoch, aber so richtig gleichgeschaltet auf einer Linie kommen die mir bisher nicht vor.

  8. Die Entwicklung, dass die Datenkraken nach gusto zensieren, ist erschreckend. Wer traut einem Konzern, der sein Geschäftsmodell auf der milliardenfachen Verletzung von Menschenrechten aufbaut, mehr moralisches Verständnis zu als Alex Jones? Ich jedenfalls nicht. (Und ja, Privatheit ist ein Menschenrecht, aufgeführt in der Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, Artikel 12.)

    Was in einem privaten Blog abläuft, ist Sache des Blogbetreibers. De-facto-Monopolisten wie Google und Facebook jedoch, die kritische Infrastruktur betreiben, haben sich vollständig aus der inhaltlichen Diskussion heraus zu halten. Es ist Sache der Staaten anzusagen, was legal ist und was nicht. Und es ist Sache von Google und Facebook, sich daran zu halten.

    Was in der Diskussion um den rechten Spinner Alex Jones vergessen wird: die Zensur der Datenkraken findet rechts wie links statt. Siehe https://www.wsws.org/en/articles/2017/09/19/goog-s19.html Übrig soll wohl nur bleiben, was den Mächtigen gefällt oder wenigstens nicht gefährlich werden kann.

  9. Was haben denn Twitter, FB, Google etc. mit unserer Definition von Meinungsfreiheit zu tun?

    Art.5 Abs.1 GG gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.
    Ein Eingriff liegt vor, wenn der Gewährleistungsinhalt eines Grundrechts durch hoheitliches Handeln verkürzt wird.

    Wenn also irgend ein privatwirtschaftliches Medium meine Meinung nicht verbreiten will, dann hat das noch lange nichts mit Eingriff in die vom GG garantierte Meinungsfreiheit zu tun. Oder?

    1. „Wenn also irgend ein privatwirtschaftliches Medium meine Meinung nicht verbreiten will, dann hat das noch lange nichts mit Eingriff in die vom GG garantierte Meinungsfreiheit zu tun. Oder?“

      Spätestens mit NetzDG und Uploadfiltern sind die m.E. so weit zu staatsgesteuerten Zensurgehilfen geworden, daß die Meinungsfreiheit über die Ausstrahlungswirkung des GG auch in diesem privatwirtschaftlichen Bereich greift.

      Vergleiche auch Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen im Antidiskriminierungsgesetz.

  10. Ich habe den Artikel jetzt zwei mal gelesen und bin erstaunt. Spricht sich hier wirklich eine „ranghohe“ Mitarbeiteren der EFF dafür aus, dass Twitter einen Account zensieren soll? Und ich dachte immer, die EFF setzt sich genau für das Gegenteil ein? Oder gilt das nur für Meinungen, die der EFF genehm sind? Oder habe ich das jetzt einfach nur falsch eingeordnet?

    Verwirrend….

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.