Hintergründe zum ungarischen Mediengesetz

In Ungarn tritt am 1.1.2011 ein neues Mediengesetz in Kraft, das etwas mehr als ungewöhnlich ist. Ungewöhnlich daher, dass man die darin festgelegten Maßnahmen nicht in einem europäischen Nachbarland erwartet, sondern die Vorgehensweise eher aus autoritären Regimen kennt. Pikant am Startdatum ist zusätzlich, dass Ungarn im ersten Halbjahr 2011 die europäische Ratspräsidentschaft inne hat, was vermutlich auch gerade die etwas fehlenden Kritik anderer europäischer Regierungen erklärt, die sonst immer weltweit die Demokratie anpreisen.

Zentraler Bestandteil des neuen Mediengesetzes ist die Schaffung einer zentralen Behörde für alle Medien (Print, TV, Radio und Online). Für alle Medien sollen dieselben Regeln gelten. Unklar ist mir gerade, ob dies schonmal kompatibel mit EU-Bestimmungen ist. Diese Behörde wird keinerlei richterliche Kontrolle erhalten und es sind auch keine rechtlichen Konsequenzen für Fehler dieser Behörde vorgesehen.

Die Öffentlich-Rechtlichen Anstalten in Ungarn werden alle unter dieser Behörde konzentriert und sind 100% finanziell abhängig von dieser. Das klingt erstmal nach Effizienzsteigerung, bedeutet aber de facto, dass es auch keine unterschiedlichen Meinungen durch unterschiedliche Redaktionen geben wird. Natürlich werden die Schaltstellen der Behörde mehrheitlich von der rechten Regierung in Ungarn besetzt, so dass man deutliche Kontrollmöglichkeiten über die Presse hat. Gleichzeitig erhält die Behörde dadurch auch legislative Kompetenzen und kann Verordnungen erlassen. Ungarische Aktivisten gehen davon aus, dass die Leitung und Besetzung der Behörde verfassungswidrig ist, ebenso wie der Fakt, dass die Regierung die Leitung dieser Behörde auch ohne Zustimmung des Parlaments für neun Jahre ernennt.

Alle Medien müssen sich registrieren und dafür auch bezahlen. Bei Verstössen gegen das Mediengesetz kann man aus dem Register gelöscht werden und verliert damit die rechtliche Möglichkeit, in Ungarn weiter publizieren zu können. Es gibt hohe Strafen, die man auch erstmal bezahlen muss, bevor ein Richter geklärt hat, ob man im Recht und Unrecht ist. Im Onlinebereich sollen Strafen in Höhe von 10.000 Euro zu erwarten sein, bei den anderen Medien liegen die Strafen deutlich höher. Dies bedeutet einen Chilling-Effect, weil man sich mehrfach überlegen wird, gegen Bestimmungen zu verstossen und Kritik zu laut zu äußern, weil man sonst schnell pleite ist. Es heißt zwar, dass durch das Mediengesetz die Rechte von Journalisten und ihrer Quellen stärken wird, aber dies scheint auch noch umstritten zu sein.

Anscheinend wurden Blogger und Forumsbetreiber in letzter Minute aus diesem Gesetz ausgenommen, aber die rechtliche Frage, wo ein Blog aufhört und ein Presseorgan anfängt, soll eher eine Gummiklausel sein. Bereits heute Morgen sind im Öffentlich-Rechtlichen Radio eni Moderator und Redakteur suspendiert worden, die für das Mediengesetz eine Schweigeminute gesendet haben.

Ziel des Gesetzes soll u.a. sein, die Kontrolle über die Medien zu bekommen, damit die jetzige Regierung weiter an der Macht bleiben kann und vor allem die älteren Wähler besser an sich binden kann. Onlinemedien werden vermutlich teilweise ins Ausland abwandern, um von dort weiter kritisch berichten zu können.

Mal schauen, ob und wann die EU und ihre Staaten wie Deutschland aktiv werden und die notwendige Kritik daran hörbar wird. Eine solche Mediengesetzgebung ist unwürdig für die demokratischen Werte der Europäischen Union.

