Bei der Pressekonferenz der Intelexit-Kampagne vergangene Woche sprach unter anderem die pakistanische Aktivistin und Rechtsanwältin Nighat Dad. In einer emotionalen Rede äußerte sie sich zu den Auswirkungen des Drohnenkrieges auf den Alltag der pakistanischen Bevölkerung und rief Geheimdienst-MitarbeiterInnen zum Ausstieg auf. Wir sprachen danach mit ihr unter anderem über die Arbeit der von ihr gegründeten Digital Rights Foundation, Massenüberwachung in Pakistan und die Rolle Deutschlands im Drohnenkrieg.
Nighat Dad ist die Gründerin und Geschäftsführerin der Digital Rights Foundation und Vorreiterin im Kampf um offenen Zugang zum Internet in Pakistan. Sie wurde 2015 vom TIME Magazin als „Next Generation Leader“ für ihre Arbeit zur Stärkung von Frauen gegen Belästigungen und Bedrohungen im Internet ausgezeichnet.
There is also an English version of this interview available. Es ist auch eine englische Version verfügbar.
Was macht die Digital Rights Foundation und an welchen Kampagnen arbeitet ihr aktuell?
Nighat Dad: Zurzeit arbeiten wir an einer Anti-Überwachungskampagne, da die Enthüllungen Snowdens zeigen, dass die NSA 55 Millionen pakistanische Mobilfunkanschlüsse überwacht.
Wir schauen uns aber auch die pakistanischen Geheimdienste an, welche ohne jegliche Rechenschaftspflicht und Transparenz Bürger, die Justiz und Politiker überwachen. Dabei machen wir die Regierung für ihr Handeln verantwortlich, indem wir Senatoren und Parlamentarier informieren. Es gibt nicht besonders viel Aufmerksamkeit und Bildung über Überwachungsmaßnahmen in Pakistan. Die meisten Leute sehen es als einen normalen Aspekt geheimdienstlicher Arbeit an. Niemand hinterfragt das. Nach den Enthüllungen von Snowden hat sich das aber geändert, sodass Senatoren und Parlamentarier das Thema adressieren.
Außerdem bieten wir IT-Sicherheitstrainings für Journalisten, Aktivisten und zivilgesellschaftliche Gruppen an, weil diese zunehmend das Internet für ihre Arbeit benutzen. Viele nutzen das Internet, ohne etwas über Online-Sicherheit zu wissen. Wir erzählen ihnen über Überwachung, wie sie genau beobachtet werden, welche Schritte sie übernehmen können, um Überwachung zu verhindern, und andere digitale Sicherheitsthemen.
Du bist ausgebildete Rechtsanwältin mit einem Schwerpunkt auf Frauenrechte. Mit welchen Herausforderungen und Problemen sehen sich pakistanische Frauen und Mädchen online konfrontiert?
Nighat Dad: Zurzeit gibt es keine Gesetzgebung zu Internetkriminalität oder Gesetze, die Frauen bei Belästigungen Absicherung bieten, also zum Beispiel bei Vergewaltigungsandrohungen oder wenn ihre Freiheitsrechte durch Belästigung eingeschränkt werden.
Erstens wissen also Frauen oftmals nicht bescheid über Rechtsmittel oder irgendwelche Gesetze, die ihnen Schutz bieten. Zweitens haben sie keine Ahnung, was sie im Falle von Belästigung machen sollen.
Ihr versucht ihnen also durch Trainings zu helfen?
Nighat Dad: Ja, wir haben ein großes Trainingsprogramm an Universitäten und Colleges gestartet, bei dem wir mit jungen Frauen reden. Immer mehr Frauen nutzen Handys in Pakistan, weil es zunehmend von ihren Familien akzeptiert wird. Normalerweise erlauben Väter und Brüder aus kulturellen Gründen Frauen den Besitz von Handys nicht. Ich kann mich gut erinnern, dass ich kein Handy haben durfte, als ich an der Universität studiert habe. Es ist also eine wirkliche Herausforderung für diese Frauen, Zugang zu dieser Technologie zu bekommen. Im Falle von Belästigungen und Bedrohungen können sie aber nicht einfach zu ihren Familien gehen und ihnen davon erzählen. Sie wissen nicht, wie sie mit solchen Situationen umgehen sollen, und kommen daher zu uns.
Sind Verschlüsselungstechniken in euren Trainings Thema?
Nighat Dad: Verschlüsselung ist in Pakistan verboten. Die Gesetze sagen, dass du eine Genehmigung von der Pakistan Telecommunication Authority (PTA) brauchst, um verschlüsseln zu dürfen, was überhaupt keinen Sinn für mich ergibt.
Kennst du Fälle, bei denen jemand auf Grund von Verschlüsselung angeklagt wurde?
Nighat Dad: Mir sind keine öffentlichen Fälle bekannt, aber ich weiß, dass die ISPs den Auftrag von der PTA bekommen haben, jene, die verschlüsseln, zu überwachen.
