Andrian Kreye hat für die Süddeutsche Zeitung einen guten Kommentar zum (e)G8-Gipfel geschrieben: Die Möchtegern-Sheriffs des Internet. Sehr schön ist das Bildnis von Lederstrumpf.
Das Problem der digitalen Bürgerrechtsbewegungen ist nicht nur, dass sie auf die Rolle der lästigen Zwischenrufer reduziert werden. Ihre größte Herausforderung wird sein, ein Gros der Bürger davon zu überzeugen, dass das wichtig ist, für was sie hier kämpfen. Denn das Internet ist fester Bestandteil des beruflichen und privaten Alltags, deswegen betreffen Innovationen und Regelungen jeden Einzelnen. Gesteigerte Produktivität digitaler Technologien bringt mehr Nutzen, aber auch Arbeitsplätze in Gefahr. Mehr Kontrolle bedeutet mehr Schutz vor Online-Verbrechen, aber auch weniger Freiheit im Netz. Es gehe um „das zivilisierte Internet“, ließ Sarkozy vor seiner Initiative wissen. Das trifft den Konflikt im Kern. Denn schon Lederstrumpf wusste, dass die Zivilisation das Ende der grenzenlosen Freiheit bedeutet. Doch er ahnte wohl auch, dass die Gesetzlosigkeit des Wilden Westens nicht ewig währen kann. Die Frage ist nur: Wer soll der Sheriff sein?
ich möchte anregen die Empfehlung dieses SZ-Artikels zu wiederrufen.
Der Text geht nämlich weiter als bis zum „Lederstrumpf“ er endet in einem geradezu fatalen Fazit:
„Es gehe um „das zivilisierte Internet“, ließ Sarkozy vor seiner Initiative wissen. Das trifft den Konflikt im Kern. Denn schon Lederstrumpf wusste, dass die Zivilisation das Ende der grenzenlosen Freiheit bedeutet. Doch er ahnte wohl auch, dass die Gesetzlosigkeit des Wilden Westens nicht ewig währen kann. Die Frage ist nur: Wer soll der Sheriff sein?“
Das würde bedeuten, daß der Artikel auf Netzpolitik über das zivilisierte Netz unsinn ist und das netz „in jedem Falle“ zivilisiert werden müsste…
Nicht „muss“! Jedoch wird es wohl. Insoweit ist die Frage nach dem Sheriff nur die logische Konsequenz aus dem, was sich schon lange abzeichnet.
Oder?
vielleicht will er ja die grandiose musik seine angetrauten schützen. nur, wenn diese musik raubmordkopiert, dem sollte wirklich der netzanschluss aus lebenszeit geskappt werden, da gebe ich dem kleinen franzosen recht.
ansonsten lachen sich die zuckerbergs etc. eh nur schepp über den luis de funes verschnitt.
Diese Indianer-Analogie erinnert mich an diesen Artikel bei Telepolis.
Finde die Deutung sehr interessant das Reden von „digital Natives“ hätte den beiklang von einer überheblich-imperialistischen Haltung gegenüber den „digitalen wilden“….irgendwie wirds ja immer wieder aufs Neue bestätigt.
Wenn Sarkozy mit Zivilisation daherkommt, muss ich unweigerlich an die französische Kolonialgeschichte denken. Der Vergleich ist frappierend. Die Entdeckung des digitalen Raums durch die alte Welt, Besiedlung inklusive der zunehmenden Verdrängung der Ureinwohner (Nerds, The Internet is full. Go away), florierende digitale Kolonien und jetzt die Begehrlichkeiten der alten Welt, die Kontrolle über die neue anstrebt. Bleibt die Frage, ob das Internet dem Schicksal der Vereinigten Staaten folgt oder doch eher dem von Indien und dem Rest der britischen Kolonien.
Die Spannende Frage der Tage ist insoweit für jene digital Natives, wie sie denn das Internet vor seinen zukünftigen Kolonialherren schützen …
Jemand eine (gewaltfreie) Idee :D?
Wer nicht kapiert hat, dass eG8 nichts als eine kleine Konferenz amerikanischer Netzunternehmen bei Sarkozy ist, den sollte man nicht erst nehmen. Das Dumme ist, dass in der Zeitung was anderes steht.
Wenn jetzt Bürgerrechtsorganisationen den Gipfel zum Drame nutzen, dann nicht weil sie es nicht besser wissen, sondern weil Aufmerksamkeit eine Ware ist und das G8 Narrativ so stark. Das war doch was wo einstmals politisch verpeilte Globalisierungsgegner und Anarchisten gegen demonstrierten.
Darum auch diese obskuren Addresssammler wie Accessnow.
Besser wäre es natürlich die Aufmerksamkeit auf wichtige Sachen zu lenken wie die EU Strategie
http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/barnier/headlines/news/2011/05/20110524_en.htm
Wenn hier jemand ein „Möchtegern“ sein dürfte, dann der Journalist Kreye, der Phrasen des Präsidenten so extrem ernst nimmt, statt zu sehen dass die eingeladenen amerikanischen Netzfirmen wenig begeistert über dessen Visionen sind, und die Zivilgesellschaft die ganze Veranstaltung auch nicht sonderlich ernst nimmt, sondern die Propagandatrommel rührt. Die eingeladenen Netzfirmen sind ja gar nicht Befürworter der (französischen) Netzsperren!
Die Veranstaltung erinnert mich an Gaddafis Koranlesungen vor Hostessen in Italien, während Menschenrechtsgroupies des Diktators sich gegenüber der Presse echauffieren.