Goteo.org: Crowdfunding für Gemeingüter

Die Berliner Gazette berichtet in einem lesenswerten Artikel über die spanische Crowdfunding-Plattform Goteo.org. Der Artikel basiert auf einem Interview, das Felix Stalder mit den Goteo-Gründern Enric Senabre und Olivier Schulbaum geführt hat. Die Strategie von Goteo weicht in mehreren Punkten bewusst vom dominanten, produkt-orientierten Kickstarter-Modell für Crowdfunding ab:

Das Kickstarter-Modell scheint den sozialen Faktor von Projekten zu limitieren, wenn sie die Grenzen zwischen „Künstler/Produzent“ und „Publikum/Konsument“ überschreiten. Wenn sie andere Spenden als in Geldform akzeptieren würden, würde das eine verteilte und kooperative Ökonomie hervorbringen. Und das sind genau die Aspekte, die uns am meisten interessieren. Wir glauben, dass der Crowdfunding-Prozess viel mehr Möglichkeiten zum Lernen, Zusammenarbeiten und für die Gemeinschaft im Allgemeinen bietet.

Die Goteo-Gründer kritisieren beispielweise, dass Kickstarter nach dem (Finanzierungs-) Erfolg des sozialen Netzwerks Diaspora die Regeln dahingehend geändert hat, dass sie die Finanzierung von reinen Softwareprojekten ausschließen – gerade weil dort die Grenzen zwischen dem Spenden von Geld und anderen Dingen weniger starr sind.

Goteo geht es im Gegensatz dazu um eine Verknüpfung von Crowdfunding und Crowdsourcing:

Neben dem Sammeln von Geld kann jedes Projekt oder jede Kampagne nach Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen fragen, zum Beispiel Wissen, konkrete Aufgaben, Infrastruktur oder materielle Güter. Wir fanden es wichtig, diese Aspekte an das Crowdfunding-Modell anzugliedern. Es führt auf diese Weise zu Crowdsourcing, das eine Gemeinschaftsbildung und das Teilen von Prozessen in einem offenen Projekt mit sich bringt.

Realisiert wurden bzw. werden auf diese Weise bislang unter anderem Projekte wie Tuderechoasaber (dt. „Dein Recht zu Wissen“), das Auskunftsanfragen bei Behörden erleichtern soll, oder Nodo Móvil, das eine mobile WiFi-Verbindung für Soziale Bewegungen und öffentliche Räume entwickelt. An letzterem Beispiel wird sichtbar, welches Potential in einer Erweiterung des Crowdfunding-Ansatzes stecken kann:

Das Projekt erzielte etwa 145% seines Finanzrahmens. Hinzu kamen Entwickler, ein Hacklab Space zum Arbeiten, ein 3D-Drucker für den Prototyp, Tester für arduino, Xbee, Android und GPS und die Zusammenarbeit eines lokalen Anbieters für den Test in einem öffentlichen Raum.

Es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, dass Goteo gerade in einem Land wie Spanien mit enormer Jugendarbeitslosigkeit entstanden ist, wo für viele Menschen finanzielle Beiträge schwerer möglich sind als nicht-monetäre Unterstützung.

 

Eine Ergänzung

  1. Leicht OT:
    Ich würde geren Projekte aus dem Bereich CreativeCommons & FLOSS bei Crowdfunding unterstützen. Leider ist es kaum möglich danach bei den Crowdfunding-Platformen zu suchen. Immerhin hab ich eine gut versteckte Übersicht über CC-Projekte auf Kickstarter gefunden: http://www.kickstarter.com/pages/creativecommons
    Kennt jemand mehr?

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