Datenjournalismus: Amazon beliefert schwarze Wohnviertel in den USA schlechter

Die blauen Punkte sind schwarze Wohnviertel in Atlanta, die abgedunkelte Fläche ist dsd Same-Day-Delivery-Gebiet von Amazon. Screenshot: Bloomberg.com

In einer aufwendigen Datenrecherche und Visualisierung haben David Ingold und Spencer Soper bei Bloomberg nachgewiesen, dass Amazon in mehrheitlich schwarzen Wohnvierteln in den USA weniger häufig die Option der „Am-Selben-Tag-Lieferung“ anbietet. Dazu gaben die Journalisten alle Postleitzahlen in die Verfügbarkeitsprüfung ein und verglichen dann die Ergebnisse mit Bevölkerungsdaten des U.S. Census Bureau:

In six major same-day delivery cities, however, the service area excludes predominantly black ZIP codes to varying degrees, according to a Bloomberg analysis that compared Amazon same-day delivery areas with U.S. Census Bureau data. In Atlanta, Chicago, Dallas, and Washington, cities still struggling to overcome generations of racial segregation and economic inequality, black citizens are about half as likely to live in neighborhoods with access to Amazon same-day delivery as white residents.

Amazon erklärt dies damit, dass die Option auf schnelle Lieferung zuerst da ausgerollt werde, wo viele Prime-Kunden wohnten. Damit zeigt dieses Beispiel sehr anschaulich, wie auf Daten beruhende Geschäftsentscheidungen bestehende gesellschaftliche Spaltungen weitertransportieren können.

16 Ergänzungen

  1. Und ist das verwerflich? Ich finde nein. Wenn eine Firma etwas neues ausprobiert, macht es Sinn dort anzufangen, wo die meisten Kunden zu finden sind.

    1. Na ja, Amazon ist halt nicht „eine Firma“ ;) In D bekommt man manche Produkte sogar nur noch als Primemitglied, sonst nicht heute, nicht morgen, gar nicht ;)

    2. Huch überrascht ??? Schaut man sich das sonstige Gebaren und das menschenbild der meist weißen Hippe Extrem Neoliberlaen aus dem Valley an, dann passt das doch prima. Die Gesellschaft soll aus ( Zwangs ) Konsum bestehen, Basta. Wer da nicht mithalten kann oder will wird ausgeschlossen. Noch stören so Alte Relikte wie “ 1 Bürgern 1 Stimme“ und so einen Kram. Das Ziel ist diesen Bullshit abzubauen, und sei es, imden man sich eigene Wohnkapazitäten und Firmensitze auf steuer und sozialverantwortlich freien Inseln außerhalb von Hoheitsgewässern baut. Oder sowas ist nicht nötig, da ohnehin schon eine Allmacht bzgl. der Informations Selektion vorhanden ist. Und es genügend Deppen gibt, die das als „Freiheit“ sehen, und nicht schnallen, zu welch Büddel die sich machen.

  2. Dieses Beispiel zeigt sehr schön, wie eine falsche Interpretation von Daten zu falschen Schlüssen führt. Das ist eben nicht nur ein Problem von Firmen und Regierungen sondern genauso von Journalisten und solchen, die es sein wollen.

    Und wer sich jetzt an dem letzten Halbsatz stört: Warum ist die Überschrift so gewählt. Glaubt man der Begründung von Amazon nicht? Welche Hinweise hat man, dass die Aussage nicht stimmen kann? Hauptsache eine reisserische Headline!

    1. Die Begründung von Amazon und der Titel stehen in keinem Widerspruch. Der Titel benennt lediglich, welche Konsequenzen die geschäftlichen Entscheidungen von Amazon haben.

      1. Wenn ich aus dem Titel irgendeine geschäftliche Entscheidung rauslese, dann die, dass Amazon schwarze Wohnviertel schlechter beliefert. Das ist aber offensichtlich nicht Amazons Entscheidung, auch wenn es in der Konsequenz dazu führt. Eine Folge bewusst herbeiführen oder aber eine Entscheidung treffen, die in der weiteren Folge dann dazu führt, sind für mich immer noch zwei verschiedene Dinge.

        Ich behaupte mal, dass Amazons Entscheidung vom Willen zur Gewinnmaximierung getrieben ist und nicht davon, gezielt eine Bevölkerungsgruppe diskriminieren zu wollen. Finde ich erstmal nicht sonderlich verwerflich.

