Die mehrfach verschobene Abstimmung über die Anti-Terror-Richtlinie im Innenausschuss des EU-Parlaments soll heute über die Bühne gehen, berichtet tagesschau.de. In der Richtlinie sind die umstrittenen Netzsperren enthalten, die Monika Hohlmeier (CSU) als federführende Berichterstatterin ins Spiel gebracht hatte. Laut Hohlmeier soll das dazu führen, dass Terrorpropaganda aus „unserem Internet“ verschwindet:
Für CSU-Europapolitikerin Monika Hohlmeier steht deswegen fest: „Enthauptungsvideos oder die Verunglimpfung der Opfer des Anschlags auf das Bataclan sind Dinge, die wohl jeder mit Menschenverstand nicht in seinem Internet sehen möchte.“
Deswegen will Hohlmeier, dass die EU-Staaten in Zukunft verstärkt dafür sorgen, dass solche Inhalte aus dem Netz verschwinden. Also gelöscht werden. „Außer es ist technisch überhaupt nicht möglich. Dann versucht man, sie so lange zu blockieren, bis man sie löschen kann.“
Die diskutierten Netzsperren sind unter anderem deswegen problematisch, weil sie ohne Richtervorbehalt verhängt werden können und sich zudem leicht umgehen lassen. Motivierte Fanatiker könnten dann immer noch praktisch ungehindert auf die Inhalte zugreifen, während aufgrund unpräziser Formulierungen im Gesetzentwurf die Gefahr besteht, dass legitime Inhalte gesperrt werden und dadurch die Meinungsfreiheit für andere eingeschränkt wird. Der Grünen-Europaabgeordnete Jan-Philipp Albrecht sagte dazu:
„Weil sie diese Sperren umgehen können. Die Inhalte sind weiter da. Man darf sich da nicht zurücklehnen und sagen: ‚Aus den Augen, aus dem Sinn‘, sondern muss auf die Löschung hinwirken. Auf Sperren zurückzugreifen, wäre völlig ineffektiv.“ Für Albrecht ebenfalls problematisch: Im bisherigen Entwurf der Anti-Terrorrichtlinie fehle der Zusatz, dass Netzsperren von einem Gericht genehmigt werden müssen.
Sollte der Richtlinien-Entwurf heute den Ausschuss passieren, folgen Trilog-Verhandlungen zwischen dem EU-Parlament, der EU-Kommission und dem Rat der Europäischen Union. Kommt es zu einem Verhandlungsergebnis, müsste erstmals in diesem Verfahren das Plenum des EU-Parlaments befragt werden. Stimmen eine Mehrheit der Parliamentarier und der Rat zu – wie nach erfolgreich abgeschlossenen Trilog-Verhandlungen üblich –, geht die Richtlinie in EU-Recht über und müsste dann von den einzelnen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.
Der letzte Absatz des Artikels wurde überarbeitet, um klarer zu machen, wie es weitergeht.
Dinge, die wohl jeder mit Menschenverstand nicht in seinem Internet sehen möchte.
Ja, wer solche „Dinge“ nicht sehen möchte, muss sich dann eben seines „Verstandes ohne Leitung eines anderen bedienen“ und sie meiden.
Möglicherweise gibt es aber Menschen, die die Realität ungefiltert wahrnehmen möchten.
Danke für die Fürsorge, Mama Hohlmeier, aber ich bin doch schon erwachsen.
Redet man eigentlich wieder einmal von den „Von-der-Leihenshen DNS-sperren“ ? Weiß man denn als Beispiel auch, dass nach dem Vodafone-DNS-Server Ausfall letzte Woche vermutlich tausende Kunden zum Google DNS wechselten? Weiß man das Internationale VPNs mittlerweile immer Häufiger als Privacy-Paket zu den Jahreslizenzen großer Antivierenherrsteller gehören? Gema-sperren und und solche Vorhaben müssen ja zwangsläufig zur Verschleierung der Kommunikation führen und das kann ja eigentlich nicht im Interesse der Regierung sein – vor allen Dingen dann nicht, wenn man im gleichen Atemzug über Erleichterungen der Digitalen Strafverfolgung sprechen möchte. Letzteres muss man ja nicht gut heißen, aber der Widerspruch an sich ist schon eine Erwähnung wert.
Das ist letztlich klare politische Zensur: Die Außen- und Wirtschaftspolitik der EU, USA, GB und einiger weiterer Staaten hat diese Situation, der wir international nun gegenüberstehen, durch Destabilisierung auf der ganzen Linie heraufbeschworen. Und nun sollen für uns die Folgen unsichtbar gemacht werden? – Aber Terrorangst dürfen wir schon noch behalten dürfen, damit innerstaatlich zur Massenüberwachung aufgerüstet werden kann? Hm? Nicht, dass mir jetzt jemand auch das noch nimmt?