Wie gehst du mit dieser Situation persönlich um?
Nighat Dad: Manchmal nutze ich Verschlüsselung, wenn ich das Gefühl habe, meine Kommunikation sichern zu müssen, oder wenn ich mich bedroht fühle… Es gibt gerade diesen drakonischen Cybercrime-Gesetzesvorschlag, welcher einige unserer in der Verfassung niedergeschriebenen Grundfreiheiten einschränkt. Einige Aktivisten, unter anderem ich, sind dagegen besonders aktiv. Ich fühle mich also schon gezielt beobachtet. Wenn ich zum Beispiel bei Twitter über diesen Gesetzesvorschlag schreibe, steht immer eine Art Twitter-Troll-Armee bereit, mich zu attackieren. Gerade fühle ich mich also beobachtet und nutze sie [Verschlüsselung] nicht.
Es gibt zurzeit Bestrebungen der pakistanischen Regierung, die Kompetenzen der Überwachungsdienste auszubauen. Was sind die Vorhaben genau?
Nighat Dad: Ja, das stimmt. Privacy International hat vor ungefähr einem Monat einen Bericht herausgegeben, in dem sie zeigen, dass der pakistanische Geheimdienst plant, die Überwachungsprogramme der NSA nachzuahmen. Das ist nicht nur beschränkt auf die pakistanischen Internetnutzer, sondern auch außerhalb der Grenzen Pakistans. Es handelt sich also um einen bedeutenden Plan, der auch viel Geld kostet. Die veröffentlichten Dokumente zeigen, dass die Pläne auf das Jahr 2013 zurückgehen. Ich denke, dass sie gegenwärtig umgesetzt werden.
Gibt es darüber in Pakistan eine öffentliche Diskussion?
Nighat Dad: Erfreulicherweise ist es nicht nur die Zivilgesellschaft, die diesen Plan öffentlich thematisiert, auch ein Senator hat sich letztens dessen angenommen. Er brachte einen Antrag ein, der die Regierung auffordert, die Geheimdienste über diesen Plan zu befragen. Überall auf der Welt, auch in Pakistan, operieren Geheimdienste außerhalb gesetzlicher Kontrolle und Verpflichtungen. Ich denke, jetzt ist die Zeit, in der sie zur Rechenschaft gezogen werden sollen, was auch immer sie tun.
Wir wissen dank der Snowden Enthüllungen, dass Metadaten genutzt werden, um Zielpersonen für die Drohnenattacken auszuwählen. Wie funktioniert das?
Nighat Dad: Es ist bekannt, dass die meistgenutzte Taktik der NSA für die Drohnenattacken die „geolocation“-Methode ist, bei der Zielpersonen ausschließlich anhand von Mobiltelefonen und SIM-Karten identifiziert werden. Auch der ehemalige Drohnenpilot Brandon Bryant hat deutlich gemacht, welche Rolle Metadaten im Drohnenkrieg spielen und wie durch ihre Fehleranfälligkeit bereits tausende Zivilisten getötet worden sind. Die NSA hat keinen Mechanismus, um ihre Ziele zu verifizieren, was zur Tötung von Unschuldigen führt.
Beispielsweise gab es 2011 einen Vorfall bei einer traditionellen Versammlung (Jirga), bei der lokale Belange geklärt werden, in der Stammesregion Waziristan mit mehr als hundert Stammesältesten. In dieser Region geschehen die meisten Drohnenattacken. Das Treffen wurde mit Drohnen angegriffen, weil einige der Männer Bärte trugen. So wurden 44 Stammesälteste getötet. Dieses Beispiel zeigt, wie Metadaten und Charakteristika genutzt werden, um Menschen als Ziele auszuwählen.
Ist das der Grund, warum du heute auf der Pressekonferenz der Intelexit-Kampagne gesprochen hast?
Nighat Dad: Ja, weil diese geheimen Unternehmungen der Geheimdienste und Regierungen zunehmen. Sie wollen aber nicht dafür verantwortlich gemacht werden. Zum Beispiel Deutschland: Niemand hinterfragt energisch genug, warum die Bundesregierung einen Stützpunkt für die Drohnenattacken der USA bereitstellt.
Ich spüre sehr viel Freiheit hier in Berlin. Schließlich hat die Stadt das Thema Überwachung schon in der Vergangenheit aufgeworfen und durch die Befragungen des NSA ein sehr gutes Vorbild für andere Regierungen gesetzt. Zur selben Zeit erlaubt die Bundesregierung den Amerikanern aber einen Stützpunkt zur Steuerung der Drohnenangriffe.
Du denkst also, dass die deutsche Regierung die Pflicht hat, etwas zu ändern?
