Der Bundesgerichtshof legt die Frage bezüglich der urheberrechtlichen Zulässigkeit des „Framings“ – also dem Einbinden von YouTube-Videos auf anderen Webseiten – dem Gerichtshof der Europäischen Union vor. Dieses geht aus einer soeben veröffentlichten Pressemitteilung hervor.
Über den Fall berichteten wir schon vor einem Monat. Es geht in dem Fall um ein YouTube-Video über Wasserverschmutzung, welches von einer Firma für Wasserfilter produziert wurden. Der Film landete ohne Zustimmung der Firma auf YouTube und wurde später auf der Website einer konkurrierenden Firma eingebunden. Die Klägerin, die Firma die Wasserfiltersysteme herstellt, ist der Auffassung die konkurierrende Firma hätte das Video unberechtigt im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht.
Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
Nachdem das Landgericht die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.000 Euro verurteilt hatte, legten diese Berufung ein. Das Berufungsgericht wies die Klage daraufhin ab. Der Bundesgerichtshof gibt dem Berufungsgericht nun Recht, indem es sagt:
[…] dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite im Wege des „Framing“ grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhG darstellt, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheidet, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt.
Dennoch kann der Bundesgerichtshof die Frage nach der Rechtmäßigkeit des „Framing“ nicht zweifelsfrei beantworten.
Eine solche Verknüpfung könnte jedoch bei einer im Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 2 UrhG ein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe verletzen.
Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof die Frage nun dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt, um klären zu lassen, ob:
[…] bei der hier in Rede stehenden Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliegt
Diese sagt:
Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.
Wir hoffen, dass der EuGH hier die Realität im Internet anerkennt und die Rechtspflichten dem Uploader auferlegt, nicht den Nutzer/innen. Sonst geht eine Grund-Funktionalität des Web im 21. Jahrhundert verloren.
Update Andre: Hier der komplette Beschluss im Worlaut:
Beschluss-Tenor in I ZR 46/12
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Stellt die Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren vorliegen, eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG dar, auch wenn das fremde Werk damit nicht für ein neues Publikum wiedergegeben wird und die Wiedergabe nicht nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolgt, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet?
Der Europäische Gerichtshof wird wohl kein grundsätzliches Urteil zur Rechtmäßigkeit von YouTube-Einbindungen treffen, sondern sich auf den spezifischen Einzelfall konzentrieren. Das ist gängige Praxis des Gerichts und wird verdeutlicht durch die Einschränkung der Frage auf „Umstände, wie sie im Ausgangsverfahren vorliegen“.
> Sonst geht eine Grund-Funktionalität des Web im 21. Jahrhundert verloren.
Geht es auch eine Spur weniger dramatisch? Es ist eine „Grundfunktionalität“ des Internets Videos von Dritten auf der eigenen Seite einzubinden? Man kann es wirklich auch übertreiben. Ein normaler Link tut’s genauso und kostet gerade mal einen Klick mehr.
Hallo,
Ihrer Aussage nach scheint es mir als wären sie nicht aus dem Bereich der Onlinemedien Gestalltung. Denn wären dem so, so würden sie wissen dass es einer der schlimmsten Fehler ist einen „Besucher“ auf eine andere Seite zu leiten. Dies ist schon fast als verlorener „Besucher“ zu betrachten, durch das Aufrufen des Links in einem anderen Fenster ist eine Notlösung um den „Besucher“ nicht ganz zu verlieren. Diese Methode ist aber dennoch nicht besonders wirksam in diesem Fall da nicht gewiss ist ob er sich nicht an weiterem material auf der Zielseite bedient und so die eigene Seite als überflüssig ansieht.
Es als Grund-Funktionalität zu beschreiben ist zwar in der Tat etwas dick aufgetragen, dennoch würden einige Seiten ihr Gesicht verändern, da es ihnen nicht mehr möglich wäre so weiter zu machen wie zuvor.
Man darf 2 Konsequenzen nicht ausser Acht lassen.
1. Nicht jeder hat die technische möglichkeit einen eigenen Streaming Dienst zu stellen. Ides wird unweigerlich zu Umstrukturierungen oder im Extremfall zu Schliessungen führen.
2. Durch Datenduplizierung wurde es bei denen heuteigen Exabyte an Daten zu noch mehr Daten kommen. Diese wiederum müssen irgenwo „leben“ und verbrauchen somit Strom.
Ich freue mich dass der BGH dies nicht als Grundsatz anlegen zu wollen schein sondern es weiter je Fall entscheiden will. Dies lässt einigen doch noch etwas Luft , da man nicht immer eine allgemein passende Lösung finden kann muss es auch Einzelfall Entscheidungen geben.
@Geralt:
Es geht aber auch darum, dass der Uploader es schon längst SELBST in der Hand hat, ob ein Video auf fremden Seiten eingebunden werden kann oder nicht. Bei YouTube beispielsweise lässt sich das Einbinden ganz einfach deaktivieren.
Wenn diese Funktion nicht deaktiviert ist, muss ein Nutzer davon ausgehen können, dass der Uploader es gestattet, dass das Video auf anderen Seiten eingebunden wird und nicht, dass ihm quasi durch die Hintertür daraus ein juristischer Strick gedreht wird. Denn dann müssten sämtliche – mal wieder nur deutschen (!) – Blogger ihre Blogs durchforsten und sämtliche eingebundenen Videos entfernen, was bei manchen einer Sisyphos-Aufgabe gleich käme.
Eine Entscheidung, dass solche Einbindungen auf einmal illegal seien, ginge an der Realität völlig vorbei. Mal ganz davon abgesehen ist es in vielen Fällen einfach praktischer, das Video direkt einzubinden, anstatt mit einem Link darauf zu verweisen.
@Geralt
Eingebettete Videos sind eine Grundfunktion, da sie zum Beispiel im Online-Journalismus zum interaktiven Layout einer Webpräsenz gehören. Filmredaktionen zum Beispiel sind bei weitem nicht mehr zeitgemäß, wenn sie den aktuellen Trailer auf der eigenen Seite nur als Textlink anbieten und mit etwas Glück noch das eine oder andere Bild inmitten der „wall of text“.
Was den Aufwand eines „Klicks“ angeht. Es gibt genug Leute, Experten etc. die sich allein damit befassen, Webseiten auf ihre Zugänglichkeit zu optimieren. Viele Leute unterschätzen das Hindernis „Klick“ nämlich sehr gerne mal.
@Thorsten:
Bei der Entscheidung des BGH geht es um einen Fall, in dem das Video gerade nicht von dem Urheber, sondern einem unberechtigten Dritten bei Youtube hochgeladen worden ist. Der unberechtigte Dritte kann damit natürlich auch nicht legitimerweise das Einbetten erlauben.
Mehr dazu auch unter http://www.rechtzweinull.de/archives/934-Bundesgerichtshof-verschiebt-richtungsweisende-Entscheidung-zum-Einbetten-fremder-Inhalte-Embedding-und-legt-Frage-dem-Europaeischen-Gerichtshof-vor.html