(Danke an Stef für die Hintergründe und Informationen direkt aus Ungarn!)

58 Ergänzungen

  1. Meine Frau und Schwiegereltern (alle aus Ungarn) sind bereits sehr in Sorge darüber wo das hinführen soll. Nachdem die alte Regierung das Land ausgebeutet hat und hauütsächlich in die eigene Tasche gewirtschaftet hat, wurden unter der neuen Regierung an allen wichtigen Punkten die eigenen Leute eingesetzt, die Medien werden teilweise angewiesen andere angaben zu machen als wirklich passiert ist, und immer öfter passiert es das ich von Bekannten oder Freunden aus Ungarn höre „das ist doch gar nicht so gewesen wie es da steht/im Fernsehen berichtet wird“

    Und keiner sagt etwas. Das sowas in der EU passiert, ist schlimm.. das es von allen anderen Nationen stillschweigend hingenommen wird, dafür gehören die Leute in Brüssel eigentlich mit dem nassen Fetzen erschlagen.

  2. copyandpaste aus https://www.netzpolitik.org/2010/passend-zur-wahl-netzzensur-in-weisrussland/ weil es hierhin iinzwischen besser passt:

    Nicht nur in Weißrussland, sondern auch in der EU gibt es massive Zensurbestrebungen. Hier ein Artikel zu Ungarns neuer Medienbehörde:

    http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-12/ungarn-mediengesetz-orban

    \Ministerpräsident Viktor Orbán verteidigte das Gesetz. Es setze unter anderen wichtige EU-Vorgaben im Jugendschutz, Kartellrecht und Digitalisierung um. \Es enthält kein Element, dass es nicht im Mediensystem in irgendeinem europäischen Land gäbe\, sagte er vor wenigen Tagen.\

    Und wieder einmal werden nur EU-Vorgaben umgesetzt….das heißt für uns: nicht glücklich sein, sondern aufstehen und die Missstände anprangern! Auch wir können uns in der EU für die Ungarn einsetzen – das kommt auch uns zu Gute.

  3. Ohne diesen Wahnsinn in Ungarn jetzt runterreden zu wollen, aber

    „das ist doch gar nicht so gewesen wie es da steht/im Fernsehen berichtet wird“

    passiert mir in Deutschland auch ständig.

    Hart wird es jetzt, wenn Journalisten nicht mehr, wie in Deutschland, durch „die Struktur“ an freier Berichterstattung gehindert werden, sondern durch Strafen und staatliche Zensur die freie Meinungsäußerung unterdrückt wird.

    Die Mächtigen ahnen, dass durch Mirrors, Social Payment und die vielen anderen Methoden des freien Web sich frei zu äußern und zu organisieren so unkontrollierbar wird, dass es nur noch an der Wurzel, im physischen Raum unterdrückt werden kann.

    Dieses Gesetz ist ein weiterer Prüfstein für die EU, wenn es um die Verteidigung der Freiheit im digitalen Zeitalter geht.

    Es sind nicht mehr viele Respekt-Punkte übrig und dann heisst es „Game Over“ – das Europa der Völker wird offensichtlich nicht in Brüssel repräsentiert – dann müssen die Menschen Europas das eben selbst in die Hand nehmen.

  4. Ungarn übernimmt den Vorsitz des EU-Ministerrats zum 01.01.2011. Die EU-Granden werden stillhalten und mitmachen.
    Ein kompletter Boykott jeglicher durch Ungarns Vorsitz anberaumter EU-MinRat-Treffen (also: keiner der Minister/Regierungschefs kommt, außer Berlusconi^^) wäre angebracht.

    Das neue Gesetz in Ungarn sagt mir, dass ich dieses Land ab jetzt im Urlaub meiden werde (obwohl ich zum Sziget-Festival 2011 wollte) und ich mir ungarische Opppositionsgruppen suche, denen ich Spenden zukommen lasse.

    Andererseits muss man in Italien seit Jahren schon seinen Perso vorlegen, wenn man ins Internetcafe will und die werden dann registriert.

