Leistungsschutzrecht: Springer-Verlag macht keinen Gebrauch vom neuen Gesetz

Nachdem das Leistungsschutzrecht im März ohne große Gegenwehr vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet wurde, soll das Gesetz pünktlich zum 01.08. in Kraft treten. Ausgerechnet der größte Befürworter des Leistungsschutzrechts, der Axel-Springer-Verlag, möchte von dem neuen Gesetz aber erst einmal keinen Gebrauch machen. Das bestätigte ein Konzernsprecher des Verlags gegenüber der taz.

Demnach hat sich der Axel-Springer-Verlag (Welt, Bild) mit einem „Opt-In“ dafür entschieden, dass seine Inhalte auch weiterhin bei Google News aufgeführt werden sollen. Gegenüber der taz sagte der Konzernsprecher, dass der es Verlag jedoch weiterhin anstrebe Gebrauch vom Leistungsschutzrecht zu machen, zur Zeit aber noch Vorbereitungen getroffen werden müssten und sich so „aus juristischen und technischen Gründen zwangsläufig ein Intermezzo“ ergebe.

Dass es überhaupt zu dieser Übergangsphase kommen kann, liegt an Googles Vorgehen, die Verlage anzufragen, ob ihre Veröffentlichungen weiterhin auf Google News kostenfrei veröffentlicht werden dürfen. Das Leistungsschutzrecht erlaubt es nämlich Verlagen, Lizenzen für ihre Texte im Internet zu verlangen, was bedeuten würde, dass Google Geld an die Verlagen zahlen müsste, um die Texte in ihre Übersicht aufnehmen zu dürfen. Durch die konkrete Nachfrage bei Verlagen schafft man bei Google aber einerseits Klarheit darüber, welche Verlage auch weiterhin die kostenfreie Nutzung ihrer Inhalte erlauben und andererseits bietet man den Verlagen so auch aktiv die Möglichkeit, die Nutzung des Leistungsschutzrechts nicht wahrzunehmen. Und genau das hat nun der Axel-Springer-Verlag, einstieger Vorreiter des Leistungsschutzrechts, getan. Der Konzernsprecher sagte:

Allerdings unter der Maßgabe und mit ausdrücklichem Hinweis, dass dies nur vorläufig bis zur geregelten Rechteverwertung und ohne Anerkennung der einseitig von Google gesetzten Konditionen geschieht.

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13 Ergänzungen

  1. Und deshalb werden deutsche Start-Ups niemals eine Rolle spielen so lange wir von realitätsfernen Rentnern und ewig gestrigen Lobbygruppen regiert werden.

  2. Jetzt verbleibt Springer in Google News und gut gelistet in den SERPs, während Blogs und kleinere Aggregatoren wie Rivva wegen der erzeugten Rechtsunsicherheit verdampfen.

    Es ist un-fass-bar. Hier wird Inkompetenz nur noch durch Korruption übertroffen.

  3. Wir brauchen als nächstes erstmal ein Gesetz, dass es Google Glass oder ähnlichen Geräten untersagt am Zeitungsstand Zeitungen zu fotografieren. Damit wird das Urheberrecht unterlaufen und es gefährdet massiv Arbeitsplätze in Deutschland! Die einfachste Lösung wäre es allerdings, wenn Google Glass Benutzer eine tägliche Abgabe für mögliche Urheberrechtsverletzungen leisten würden. Damit wären auch Sachen abgegolten wie z.b. wenn der mögliche Urheberrechtsverletzer auf Straße unerlaubt Mode von Hugo Boss oder anderen hart arbeitenden Designer massenhaft digital und maschinell verarbeitet.

  4. Hmmmm, hat der Vorbehalt der Verlage überhaupt eine rechtliche Wirkung. Soweit ich das sehe kann über das Webformular ja gar kein Vorbehalt angebracht werden und was wenn dort auf OK geklickt wird, stimmt man doch vorbehaltslos zu…

  5. An Googles Stelle würde ich, gerade in Bezug auf „Ohne Anerkennung der einseitig von Google gesetzten Konditionen“, deren Inhalte jetzt schlicht filtern. Entweder ihr sagt „JA, wir wollen weiter von euch gezeigt werden und dafür verzichten wir auf Bezahlung“ ODER ihr weigert euch und werdet gefiltert.
    Aber nach diesen Zeilen kann man davon ausgehen, dass sie vermutlich sogar Rückwirkend Kohle fordern werden, da sie die Bedingungen ja nicht akzeptiert hätten und dennoch bei Google zu finden waren …

    1. Genau das macht Google doch grade :D Nur wer die schriftliche Erklärung abgegeben hat wird ab dem 1.8. dort „veröffentlicht“.