      2. Die Entscheidung von Amazon hätte eigentlich überhaupt keine „gesellschaftliche Spaltungen weitertransportieren[de]“ Konsequenzen, die Wirkung entsteht durch die Reporter die diese Daten auf ein bereits eingeschränktes Ziel untersuchen und auf einen vermuteten Zusammenhang korrelieren. Das ist leider sehr schlechtes wissenschaftliches Arbeiten.

        Das ist genauso aussagekräftig wie: http://tylervigen.com/spurious-correlations

      3. Wenn man überhaupt etwas aus meiner „Logik“ rauslesen will, dann umgekehrt: Nur weil man über etwas spricht, heißt es nicht, dass es auch wahr sein muss.

        Hier wurden zwei Datensätze mit Blick auf eine konkrete These untersucht und nach dem scheinbaren Beweis dieser in einen direkten Zusammenhang gestellt. Natürlich ist es da nicht so offensichtlicher Nonsense wie der Zusammenhang zwischen Magerine und der Scheidungsrate, aber dass es diesen direkten Zusammenhang so nicht gibt, sondern nur indirekt eine Folge eines sehr viel komplexeren Problems der demografischen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklung über die Jahrhunderte sein könnte, wird geringfügig unter den Teppich gekehrt.

        Wissenschaftlich betrachtet wäre die korrekte Schlussfolgerung, die These „Amazon beliefert Schwarze schlechter“ wurde durch die Datenanalyse nicht bewiesen, sondern lediglich nicht widerlegt. ;)

        Aber das eigentliche Problem meiner Meinung nach ist, dass mit solchen Aussagen gleichzeitig Rassismusvorwürfe mitschwingen und Ressentiments angesprochen werden. Und die helfen, gerade wenn sie so zusammen konstruiert sind, überhaupt nicht weiter in einem konstruktiven Diskurs. Auch das „auf Daten beruhende Geschäftsentscheidungen bestehende gesellschaftliche Spaltungen weitertransportieren“. Das Amazon wissentlich rassistisch agiert halte ich mal für groben Unfug. Abgesehen davon, ob man eine Bestellung aus dem Internet am selben Tag erhält oder nicht, ist jetzt echt nicht so überlebenswichtig, dass damit irgendwelche Konflikte vorangetrieben werden.

        Lesenswert am Ende des Orginalartikel ist auch ein wichtiges Statement:
        “As soon as you try to represent something as complex as a neighborhood with a spreadsheet based on a few variables, you’ve made some generalizations and assumptions that may not be true, and they may not affect all people equally,” says Sorelle Friedler, a computer science professor at Haverford College who studies data bias. “There is so much systemic bias with respect to race. If you aren’t purposefully trying to identify it and correct it, this bias is likely to creep into your outcomes.”

        1. @MR „Das Amazon wissentlich rassistisch agiert halte ich mal für groben Unfug.“
          Ich auch, ich sehe allerdings nicht, wo das behauptet worden wäre.

  3. Datenjournalismus: Amazon beliefert Arbeitslose ohne Geld in den USA garnicht.

    No shit, Sherlock.

  4. Zitat:“mehrheitlich schwarzen Wohnvierteln in den USA weniger häufig die Option der „Am-Selben-Tag-Lieferung“ anbietet.“

    Öhm … Problemviertel? … wenig Geld? … nur wenige „Prime“ Kunden? … evtl. hohe Kriminalitätsrate?

    Nun, in Berlin Neuköln gibt es auch … Straßen, in der ein Bote nach einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr „Flaniert“ … also auch dort … nix mit Prime!
    Lustiger wird es, wenn es ein Bote doch macht und keine „Maut“ bezahlt, da sich einige Gruppierungen dazu auserkoren fühlen, die imaginäre Ausgangssperre zu kontrollieren …

    Haja … aber wir sind in Deutschland … da kann sowas nicht passieren, oder?

    1. Kannst dir deinen Einkauf ja an eine Packstation schicken lassen und dann um Mitternacht abholen.

      1. Hmmm … wenn sich das Herumspricht, das dort hochwertige Bestellungen aufschlagen, dann werden sie (Gangs of Neuköln) auf die Abholer schon zuverlässig warten!

  5. Die Daten, auf denen Amazons Primeservice etabliert wurde, bilden rassistische Strukturen ab. Wenn man diese Daten nutzt, trifft man eine Entscheidung: möchte man die Daten nutzen, um jene Strukturen zu reproduzieren oder Diskriminierungen abzubauen. Amazon hat sich für das Geschäftsmodell Profitmaximierung entschieden. Rassistische Strukturen werden dabei mindestens toleriert. Sie hätten sich auch anders entscheiden können, hätte dann wahrscheinlich niemand mitbekommen, weil es nämlich normal sein sollte.

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