Zulassung großer Drohnen in den zivilen Luftraum wird zur Angelegenheit militärischer Luftfahrtbehörden

Fragen der luftfahrtrechtlichen Zulassung zivil und militärisch genutzter Drohnen werden auf EU-Ebene jetzt gemeinsam betrieben. Die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) und die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) haben hierzu diese Woche ein Kooperationsabkommen geschlossen. Ziel ist die Beschleunigung verkehrsrechtlicher Fragen und der gegenseitige Austausch zur Lufttüchtigkeit der Drohnen. Bislang ist die EASA lediglich für zivile Drohnen oberhalb von 150 Kilogramm zuständig.

Mit der neuen Vereinbarung soll die EASA von Forschungsergebnisse der beiden EDA-Flaggschiffe profitieren. Dabei geht es unter anderem um die 70 Millionen Euro teure Studie „Unmanned Aircraft System Mid-air Collision Avoidance Function“ (MIDCAS). Bis 2014 will MIDCAS ein automatisches Ausweichverfahren entwickeln. Beteiligt sind Rüstungskonzerne aus Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien unter Führung der schwedischen Firma Saab. Ziel ist die Gleichstellung mit der bemannten Luftfahrt.

Im ebenfalls von der EDA geführten Projekt „Demonstration of Satellites Enabling the Insertion of Remotely Piloted Aircraft Systems in Europe“ (DeSIRE) wurde kürzlich der Flug einer israelischen „Heron“-Drohne im zivilen Luftraum getestet. Der Flugroboter wurde hierfür von spanischen Fluglotsen wie ein gewöhnliches Flugzeug behandelt. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hatte zuvor Flugsimulationen vorbereitet. Das Institut hat sich mit seinem niederländischen Pendant (NLR) in einem Konsortium namens AT-One zusammengeschlossen. Deutschland und die Niederlande hatten Ende Mai verabredet, die Beschaffung eigener MALE-Drohnen gemeinsam zu betreiben.

Perspektivisch sollen gewöhnliche Flugzeuge mit unbemannten Systemen im gleichen Luftraum operieren („Single European Sky“, SES). Die EU hat entsprechende Anstrengungen unter dem Namen „Single European Sky ATM Research“ (SESAR) gebündelt. In der leitenden Kommission („Single Sky Committee“, SSC) sind zivile und militärische VertereterInnen aller EU-Mitgliedstaaten gleichermassen vertreten. Das Bundesverteidigungsministerium sitzt dort mit Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zusammen. Die Bundesregierung gibt in der Antwort auf eine Kleine Anfrage zu Spionagedrohnen zu, dass im SSC wichtige Entscheidungen fallen:

Im SSC haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, auf die EU-Durchführungsverordnungen (implementing rules und community specifications) im SES-Prozess einzuwirken. […] Zudem arbeitet die Bundeswehr an der Erarbeitung standardisierter europäischer Zulassungsvorschriften militärischer Luftfahrzeuge mit. Diese Aktivitäten werden in der European Defence Agency (EDA) durchgeführt. Darüber hinaus werden im Rahmen von NATO-Arbeitsgruppen Zulassungsforderungen harmonisiert.

Auch die Zulassungsverfahren für Drohnen des NATO-Programms „Alliance Ground Surveillance“ gehen in fünf Arbeitsgruppen voran. Deutschland hat zusammen mit den USA und Frankreich den Vorsitz der „Joint Capability Group on Unmanned Aerial Vehicles“ (JCGUAV) inne. Bereits 2004 hatte die NATO die „Flight in Non-Segregated Airspace Working Group“ (FINAS) gegründet, um grenzüberschreitende Flüge im zivilen Luftraum zu vereinfachen. Auch FINAS ist mit der Entwicklung von Standards und Trainings sowie einem Ausweichverfahren für die Drohnen befasst.

Weitere Auskünfte gibt die Bundesregierung auch zur Studie „UAV im allgemeinen kontrollierten Luftraum“, in der das DLR und die Rüstungskonzerne EADS, ESG, Rheinmetall Defence und IABG seit 2000 die Integration von Drohnen mit „bestehenden Regeln der bemannten zivilen Luftfahrt“ synchronisiert hatten. Unter Beteiligung der Deutschen Flugsicherung (DFS) haben hierzu Flugversuche stattgefunden, allerdings wurde eine Drohne lediglich „simuliert“:

In Phase II wurde der in Phase I identifizierte Versuchsträger des DLR in ein von der Funktionsweise unbemanntes System, welches jedoch noch über einen Piloten zur Sicherheit an Bord verfügte, umgebaut.

Später wurde ein Ausweichsensor der Firma Diehl BGT Defense eingebaut und getestet. Als Ergebnis heißt es, bestehende Flugsicherungsverfahren könnten teilweise auf Drohnen übertragen werden. Richtig gut war das System wohl nicht: Denn als Grundlage diente eine Drohne vom Typ „LUNA“, die von EMT gefertigt wird. „LUNA“ steht für „Luftgestützte Unbemannte Nahaufklärungs-Ausstattung“. Der „Motorsegler mit Verbrennungsmotor“ hat einen Einsatzradius von rund 40 Kilometern und wird von der Bundeswehr seit 13 Jahren in Kriegsgebieten mitgeführt. Bei einem Gesamtgewicht bis zu 40 Kilogramm kann das Gerät miniaturisierte Aufklärungs- und Überwachungstechnik befördern. Mittlerweile verfügt die Bundeswehr über 96 „LUNA“-Drohnen. Es waren früher viel mehr: Mindestens 52 „LUNA“ sind abgestürzt.

Jetzt hat das Verteidigungsministerium EADS Cassidian mit einer neuen Studie namens „Technologien zur Integration von unbemannten Luftfahrtsystemen“ in den zivilen Luftraum beauftragt. Die Universität der Bundeswehr München wiederum erhielt den Zuschlag für die die Studie „Cognitive Automated Sensor Integrated Unmanned Mission System“ (CASIMUS). Erforscht wird die Weiterentwicklung einer „semi-autonomen Missionsführung“ von Drohnen.

Als Reaktion auf das Debakel um den „Euro Hawk“ hatte der Verteidigungsminister die Gründung einer neuen, militärischen Luftfahrtbehörde angekündigt. Damit sollen ähnlich kostspielige Ausflüge wie bei der riesigen Spionagedrohne vermieden werden. Der „bisherige europäische Harmonisierungsprozess bei den militärischen Luftfahrzeugen“ solle demnach durch „vertiefte Aktivitäten zur Sonderproblematik der Zulassung von unbemannten Luftfahrzeugen“ befördert werden.

Bei näherem Hinsehen handelt es sich bei der neuen Behörde eher um eine Stärkung der Bundeswehr, wenn diese also zukünftig mit zivilen Luftfahrtbehörden gemeinsame Studien betreibt und Standards entwickelt. Das Ziel ist weiterhin die rasche Integration von Drohnen mittlerer Flughöhe und hoher Reichweite (die sogenannte MALE-Klasse) in den zivilen Luftraum. Hierfür werden in EU-Projekten nicht nur die „Heron“ über dem Mittelmeer probegeflogen, sondern auch die „Predator“ und der Senkrechtstarter „CAMCOPTER“, den die Marine seit 2008 testet und dessen Beschaffung das Verteidigungsministerium laut dem „Spiegel“ kürzlich beschlossen hat.

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