Netzpolitischer Wochenrückblick 3/2014

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Wieder mal eine Woche voller Bedrohungen für unser geliebtes Internet und unsere todkranke Privatsphäre. Hier also wie immer freitags die Haupt-Tatorte:

EU-Kommission und -Parlament sowie der amerikanische Telekommunikations-Anbieter Verizon haben für Schlagzeilen bei der Bekämpfung und Schwächung der Netzneutralität gesorgt. In den USA hat Verizon auf Ebene des Bezirksgerichts von Washington eine Klage gewonnen. Die richtete sich gegen Regelungen für Netzneutralität, die von der Federal Communications Commission 2010 formuliert wurden, so wie diskriminierungsfreien und ungefilterten Datenverkehr. Das schränke die Handlungsfreiheit der Internetanbieter zu stark ein. Damit existiert Netzneutralität in den USA im Moment de facto nicht mehr. Aber NGOs und der FCC werden gerichtlich dagegen vorgehen. Wir wünschen ihnen dabei viel Ausdauer und Erfolg.

Auch in der EU, im Ausschuss des Parlaments für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, arbeitet man im Moment daran, Providern das Recht zu geben, Internetinhalte zu filtern und zu blockieren. Wozu, man ahnt es schon: Kinderpornos und andere sogenannte „schwere Verbrechen“. Wer das nicht hinnehmen und sich für Netzneutralität stark machen will, kann die Kampagne savetheinternet.eu unterstützen und seinem Europaabgeordneten die Meinung sagen.

Ein weiteres Thema in Brüssel war die Passivität der EU-Kommission. Die versteckt sich gerade hinter Anhörungen und Dialogen. In einer Parlamentssitzung zur Aussetzung von Safe Harbour argumentierte eine deutliche Mehrheit der Parlamentarier für eine Aussetzung des Abkommens, das den Austausch von personenbezogenen Daten mit US-Unternehmen ermöglicht. Aber Justizkommissarin Viviane Reding hat es da wohl nicht so eilig und will bis zum Sommer erstmal die Rechtsmittel überprüfen. Ähnlich frustrierend ist auch ein angeblicher Dialog zum Freihandelsabkommen TTIP. Den wollte die Kommission zwar mit der Zivilgesellschaft führen, de facto dominieren unter den Diskutanten jedoch klassische Industrielobbyisten.

In den USA wurde in dieser Woche eine Studie der New America Foundation veröffentlicht, die zeigt, dass die Überwachungsmaßnahmen der NSA nicht wirklich aktiv zur Terrorbekämpfung beitragen und immer noch traditionelle Ermittlungsmethoden überwiegen. Nette Erkenntnis, aber helfen wird das vermutlich nicht, denn auch Handlungsempfehlungen einer von Obama eingesetzen Gruppe, die die Befugnisse der Geheimdienste überprüfen sollte, wurden bereits von Richtern des Geheimdienstgerichts FISC als ungeeignet abgetan. Sie enthielten die Forderung nach wirksamerer Aufsicht und weniger Blankoüberwachung. Aber dann, so die Richter, könne man ja gar nicht mehr effizient arbeiten.

Unterdessen geht es fröhlich weiter mit den NSA-Enthüllungen: Wir haben erfahren, dass unsere Computer auch offline mit Funkwanzen überwacht werden können und dass in großem Stil SMS abgefangen und ausgewertet werden, um die sowieso schon anfallenden Metadaten mit Reiserouten, Geldtransfers und weiteren Einblicken in die sozialen Netze der Kommunikationsteilnehmer anzureichern.

Während all dessen ist in Deutschland das No-Spy-Abkommen gescheitert. Die angestrebte Vereinbarung, die auf dem Papier dafür sorgen sollte, dass Abhörmaßnahmen nur für “zuvor verabredete Zwecke“ erlaubt sind und Bürgerrechte gewahrt bleiben, ist damit gestorben. Deren Wirksamkeit wäre zwar sowieso zweifelhaft gewesen, aber die jetzige Situation ist ein klares Zeichen, dass Amerika gar nicht daran denkt, mit ihrem Lauschangriff aufzuhören.

Da hilft es auch nicht, wenn die Bundesregierung sagt, man müsse Geduld haben und warten. Wir tun das trotzdem, und zwar darauf, was uns die Welt nächste Woche für Nachrichten bescheren wird. In diesem Sinne: Schönes Wochenende.

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