Corporate BloggerTelekom verteidigt Auskunftsblockade im Untersuchungsausschuss – und verplappert sich

Die Deutsche Telekom versucht, ihrem Image als Auskunftsverweigerer im Abhör-Skandal entgegenzuwirken. Die Blockadehaltung aller Telekom-Zeugen im Untersuchungsausschuss rechtfertigt ein Pressesprecher mit der Gesetzeslage. Dabei basiert die Zusammenarbeit der Telekom mit dem BND beim Massenabhörprogramm Eikonal auf einem freiwilligen Vertrag.

Die Deutsche Telekom hat im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Bundestages bisher ein erbärmliches Bild abgeben. Alle drei befragten Zeugen verweigerten jede inhaltliche Aussage zum größten Überwachungsskandal der Menschheitsgeschichte und der Mitwirkung des ehemaligen Staatskonzerns. (Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Kai-Uwe Ricke: „Ich habe im Kern nichts zu sagen.“ Techniker Herr Helfrich auf die Frage: „Gibt es irgendwas, was sie mir erzählen wollen?“ – „Nur nicht-öffentlich.“ Jurist Wolfgang Alster auf die Frage „Eigentlich wissen sie gar nichts“ – „Nein.“) Und das Beste: „Die Zusammenarbeit der Telekom mit dem BND ist Geschäftsgeheimnis.“ Kein Wunder, dass sogar die Bundestags-Nachrichten eine „Auskunftsblockade der Telekom“ sehen, die von Abgeordneten „hart kritisiert“ wurde.

Der Telekom gefällt dieses Image jetzt nicht, daher wehrt sich „Corporate Blogger“ Philipp Blank („…wollte eigentlich die Welt verbessern. Daraus wurde nix und deshalb spricht er jetzt für die Telekom, was auch toll ist.“) mit einem Beitrag im Firmenblog. Die Kernaussagen: Die Telekom kooperiert nicht mit ausländischen Diensten. Mit den deutschen schon, weil sie gesetzlich dazu verpflichtet sind. Da steht auch, dass sie nicht darüber sprechen dürfen. Fazit: „Wer mehr Transparenz fordert, muss das beim Gesetzgeber tun.“

So weit, so unspannend. Interessant wird aber die Diskussion in den Kommentaren. Korrekterweise erinnert Süddeutsche-Korrespondent Thorsten Denkler daran, dass die Zusammenarbeit der Telekom mit dem BND eben nicht auf Basis einer G-10-Anordnung basierte, sondern auf Basis eines freiwilligen, privatrechtlichen Vertrags zwischen Telekom und BND („Transit-Vertrag“). Der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bezeichnete das ebenfalls im Ausschuss als „rechtswidrig“.

Die Antworten von Philipp Blank:

Aber nur mal hypothetisch angenommen, wir hätten uns der Pflicht widersetzt. Wie wäre damals wohl die Schlagzeile der Medien gewesen, wenn Politik und Behörden etwas Druck gemacht hätten, so kurz nach 9/11? „Telekom schützt Terroristen“?

Und wenn wir den Vertrag zur konkreten Umsetzung unserer Verpflichtung nicht geschlossen hätten, wie hätte der BND reagiert? Mit heimlichen Maßnahmen in unserem Netz? Mit dem Vertrag haben wir immerhin erreicht, den Eingriff in die Netze möglichst gering zu halten.

Wir stimmen dieser Antwort zu:

Damit geben sie zu, dass es Ihnen hier nur um das Ansehen des Unternehmens und nicht um den Datenschutz Ihrer Kunden geht.

Deutsche_Telekom_world_locationsAuch, ob die zahlreichen Telekom-Tochterfirmen im Ausland mit dortigen Geheimdiensten zusammenarbeiten beantwortete Blank: „Natürlich müssen sich Tochterunternehmen im Ausland an dortiges Recht halten.“ Also: ja.

Möge sich jede/r ein eigenes Bild machen.

21 Ergänzungen

  1. Telekommunikationsunternehmen sind halt leider zur Kooperation unter Geheimhaltung mit den Diensten verpflichtet. Das hat nichts mit Ansehen zu tun.

    Das Fazit: “Wer mehr Transparenz fordert, muss das beim Gesetzgeber tun.” ist auch richtig.

    Fragt sich welche Partei wir wählen können, die das abschaffen würde.

    1. Die Aussage ist von einem Unternehmen stammend, absoluter Schwachsinn. Die haben doch umfangreiche Erfahrung in Lobbying, Korruption, abgeordneten Bestechung und Beeinflussung, jetzt dem Wähler die Schuld in die Schuhe schieben ist erbärmlich.

      Das Problem ist eher, die haben gutes Geld mit dem Verrat an ihren Kunden und dem Grundgesetz gemacht und deswegen bereitwillig mitgemacht. Deswegen auch der freiwillige Vertrag und nicht sich per Gesetz verpflichten lassen. Da wären die Aufwandsentschädigungen wahrscheinlich kleiner ausgefallen.