Nighat Dad: Natürlich, warum auch nicht? Die Medien hier sollten die Regierung noch stärker unter Druck setzen, die Duldung des Stützpunktes Ramstein zu rechtfertigen. Warum werden unschuldige Pakistanis durch aus Deutschland gesteuerte Drohnen getötet? Das sind die Fragen, die gestellt werden müssen! Wir müssen sie zur Rechenschaft ziehen!
Was würdest du den Menschen sagen, die für die Geheimdienste arbeiten?
Nighat Dad: Ich denke, dass sie wissen sollten, dass diese Drohnenangriffe keine Videospiele sind, sondern dass dabei echte Menschen getötet werden. Jene, die tot sind, sind tot! Jene, die überleben, tragen Verletzungen davon. Die Opfer bekommen von nirgendwo Hilfe.
Die Drohnenattacken beeinflussen die Communities, weil Kinder nicht raus können, um zu spielen, nicht zur Schule gehen können. Mütter und Väter haben Angst, ihre Kinder aus dem Haus zu lassen, Menschen können nicht zu Hochzeiten gehen, an Beerdigungen teilnehmen oder traditionelle Stammesversammlungen abhalten, weil sie sonst leicht von Drohnen ins Ziel genommen werden. Die Mitarbeiter dieser Geheimdienste sollen wissen, dass Blut an ihren Händen klebt.
Was denkst du über die Intelexit-Kampagne?
Nighat Dad: Ich denke, dass es eine sehr gute Kampagne ist, weil sie den Mitarbeitern die Möglichkeit bietet, aus diesen blutigen Unternehmungen auszusteigen. Es wäre wunderbar zu sehen, wie ihre „kleine“ Handlung eine reale Folge für die Communities und das Leben der Menschen in Pakistan hat. Wenn sie Herz und Gehirn haben, werden sie definitiv diese Möglichkeit nutzen, um aus den Behörden herauszukommen.
Die gute Frau muss eine Wahrnehmungsstörung haben. Es werden doch keine unschuldige Pakistanis durch aus Deutschland gesteuerte Drohnen getötet. Da muss sie sich irren. Unsere Politker belügen doch nicht ihr eigenes Volk. Nie und nimmer würde eine Frau Merkel ihr Wahlvolk anschwindeln.
Herr Altmaier, ich erwarte von Ihnen, dass Sie dies aus dem Bundeskanzleramt mal sofort richtig stellen und klare Worte gegenüber Netzpolitk finden, dass solche Unterstellungen zu unterbleiben haben. Von deutschen Boden führt doch keine Besatzungsmacht einen Krieg. Wo kommen wir denn da hin.
Wenn es nicht so ernst und tödlich wäre könnte man vielleicht über ihren Beitrag lachen.
Tatsache ist, die BRD beteiligt sich an Killerdrohnenmorden weltweit und eine Merkel lässt das ohne weiteres zu und belügt lieber „ihr“ Volk.
Der Krieg der Drohnen
unter
https://vimeo.com/139929172
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Sie steuerten die Kampfflugzeuge: Die beiden ehemaligen Drohnen-Piloten Brandon Bryant und Michael Haas haben jahrelang ihre Gegner durch die Drohnenkameras beobachtet und, wenn sie ihrer Identität sicher waren, den entscheidenden Knopf gedrückt. Ihre „Kunst“ der Kriegsführung hatten sie schon früh mit Videospielen gelernt. Dann haben sie mit ihren Joysticks Menschen getötet und leiden jetzt unter posttraumatischem Syndrom….
Mir kommen die Tränen. Soetwas sollte man sich früher überlegen, wenn man als Killer im Zeichen des Obamas unterwegs ist.
Deswegen werden ja Roboter (z. B. von der Firma iRobot) erfunden, die kein Gewissen haben. Das macht das Töten viel leichter und dem Ingenieur und Wissenschaftler ist das soetwas von egal. Ist halt nur geil, so ein Spielzeug. Das dass Militär aber ganz andere Absichten hat, geht den Hohlbirnen nicht in den Kopf.
Die wenigsten Wissenschaftler und Ingenieure sind glücklicherweise Hohlbirnen.
Dass Roboter erfunden werden, um zu töten, halte ich ebenfalls für ein Gerücht. Abgesehen davon ist bis auf absehbare Zeit „nur“ die „menschliche Intelligenz“ in der Lage die nötigen Denkoperationen durchzuführen, um Drohnen effektiv zu steuern (wär ja irgendwie schon blöd, wenn die Drohnen 30 Jahre zu spät zu einem Auftrag kommen, weil sie so lange brauchen, um die ganzen Möglichkeiten zu trainieren).
Von was träumst du Nachts. iRobot hat selbst schon zugegeben, dass in ihren Staubsaugern Militärtechnik drinne ist und die Entwicklung von autarken Systemen sehr weit ist.
Man forsch sorgar schon daran, Käfer fernzulenken.
https://www.youtube.com/watch?v=bTNtcSXnLxc
https://www.youtube.com/watch?v=M8YjvHYbZ9w
https://www.youtube.com/watch?v=xqMVg5ixhd0