In dieser Woche hat EU-Justizkommissarin Viviane Reding beim informellen Rat der Justiz- und Innenminister in Athen offiziell gemacht, was schon länger klar war: Vor den EU-Wahlen schaffen es Kommission, Ministerrat und Parlament nicht, die EU-Datenschutzreform zu verabschieden. Der Grund dafür ist, dass sich die Mitgliedstaaten im Ministerrat nicht auf eine Position einigen können, mit der sie die entscheidenden Dreiecksverhandlungen (Trilog) mit Kommission und Parlament aufnehmen können und an deren Ende dann das fertige Reformpaket stehen könnte.
Überraschend ist das nicht, denn schon im vergangenen Oktober und Dezember gab es deutliche Signale dafür, dass sich das Reformvorhaben verzögert. Eine Reihe von Staaten, darunter auch Deutschland, hegen aus verschiedenen Gründen Bedenken gegen die Verordnung und verlängern damit die Laufzeit des geltenden internetuntauglichen Datenschutzregimes.
Erstmals liegt ein Zeitplan vor
Was beim (berechtigten) Zetern über die Neuigkeit, die eigentlich keine ist, untergeht: Immerhin hat man sich in Athen erstmalig auf einen verbindlichen Zeitplan geeinigt. Im Juni will der Ministerrat ein Verhandlungsmandat erreichen und im Juli dann in die Dreiecksverhandlungen gehen. Ein Schritt weiter auf dem Weg dahin wollen die Justiz- und Innenminister bereits im März sein, meldet der EU-Observer.
Dieser Zeitplan kann natürlich gebrochen werden, was nicht unwahrscheinlich ist, wie der Tagesspiegel unter Berufung auf einen EU-Diplomaten schreibt. Aber so ein Zeitplan kann auch ein Hebel sein, um Kontrolle und Druck auf den Ministerrat auszuüben.
EU-Wahlen ändern erstmal nicht viel
Im Zusammenhang mit den Berichten aus Athen wurde auch über die Rolle der EU-Wahlen für die Datenschutzreform geschrieben. Der Einwand, neue Mehrheiten nach den EU-Wahlen könnten auch die Einigung des Parlaments, erreicht durch den Innenausschuss im Oktober 2013, scheitern lassen, erscheint relativ unbegründet. Das Europäische Parlament wird sein Verhandlungsmandat vor den EU-Wahlen durch eine erste Lesung formalisieren. Die Verhandlungsgrundlage steht also, zumal es, anders als im Deutschen Bundestag, im Europäischen Parlament kein Diskontinuitätsprinzip gibt. An laufenden Gesetzgebungsverfahren wird weitergearbeitet. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass sich im neuen Europäischen Parlament Mehrheiten finden, die willens sind, die Büchse der Pandora Datenschutzverordnung noch einmal zu öffnen. Zur Erinnerung: In zähen Verhandlungen diskutierten die Abgeordneten über mehr als 3.000 Änderungsanträge. Und schließlich gilt es als wahrscheinlich, dass der zuständige Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die Datenschutzverordnung, Jan Philipp Albrecht (Grüne), wiedergewählt wird.
Die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding bleibt offiziell noch bis zum 31. Oktober im Amt. Eine Neubesetzung könnte andere Akzente setzen. Ähnlich wie in Ministerien gilt aber auch bei der Kommission: Die zuständigen Beamtenstäbe arbeiten weiter. Auch hier erscheint es eher unwahrscheinlich, dass man getane Arbeit vollständig verwirft, zumal die Datenschutzreform als eines der wichtigsten Projekte der EU-Kommission gilt.
Politischer Wille gefragt
Der Ball liegt also beim Ministerrat bzw. den Mitgliedsstaaten, die politischen Willen zeigen und zu einer Entscheidung kommen müssen. Deutschland bzw. dem zuständigen Innenministerium wird hier eine besondere Rolle zukommen (vgl. dazu meine Analyse zum neuen Innenminister und der Datenschutzreform). Gut ist: Deutschlands zukünftiges Verhalten bei der Datenschutzreform lässt sich nun am Einhalten des vereinbarten Zeitplans messen.
Weitere Informationen zum Stand der EU-Datenschutzreform
Friedhelm Greis, Golem: Regierung wartet auf das nächste Google-Urteil
Monika Emert, Internet Policy Review: European ministers largely agree on international aspects of future data protection regulation, other issues unsolved
Carlo Piltz, de lege data: Datenschutzreform: aktueller Stand der Verhandlungen im Rat
Schon Margaret Tahtchter hat darauf hingewieen, dass es unsinnig ist, nicht über Inhalte zu sprechen, aber einenZeitplan festzulegen.
Nun sollte endlich darüber gesprochen werden, was Ratsmitglieder wie Cmaron und Merkel davon abhält, dem bisherigen Vorschlag zuzustimmen. Die Bolzen müssen auf den Tisch, nicht der Kalender.
Wenn national ein Vorschlag des Bundestages keine Chance im Bundesrat für Zustimmung hat, freuen wir uns auch nicht darüber, wenn jemand einen Zeitplan entwickelt, sondern man muss über Inhalte sprechen.
So wie Schlewig-Holsteins Ministerpräsident gerade angekündet hat, im Bundesrat dem Unsinn des Stops der Energiewende zum Schaden von S-H-Windkraft-Genossenscaften von Sigmar Gabreil nicht zuzustimmen -> Mindestens Vermittlungsausschuss, wenn nicht gar Fall des Energiewendestopps und der Höchstsubvention von Kohle+Atom, wie sie Kraft und Altamier in #Groko-Verhandlung eingeführt haben gegen EU-Recht.
Die Probleme liegen auf dem Tisch: UK will eine Richtlinie, Deutschland will den öffentlichen Sektor aus der Verordnung ausgeklammert sehen und führt auch im Hinblick auf die Anwendung auf Unternehmen immer wieder neue Argumente ins Feld. Mein Argument bezog sich auf die simple Einsicht, dass Politik nicht unendlich die beste Lösung deliberiert, sondern nur unter Zeitdruck Entscheidungen fällt. Wer überhaupt eine Reform sehen will, sollte auf Deadlines dringen.
Bezug nehmend auf die Antwort von Herrn Bergemann: im Gegensatz zu unseren KollegInnen in der Politik haben wir eine definierte Deadline bis zu der wir die Neustädter Republik und deren Zelebrierung ratifiziert haben müssen. Dazu sollte meiner Meinung nach in kommender Woche eine Sondersitzung stattfinden in der definitive Entscheidungen gefällt und verbindliche Tatsachen geschaffen werden.
D und B