      Die Telekom hatte so viel Macht in der Situation. Mehr als die Wähler. Die hätten einfach nur mal andeuten müssen, dass sie den Laden zu machen, wenn sie beim Grundrechtsbruch mitmachen müssen. Da wäre die Politik ganz schnell zur Besinnung gekommen.

      1. Die Telekom hat das TKG und die TKÜV sicherlich nicht bestellt, die bekamen sie ohne Bestellung vom Gesetzgeber geliefert. Und den wählen wir halt. Ist tatsächlich so.

        Ein Koop Vertrag bedeutet nicht zwanghaft, dass es da um mehr Geld ging, sondern eher darum ein Verfahren für die Umsetzung festzulegen. Der BND darf halt 20% des Transit überwachen. BND Gesetz, kommt auch von einem Gesetzgeber, den wir gewählt haben, echt jetzt!

        Hätte die Telekom darauf warten sollen, dass der BND nächtens bewaffnet in die Fernmeldeverteilerstellen eindringt und sich selbst T-Stücke montiert?

  2. … di di di di damm …

    Ich müsste leider einen Vertrag abschließen um ihnen denen jetzt aus Wut zu kündigen … sei es drum: das trifft jedes Unternehmen. Und genau von dieser Intransparenten Geheimverhandelei müssen die TelCo-Anbieter weg.

    Daten erst bei Verdacht – alles andere sorgt für Vorverurteilungen und Grundrechtsbrüche …

    1. Welche Partei müssen wir wählen, damit im BND-Gesetz die 20% strategische Fernmeldeüberwachung gestrichen werden? Ausser den Piraten fällt mir da keiner ein.

  3. Privatrechtliche Verträge sind doch besser als alles andere. Falls TTIP kommt, man möge es verhindern, werden die Firmen alles daran setzen, sich bei Rechtsstreitigkeiten in den dunklen Hinterzimmern der lobbyhaften Schiedsgerichte zurück zu ziehen um später der allgemeinheit die Rechnung zu präsentieren.

    Neben der Urheberrechtszensur, gibs dann noch eine Barriere mehr.

  4. Ach ja, die alte ‚was hätten wir denn machen sollen?‘ Nummer: Nun, man bringt Juristen, Aktivisten, Politiker zusammen (also dass, was grosse Unternehmen jeden Tag als Lobbyismus machen) und veröffentlicht dann die Thematik. Ist öffentlicher Druck und eine Debatte erstmal da, dann wird es fuer die Politik schwer ‚Dienst nach Vorschrift zu machen‘. Klar, können die drohen, aber womit denn? ‚Wir machen die Telekom zu, wenn die nicht unterschreiben?‘. Dann hätte ‚der Staat‘ sich nämlich schön (udn auch öffentlich) verrenken muessen. Mag sein, dass am Ende ein Vetrag erzwungen worden wäre, aber wir hätten eine schöne Grundrechtsdebatte im öffentlichen Raum. Aber das ist doch das letzte, woran eine Telekom denkt. Da wäscht eine intransparente Hand die andere und man kungelt sich was zurecht, denn an den Kunden denkt die Telekom doch nun wirklich nicht, wenn es um Umsätze und Profite geht

  5. Wir brauchen ein Gesetzt das ‚gegen‘ Geheimnisse ist. Das es Strafbar macht wenn Geheimhaltung betrieben wird. Bei der Diplomatie mag man noch eine Ausnahme mit Ländern machen die keine Demokratie sind, mit Ländern die sich als Demokratien bezeichnen wollen, da muss man auch nichts Geheim halten, da in der jeweiligen Demokratie, die Bürger ein Recht auf Transparenz haben!

  6. Am schlimmsten daran finde ich das diese Debatte nach wie vor so groß ist das es niemanden zu interessieren scheint. Es ist so unfassbar was hier passiert das es in der Öffentlichkeit nach wie vor nicht realisiert wird. Ich wette das auch TTIP mit den ganzen Horrorinhalten die kein Mensch mit gesundem Verstand und eigenen Werten durchwinken kann in der Öffentlichkeit nicht mal ansatzweise angekommen ist. Nur am Ende wäre das Geschrei groß wenn die Renten und alles mögliche gekürzt werden muss weil der Staat Milliarden an Konzerne zahlen muss. Diese Gesellschaft lässt sich von vorne bis hinten über den Tisch ziehen und die wenigsten bekommen es mit.
    Hauptproblem für mich: Politisch keine Alternative vorhanden. Wenn sie wollen könnten Merkel und Gabriel TTIP durchwinken, gegen allen Widerstand, Hauptsache die schwarzen Koffer sind dick gefüllt. Armes Deutschland.

