Die Europäische Kommission hebt ab: In einer Mitteilung werden einheitliche Normen und Vorschriften für den Betrieb von Drohnen in allen EU-Mitgliedstaaten vorgeschlagen. Ein Gesetzgebungsvorschlag ist ebenfalls unterwegs. Gestern gingen hierzu mehrere Dokumente online, darunter ein „Memo“, ein Pressestatement des estnischen Vizepräsidenten Siim Kallas und eine Sammlung von FAQ. Der eigentliche Regelungsvorschlag findet sich in einer neun Seiten langen Mitteilung an das Parlament und den Rat der Europäischen Union.
Damit knüpft die EU-Kommission an frühere Maßnahmen für „pilotenferngesteuerte Luftfahrtsysteme“ an. Seit Jahren wurden mindestens 315 Millionen Euro in ihre zivile, aber auch militärische Nutzung versenkt. Vergangenen Sommer publizierte die Kommission eine „Roadmap“, um die Integration von Drohnen in den allgemeinen Luftraum aller Mitgliedstaaten vorzubereiten. Spätestens ab 2025 sollen sie dann an zivilen Flughäfen anzutreffen sein. Der Europäische Rat hatte im Dezember das Ziel bekräftigt, diese „schrittweise Integration“ von Drohnen in den EU-Luftraum ab 2016 zu beginnen. Zuständig ist hierfür die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) mit Sitz in Köln.
Auch diese Maßnahme des „Einheitlichen Europäischen Luftraums“ war vor zwei Jahren in einem „Arbeitsdokument“ anvisiert worden. Die jetzige Mitteilung greift das Thema wieder auf und überführt es in eine offizielle Initiative. Jedoch geht es mitnichten nur um die Navigation und Steuerung von Drohnen: Die vorgeschlagenen Normen und Vorschriften betreffen die Bereiche technische Sicherheit, Vorbeugung von Abstürzen, Schutz der Privatsphäre und Datenschutz, Versicherung und Haftung. Damit nicht genug: Derzeit führt die Kommission eine Folgenabschätzung durch, um weitere Defizite auszuloten und Optionen abzuwägen. Dann soll ein Gesetzgebungsvorschlag folgen.
10 % des „Luftverkehrsmarkts“ soll auf Drohnen entfallen
So sollen etwa zivile Drohnen den gleichen Sicherheitsvorkehrungen unterliegen wie die bemannte Luftfahrt. Die Kommission will prüfen, wie Datenschutzbestimmungen auf „pilotenferngesteuerte Luftfahrzeuge“ angewandt werden können und womöglich Leitlinien vorschlagen. Damit Drohnen nicht für „rechtswidrige Taten und Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit missbraucht werden“, soll die EASA „entsprechende Sicherheitsanforderungen“ ausarbeiten. Diese richten sich dann an „Navigationsdienstleister, Drohnenbetreiber oder Telekommunikationsdienstleister“. Auch die derzeitige Haftpflichtversicherungsregelung soll geprüft werden: Diese sei für bemannte Luftfahrzeuge geschaffen, die Mindestversicherungssumme wird ab einer halben Tonne festgesetzt. Für kleine Drohnen ist die Regelung also unbrauchbar.
Ganz oben steht jedoch die Behauptung der heimischen Drohnenindustrie im internationalen Wettbewerb: Europäische Firmen sollen dort „eine Führungsrolle übernehmen“. Hier soll die Vereinheitlichung nationaler Vorschriften zur Betriebssicherheit helfen. In den nächsten zehn Jahren würden 10 % des Luftverkehrsmarkts auf Drohnen entfallen, was laut Kallas rund 15 Milliarden Euro an jährlichen Investitionen entspräche.
Die früheren Initiativen der Kommission galten ebenfalls vor allem der Industrie, wurden aber politisch nicht besonders ernst genommen. Dies auch deshalb, weil große Drohnen mit einem Abfluggewicht über 150 Kilogramm weiter unter Verantwortung der einzelnen Regierungen behandelt wurden. Überdies sind militärische genutzte Drohnen bislang von allen Regulierungen ausgenommen. Nach dem Scheitern der Riesendrohne „Euro Hawk“ hatte der damalige deutsche Verteidigungsminister de Maizière dennoch versucht, eine EU-weite Einigung zu befördern.
Auch Paketauslieferung mit Drohnen soll geregelt werden
Nun wird die Vielfalt kleiner und mittelgroßer Drohnen ausdrücklich betont. Diese könnten etwa „Eisenbahnbrücken auf Schäden überprüfen“, bei Katastrophen zum Zuge kommen oder eine „punktgenaue Aufbringung von Pflanzenschutzmitteln“ gewährleisten. Auch die vom Versandhaus Amazon und dem Postdienstleister DHL eigentlich als vorweihnachtliche Werbeoffensive angekündigte, zukünftige Auslieferung von Paketen wird erwähnt.
In der längeren Mitteilung ist von weiteren obskuren Nutzungsmöglichkeiten die Rede: Drohnen könnten etwa „gigantische Windturbinen“ in die Luft befördern, um „grüne Energie“ zu produzieren. Ingenieure würden an Mikrodrohnen arbeiten, die so programmiert werden könnten dass sie wie Bienen Blumen bestäuben. Die beiden Beispiele zeigen den eigentlichen Zweck des gestrigen Auftritts: Die Kommission will noch mehr Mittel für entsprechende Forschungen begründen.
Versprochen wird die „gezieltere Ausrichtung der Forschung und Entwicklung und Förderung des neuen Wirtschaftszweigs“ und kürzere „Vorlaufzeiten“ für jene Technologien, die für die Integration von Drohnen in den europäischen Luftraum benötigt werden. Denn fehlende Ausweichverfahren oder unzuverlässige, automatische Steuerungsmethoden stellen immer noch das größte Hindernis dar, bevor Drohnen in zehn Jahren auch von zivilen Flughäfen starten dürfen.
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