Nach dem Sommer von LulzSec (von Forbes-Reporterin Parmy Olson als Buch aufbereitet) wurde Weihnachten 2011 der private amerikanische Think Tank „Strategic Forecasting“ Stratfor aufgemacht. Unter dem Label LulzXmas drangen Hacktivisten des losen Kollektivs Anonymous in Stratfor-Server ein und kopierten E-Mails und Kreditkartendaten. Die Seite stratfor.com wurde defaced und mit dem Text des Essays Der kommende Aufstand versehen.
Die erbeuteten E-Mails wurden kurz darauf von WikiLeaks als Global Intelligence Files veröffentlicht.
Wenig mehr als zwei Monate nach dem Hack wurde in Chicago der politische Aktivist Jeremy Hammond verhaftet. Er wurde verraten vom LulzSec-Hacker Sabu, der mit dem FBI zusammen arbeitete. Obwohl Hammond das Anonymisierungs-Netzwerk Tor verwendete, korrelierte das FBI einfach, zu welchen Zeiten sein Laptop sein WLAN verwendete mit den Zeiten, in denen sein Online-Nickname in Chatrooms war.
Nach 15 Monaten im Knast mit mehreren Wochen Isolationshaft hat Jeremy Hammond gestern zugegeben, Webseiten mit Anonymous aufgemacht zu haben, inklusive Stratfor:
Now that I have pleaded guilty it is a relief to be able to say that I did work with Anonymous to hack Stratfor, among other websites. Those others included military and police equipment suppliers, private intelligence and information security firms, and law enforcement agencies. I did this because I believe people have a right to know what governments and corporations are doing behind closed doors. I did what I believe is right.
Staatsanwalt Preet Bharara listet noch ein paar weitere Ziele:
During his guilty plea, HAMMOND also admitted his involvement in multiple additional hacks, including computer intrusions into the Federal Bureau of Investigation’s Virtual Academy, the Arizona Department of Public Safety, the Boston Police Patrolmen’s Association, and the Jefferson County, Alabama Sheriff’s Office.
Damit sieht sich Jeremy Hammond nun 10 Jahren Haft und 2,5 Millionen Dollar Strafzahlungen gegenüber. Das Urteil soll am 6. September gefällt werden.
Der 28-jährige Jeremy Hammond ist politischer Aktivist und „Hacktivist“ aus Überzeugung. Bereits 2004 rief er auf der DefCon zu elektronischem zivilen Ungehorsam in Tradition des Electronic Disturbance Theater auf.
Wiederholt wurde er für Offline-Proteste verhaftet, darunter einen „Lärmprotest mit Trommeln“ zum Parteitag der Republikaner, Reclaim the Streets Aktionen, einer Auseinandersetzung mit homophoben Demonstranten während der Chicago Pride Parade, dem Protestieren gegen Nazis ohne Erlaubnis und der direkten Konfrontation mit Holocaustleugner David Irving.
Jeremy Hammond machte direkten politischen Aktivismus aber auch im Internet ganz praktisch. Schon 2003 gründete er HackThisSite.org, einer Diskussions- und Bildungs-Community über Computer-Sicherheit. Im Kollektiv Hackbloc beteiligte er sich unter anderem an der Erstellung der selbst herausgegebenen Zeitschrift Hack This Zine.
Im März 2005 wurde er vom FBI durchsucht, weil er die Webseite der rechten Gruppe Protest Warrior („Fighting the left… doing it right“) aufgemacht und defaced hatte. Auch hier erbeutete er Kreditkarten-Daten und kündigte an, damit an linke Gruppen zu spenden, was aber nie passierte. Dafür erhielt er zwei Jahre Haft und musste mehr als 5.000 Dollar an Protest Warrior zahlen. Wenige Tage eh er in den Knast ging, sagte er dem Chicago Magazine:
He bragged nervously about an ongoing hack that some friends were up to against the National Socialist Movement, a neo-Nazi group he had protested in Toledo in 2005. They were scanning the group’s e-mails and files looking for evidence of hate crimes; if they found anything, they were going to publicize it. He claimed he wasn’t involved and said he wouldn’t talk more about it-with good reason. It was pretty much the same stunt that was sending him to federal prison.
In einem lesenswerten Portrait im Rolling Stone aus dem letzten Dezember sagte sein Zwillingsbruder:
„There are two paths you take after you come out of prison,“ says Jason Hammond. „Some people go straight and try to achieve the American dream, and others go, ‚Fuck it, the whole idea is bullshit, as is the system that created it,‘ and they go in a more radical direction. And Jeremy took that path.“
Eine Soli-Gruppe vertritt die Forderung: Free Jeremy Hammond.
Einen solchen Super-Aktivisten zu stellen, braucht es also 1.) einen Informanten für den Insidertipp und 2.) eine schlichte Korrelation von Online- und Chat-Daten. Cryptomes John Young warnt ja ständig davor, sich allein dank Tor sicher zu fühlen.
Und MAC Spoofing hilft auch nicht immer.
http://www.democracynow.org/2013/5/29/julian_assange_stratfor_hacker_jeremy_hammond (mit Assange)
Die können Daten darüber bekommen, wann man genau sein WLAN benutzt???
Ich glaub, ich werd‘ zum…
Offliner.
Aus dem verlinkten Artikel How the FBI tracked and busted a Chicago Anon:
Okay, danke. Der Link war unter den vielen anderen untergegangen.
´Seit ich vor ein paar Wochen „Bones“ gesehen habe, wiß ich, warum die Leute so paranoid gegenüber Hackern sind:
Da hat ein Hacker, der unter Hausarrest stand, via geänderten Ausleihcode von Büchereibüchern es geschafft, elektronisch gespeicherte Überwachungsfilme zu manipulieren und die Knochen seiner Opfer so zurecht geschnitzt, dass die per Fotoapparat geschossenen Bilder der Ermittler mit einem Virus verseucht wurden.
Ich befürchte, dass es genau dieses Bild ist, was der normale Amerikaner von Leuten wie Hammond hat. Die Angst vor dem Unbekannten, der das Leben manipuliert.
Da muss ich etwas an den „Jack Bauer Effekt“ denken. Soaps können einem schön die Denkwege vorfahren …
Da kann man doch beruhigt sein, dass man in den USA für Hacken, wo niemand zu schaden kam und der Gesellschaft vielleicht noch ein Dienst erwiesen wurde, zehn Jahre in den Knast geht, während Vergewaltigung eher mit 2-6 Jahren bemessen wird. ( http://wiki.answers.com/Q/How_long_do_you_go_to_prison_for_rape )
Gerade aktuell ist auch John Kiriakou:
http://dissenter.firedoglake.com/2013/05/29/imprisoned-cia-torture-whistleblower-john-kiriakou-pens-letter-from-loretto/