  7. Sich heute noch auf „9 von 11“, woran sich insbesondere die Amis so gerne erinnern, wenn’s um das ignorieren von Verfassungen geht, zu berufen, ist etwas feige. Damals stand die Welt noch Kopf und jeder war auf der Seite der selbsternannten World Police. Heute ist das nicht mehr so, da wird „nur“ nach Wirtschaftsinteressen getanzt. Wieso bezieht man sich auf die Irrtümer von damals und verteidigt sie noch?

  8. wenn ein gesetz die mitteilung eines sachverhalts verbietet, ist dann leugnen wider besseres wissen überhaupt eine lüge?

    niemand hat die absicht, einen überwachungsstaat zu errichten.

    .~.

  9. In weltweit geht es bei
    „Mit dem Vertrag haben wir immerhin erreicht, den Eingriff in die Netze möglichst gering zu halten.“
    ausschließlich um das Telekom Image? Das muss mir jetzt mal jemand erklären.

  10. Bei all der Diskussion kommt mir immer mehr der Gedanke, dass man Geheimnisse einfach besser schützen sollte. Nicht etwa die Transparenz, sondern das Geheimnis ist doch der Knackpunkt. Schon bei den Eltern heißt es „Was Sie nicht weiß, macht sie nicht heiß“. Wir regen uns doch alle größtenteils nur darüber auf, weil wir es plötzlich wissen. Was wir nicht wissen interessiert uns auch nicht. Oder meint Ihr dass BSE, alle möglichen Grippen usw. plötzlich weg sind oder vor einem ‚SKANDAL‘ nicht da waren?

    Die Leute sollten einfach mehr dicht halten und Geheimnisse für sich behalten. Gesetz ist Gesetz. Und ein Geheimnis ist eben ein Geheimnis.

  11. Also,ich denke, wenn sich die ausländischen Tochtergesellschaften der Telekom an das jeweilige regionale Recht halten müssen, dann sind auch die entsprechenden Geheimdienst im Telekomnetz.
    Und zum Thema TTIP; die Politiker sollten sich mal überlegen, ob sie für sich selbst einen Vertrag abschließen würden mit diesen Inhalten und Regularien.

  12. Der Sprecher verplappert sich noch an ganz anderer Stelle, weil er nicht erkennt, in welcher juristischen Zwickmühle sich die Telekom befindet:

    Blank schreibt, es gäbe eine klare Rechtsgrundlage für das Ob der Zugangsgewährung und den Abschluss des Transit-Vertrages, die hier beachtet worden wäre. In Betracht kommen § 2 G10 und und § 110 TKG (Blank nennt auch fälschlich das BND-Gesetz). Soweit keine G10 Anordnung vorliegt, muss die Telekom daher den Zugang auf § 110 TKG stützen. Zweck der Norm ist es aber gerade, TK-Anbietern zu erlauben und sie dazu zu verpflichten, in den einschlägigen Fällen das Fernmeldegeheimnis ihrer Kunden zu verletzen.
    Welche Rechtsgrundlage sie auch immer für den Vertrag sehen mag: die Telekom geht damit implizit von einem Eingriff ins Fernmeldegeheimnis durch den Vertrag aus. Solange die Telekom aber keine G10-Anordnung erhielt, weil der BND meinte, durch das BNDG dazu befugt zu sein, wusste sie auch, dass der BND hier nach seiner Rechtsauffassung ohne Eingriff ins Fernmeldegeheimnis arbeitet (weil nur Transitverkehr) bzw. tatsächlich ohne entsprechende Rechtsgrundlage. Die Annahme der Telekom, eine Rechtsgrundlage für die Herausgabe der Daten zu haben, führt also logisch zu der Annahme, dass die Behörde zu der Maßnahme nicht befugt ist. Der Provider ist aber nicht befugt, Zugang für Maßnahmen zu gewähren, die er für offensichtlich rechtswidrig hält.

  13. Ich staune. Was wurden die vielen kleinen Mittäter nach 1945 gefragt? Ich hab es gemacht, weil alle es gemacht haben. Es war ein Befehl von oben. Mein Chef will es so. Das heißt Amtssprache. Wir wurden gezwungen Geld zu verdienen. Das macht nachdenklich. Rettet die Bürgerrechte, aber bitte nicht die der Anderen? Das bisschen Schnüffeln ist doch nicht so schlimm, sagt mein Dienstleister. Vielleicht wird es doch Zeit für einen Anbieterwechsel??? Aber die Frage ist doch: Wer schnüffelt nicht? Nachdenklich.

  14. Warum trägt die Telekom eigentlich über ihren europäischen Verband ESF ein Papier mit (22. Mai 2014), dass europäische Abwehrmaßnahmen gegen Wirtschaftsspionage als Handelshemmnis denunziert?

    „…call upon negotiators to ensure that TTIP will allow cross border data flows and dataprocessing to occur free from discriminatory terms and trade distorting conditions such as requirements to use local network infrastructure or local servers. These commitments should be applied across all services sectors, including financial services.“

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