  6. Als juristischer Laie stellt sich mir die Frage, was der Zusatz „ohne Anerkennung der einseitig gesetzten Konditionen“ in diesem Zusammenhang überhaupt bedeutet.

    Kommt nicht durch das nun „Opt-In“ ein Vertrag zwischen Google und Springer zustande, der eben diese Konditionen explizit beinhaltet? Wie will Springer irgendwelche Konditionen nicht anerkennen, aber gleichzeitig gelistet bleiben – und welche Konditionen genau könnten überhaupt gemein sein?

    1. IANAL, aber für mich sieht das aus wie eine Nebelkerze, damit sie nicht zugeben müssen, vor Google den Schwanz eingezogen zu haben.

      Andererseits kann es natürlich auch sein, dass sie im Stillen schon am nächsten tollen Vorschlag basteln, um Google doch noch irgendwie zu zwingen, ihnen Geld zu zahlen. Dann würde das ganze Theater von vorne losgehen.

      Oder sie tun nur so als ob, hauen verbal noch ein wenig auf den Putz und lassen das Thema dann still und leise verschwinden.

      So oder so: head->desk, repeat…

    2. IANAL, too, aber wenn der Axel Springer-Verlag tatsächlich seinen Opt-In-Antrag mit Zusatzbedingungen und Nicht-Anerkennungsklauseln gespickt hat, werden sich Googles Anwälte das sicher genau anschauen, bevor sie entscheiden, ob sie den Antrag annehmen oder ablehnen. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß das sowieso nur ein Köder ist und daß der Axel Springer-Verlag — als Gabelzug — so oder so gegen Google klagen will, entweder, weil Google sie weiter indexiert, aber trotz Nichtanerkennung nichts zahlen will, oder weil sie bei Ablehnung „benachteiligt“ würden und Google eine Monopolstellung innehabe.

  7. Nenen wir doch mal Namen: Christoph Keese, Außenminister von AS und der Klaeden-Kaleden Connection haben wir das LSR zu verdanken.

    Klaeden zog die Strippen direkt im Kanzleramt, Keese machte lautstark den heilsbringenden Propheten (www.presseschauder.de).

    Und nun ist Keese plötzlich ganz still geworden und in die USA geflohen – als Ablöse von Diekmann – um sich Palo Alto das Internet erklären zu lassen.

    Zuvor hat sich Diekmann das Internet erklären lassen und kam mit der wunderprächtigen und total innovativen Rohrkrepierer-Idee von Bild+ nach Hause.

    Wenn Keese nun vor! seinem Seminar „Internet für Einsteiger“ bezüglich der Zukunft des Journalismus die Idee des LSR hervorkotzt, mit was für Bahnbrechenden Vorschlägen wird er wohl nach seinem Seminar aufwarten – vllt. die IDee einer Suchmaschine – oder – gaaanz dolle und total neu: eine Metasuchmaschine …

    Und sowas wird als „Experte“ bezeichnet …

  8. Die Verlage wollen eine Verwertungsgesellschaft (ähnlich GEMA oder auch GEZ), und die SPD hat bereits angekündigt, dass wenn sie an die Regierung kommen sollte, den Verlagen eine Verwertungsgesellschaft zu schenken. Das wärs dann endgültig mit dem unabhängigen Journalismus.

  9. Die Lage ist verfahren, aber jetzt muss jemand den Karren aus dem Dreck ziehen!

    Wie sich die Springer-Blätter zu GoogleNews verhalten, tangiert die Probleme vieler kleiner Aggregatoren und Newsseiten gar nicht – sie haben jetzt das Problem! Jetzt sind die Verbände, Vereine und Initiativen gefragt, eine konkrete Lösung zu finden – warum nicht z.B. die DIGITALE GESELLSCHAFT?

    Hier ein VORSCHLAG:

    Leistungsschutzrecht: So tut doch endlich was!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.