Barrett Brown: womöglich 105 Jahre Gefängnis für das Teilen eines Links

Barrett Brown im Jahr 2007. Bild: Karen Lancaster
Barrett Brown im Jahr 2007. Bild: Karen Lancaster
Barrett Brown im Jahr 2007. Bild: Karen Lancaster

Der amerikanische Journalist und Aktivist Barrett Brown sitzt seit über einem Jahr im Gefängnis. Er sieht sich mit Anklagen konfrontiert, welche ihn in Addition der einzelnen Strafmaße für 105 Jahre ins Gefängnis bringen würden. Sein Verbrechen: er veröffentlichte einen Link zu einer Reihe geheimer Daten, welche enge Beziehungen zwischen der amerikanischen Regierung und privaten Sicherheitsfirmen aufzeigten.

Die New York Times beschreibt Barrett Brown als einen Journalisten der die „Konflikte und Widersprüche des Journalismus in der digitalen Ära“ aufzeigt. Brown schrieb unter anderem für Vanity Fair, die Huffington Post und den Guardian. Mindestens so sehr wie als Journalist sei Brown jedoch auch als Aktivist aktiv gewesen. Unter anderem war er in der Vergangenheit Sprecher von Anonymous. Seine Interesse war jedoch immer dasselbe, egal ob als Journalist oder Aktivist: die Verwicklungen amerikanischer Sicherheitsbehörden mit Unternehmen aus der Privatwirtschaft aufzeigen und anprangern.

Die Grenzen zwischen Journalismus und Aktivismus scheinen bei Barrett Brown fließend gewesen zu sein, wie die New York Times anmerkt:

He was known to call some of his subjects on the phone and harass them. He has been public about his struggles with heroin and tends to see conspiracies everywhere he turns. Oh, and he also threatened an F.B.I. agent and his family by name, on a video, and put it on YouTube, so there’s that.


Das Youtube-Video veröffentlichte Brown im Jahr 2012, nachdem das FBI seine Mutter wegen Behinderung der Justiz anzeigte. Sie hatte bei einer Durchsuchung ihres Hauses, indem Barrett Brown zu der damaligen Zeit mir ihr wohnte, versucht den Laptop ihres Sohnes zu verstecken. Brown war nach der Anzeige durch das FBI so aufgebracht, dass er das besagte Video aufnahm. Zitat aus dem Video:

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Anklageschrift heißt es:

[Mr. Brown] provided access to data stolen from company Stratfor Global Intelligence to include in excess of 5,000 credit card account numbers, the card holders’ identification information, and the authentication features for the credit cards known as the Card Verification Values (CVV), and by transferring and posting the hyperlink, Brown caused the data to be made available to other persons online without the knowledge and authorization of Stratfor Global Intelligence and the card holders.

Festzuhalten bleibt aber, dass Barrett Brown nicht an der Beschaffung der Daten beteiligt war – wofür er auch nicht angeklagt wurde – sondern dass es den Anklägern einzig um die Veröffentlichung des Links ging. Die New York Times hebt jedoch hervor, dass es sich hierbei um normale journalistische Arbeit handelt, die zur Zeit auch intensiv mit den Snowden-Dokumenten betrieben wird.

Journalists from other news organizations link to stolen information frequently. Just last week, The New York Times, The Guardian and ProPublica collaborated on a significant article about the National Security Agency’s effort to defeat encryption technologies. The article was based on, and linked to, documents that were stolen by Edward J. Snowden […].

Alexander Zaitchik hat Barrett Brown für einen ausführlichen Bericht des Rolling Stone im Gefängnis besucht. Zaitchik schreibt Brown so „schockierend entspannt“ für jemanden der einer 105-jährigen Gefängsnisstrafe entgegenblickt. Brown sagte zu ihm:

I’m not worried or panicked. It’s not even clear to me that I’ve committed a crime.

Auch wenn Brown nicht an der Beschaffung der Daten beteiligt gewesen war, sind einige Parallenen zum Fall Aaron Swartz ersichtlich, der sich im Januar diesen Jahres das Leben nahm. Aaron Swartz wurde im Jahr 2011 festgenommen, nachdem er über das öffentliche Netzwerk der MIT rund 4 Millionen akademische Dokumente aus dem JSTOR-Archiv geladen hatte. Hintergrund waren jedoch keine finanziellen sondern Swartzes Einsatz für die Open-Access-Bewegung. Ihm wurde jedoch Überweisungsbetrug und Manipulation von Computern vorgeworfen. Zu diesem Zeitpunkt drohten im 35 Jahre Haft und eine Geldstrafe von 1 Millionen US-Dollar. Auch dieses Strafmaß wurde als viel zu hoch und unangemessen kritisiert.

Und auch bei Barrett Brown scheint die Anklage ganz auf Abschreckung zu setzen. Besonders auch im Vergleich zu den 10 Jahren Haftstrafe die Jeremy Hammond bevorstehen, der an dem tatsächlichen Einbruch in das Stratfor-Computersystem beteiligt war, wirft die maximale Strafhöhe von 105 Jahren Fragen auf. Besonders in Bezug auf den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten der die Meinungs- und Pressefreiheit in den USA garantieren soll und eigentlich umfassender ist als in den meisten anderen Staaten.

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4 Ergänzungen

  1. Die „Gag-Order“ wäre noch erwähnenswert. wie ich finde eine der absurdesten Facetten der ganzen Cause Brown.

    Dann ist da noch die Sache, dass die gelder die ihm für nen Anwalt gespendet wurden, beschlagnahmt wurden unter der auflage dass er jetzt nen Pflichtverteidiger zu benutzen hat.

    Und – wenn man ProjectPM erwähnt kann man ja auch hinzufügen dass die Seite letzte woche vom US-Justizministerium beschlagnahmt wurde.

    Und Brown ist immernoch Journalist.

    Einer der traurigsten Fälle des aktuellen Zeitgeschehens.

  2. Schade das die Regierung einer legalen Mafia gleicht, die jegliche Ilegalen Aktivitäten vertuschen muss und die Informanten aus dem Weg räumen kann. Wo soll das den Enden. Die Mauer ist gefallen doch die Methoden sind gleich geblieben.

  3. gabs bei aaron swartz nicht noch ein paar monate nach seinem tod das update, dass die anschuldigungen „computersabotage“ etc. sich als unhaltbar erwiesen und die gesamte klage eigentlich hinfällig war?

  4. Man könnte ja jetzt bemerken, dass man es wohl offenbar mit einer ebenso paranoiden wie kontrollsüchtigen Ordnungsmacht zu tun hat, die über das Mittel einer per se unabhängigen Justiz zu verhindern sucht, dass den Menschen auch nur Mittel an die Hand gegeben werden, sich selbst zu informieren und sich eine kritische Meinung zu bilden.
    Aber das ist sicher wieder alles nur linksradikales Geschwätz …

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.