So viele Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) wie 2015 gab es in Deutschland noch nie: 9.376 IFG-Anfragen verzeichneten die Bundesministerien mit ihren Geschäftsbereichen im vergangenen Jahr. Das geht aus einer Statistik hervor, die das Bundesinnenministerium in der vorvergangenen Woche ohne Begleitmeldung auf seiner Webseite veröffentlichte.
Finanzministerium am auskunftsfreundlichsten, Auswärtiges Amt blockiert
Es lohnt sich jedoch, die Zahlen genauer unter die Lupe zu nehmen: Fast die Hälfte der Anfragen ist auf Massenanfragen an das Finanzministerium und seinen Geschäftsbereich zurückzuführen, in den zum Beispiel die BaFin zählt. Seit einigen Jahren stellen Anwaltskanzleien im Rahmen von Insolvenzverfahren tausende Serien-Anfragen an die Ämter und verdoppeln damit das Aufkommen der IFG-Anfragen insgesamt.
Damit sind die IFG-Anfragen im Vergleich zu 2014 um acht Prozent gestiegen, im Vergleich zu 2013 haben sie sich gar verdoppelt. Nimmt man das Finanzministerium mit seinem Geschäftsbereich aus der Rechnung, ergibt sich ein anderes Bild: Danach stieg die Zahl der Anfragen im Vergleich zu 2014 um 48 Prozent, im Vergleich zu 2013 um 56 Prozent.
2.252 IFG-Anfragen an Bundesbehörden wurden 2015 über FragDenStaat gestellt. Das entspricht etwa der Hälfte aller Anfragen ohne das Finanzministerium. Die netzpolitik.org-Redaktion stellte über das Jahr mehr als 100 Anfragen.
Neben dem Finanzministerium sticht das Arbeitsministerium aus der Statistik heraus, das nach eigenen Angaben von 934 IFG-Anfragen 86 Prozent stattgegeben hat. Dahinter folgt das Umweltministerium mit einer Quote von 77 Prozent, wobei es nur 26 Anfragen verzeichnen konnte. Die Erklärung für die niedrige Zahl: In der Regel interpretiert das Umweltministerium Anfragen an ihre Behörde als Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG), das weitreichender als das IFG ist.
Am wenigsten auskunftsfreudig zeigten sich das Auswärtige Amt, das nur ein Drittel seiner 349 Anfragen positiv beschied, der Bundestag mit 29 Prozent bei 884 Anträgen und das Entwicklungsministerium, das bei 156 Anträgen nur in neun Fällen Auskunft gab.
Trotz des Rekords zeigt sich im internationalen Vergleich, dass Informationsfreiheit hierzulande noch immer eine Nischenthema ist: Großbritannien verzeichnete 2014 über 40.000 Anfragen (in einer Statistik, die die Verwaltung auch in maschinenlesbarer Form bereitstellte), die USA sogar alleine an die Bundesbehörden mehrere 100.000 Anfragen.
Das liegt unter anderem daran, dass bisher kaum – mit Ausnahme unter anderem von uns – gegen negative Bescheide geklagt und so nur wenig Aufmerksamkeit fürs Thema außerhalb der netzpolitischen Szene generiert wird. So verzeichneten die Ministerien mit Ausnahme des Finanzministeriums im vergangenen Jahr 56 abgeschlossene Klagen, von denen 15 mit einer Ablehnung und 7 mit einem Erfolg der Klägerin endeten. Die übrigen Klagen wurden „auf sonstigem Wege“ erledigt, endeten also vermutlich mit einem Vergleich.
BfDI: 28 Pressemitteilungen zu Datenschutz, keine Pressemitteilung zu Informationsfreiheit
Einen vergleichbaren Überblick über die IFG-Anfragen in allen Teilen Deutschland gibt es leider nicht, da fast alle Bundesländer keine Statistiken über die IFG-Anfragen an ihre Behörden führen. Eine Ausnahme bildet Berlin. Hier hat die Piratenfraktion in den letzten Jahren regelmäßig kleine Anfragen zum Thema gestellt.
Und dann noch eine letzte Statistik: Die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit gab 2015 insgesamt 28 Pressemitteilungen zum Thema Datenschutz heraus. Zum Thema Informationsfreiheit veröffentlichte sie keine einzige.
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