    Um mal ein Zitat zu bringen:
    This is the human rights.

  5. Wenn ich mir Europa, USA und den Rest der Welt so ansehe, was die da alles gegen die (Meinungs)-Freiheit gerade planen, stelle ich fest das sie sich wohl strikt an einem Zeitplan halten.
    Es wird alles dafür vorbereitet die große Revolution der Menschheit bis 21. Dezember 2012 herauf zu beschwören.
    Die Welt wird untergehen aus Angst vor dem Internet.
    Also schnell den Stecker ziehen, Bill Kaulitz weiß wo er ist.

  6. „[Das Gesetz] enthält kein Element, dass es nicht im Mediensystem in irgendeinem europäischen Land gäbe“, sagte [Orban] vor wenigen Tagen.

    … und ein Stück weit glaube ich ihm das sogar; und auch wenn ich mich hier vielleicht etwas weit aus dem Fenster lehne: Die einzelnen Elemente muss man sich sicher in den verschiedenen EU-Ländern zusammensuchen und vielleicht ein, zwei Schritte (und Jahre) weiterdenken. Aber die grundlegende demokratiefeindliche Tendenz ist zweifellos auch außerhalb Ungarns in Europa zu finden.

  7. Warum sollte die EU-Politkaste dagegen Einspruch erheben? Es ist doch scheinbar genau das, was gewollt ist.

    Und als Nächstes wird eine EU-Richtlinie zur Abschaffung der Hauptschalter an Rundfunkgeräten auf den Weg gebracht.

  8. Hach, wenn Honni das noch hätte erleben dürfen… er hätte sich wie zuhause gefühlt im kapitalistischen demokraturischen Westen.

    Die Diktatur in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf!

    Demnächst auch in ihrem Land.

  9. @ Spinnzessin
    Ich kann mich (leider) noch gut an Honecker erinnern. Insofern muß ich sagen: Sie irren sich. Honecker hat nicht erlebt und wahrscheinlich auch nicht begriffen, was das Internet ist. Letztlich ist es nicht wirklich zensierbar. Das hätte ihm wohl große Sorgen bereitet (zusätzlich zu den anderen, die er sich schon gemacht hat).

  10. @#11:
    Es geht in Ungarn nicht – nur – um das Internet, sondern ganz generell um staatliche Zensur und die Abschaffung, mindestens aber starke Einschränkung der Pressefreiheit.

    Kommt in dem Fall von den rechten Antidemokraten im Parlament, aber als linker Antidemokrat wäre auch Erich Honecker ein großer Fan solcher Art von Gesetzgebung gewesen, das wollte ich damit sagen.

    Die friedliche Revolution in der DDR hätten sich unsere neuen Bundesbürger dann ja eigentlich auch sparen können, wenn wir hier in Deutschland und Europa dann demnächst die kaputtalistische Demokratur von oben verordnet bekommen…

    Und das Internet hat z.B. den Demonstranten im Iran auch nicht wirklich geholfen…

  11. Die EU wird sich dies wohl eher als Vorbild nehmen, zumindest fürs Internet.

    „Diese Behörde wird keinerlei richterliche Kontrolle erhalten und es sind auch keine rechtlichen Konsequenzen für Fehler dieser Behörde vorgesehen.“

    Kommt mir alles sehr bekannt vor, genauso ist es bei der Netzsperrabt. in den NL.

    Keine Kontrolle, Fehler haben keine Konsequenzen. Außer für die, die da unschuldig drin stehen.

  12. was für ein weihnachtsgeschenk für censilia mahlström. der typ müsste neuer EU-chef werden.

    schei…pressefreiheit-eicheier etc. jetzt gehts euch an den kragen.

    vielleicht richtet er uns ein schickes guantanamo am balaton für regimegegner und blogger ein mit einem hippen waterboarding-becken….hmmmmmm

  13. Warum sollten die EU-Staaten oder gar Deutschland einschreiten? Das ist doch der wahrgewordene feuchte Traum jedes Innenministeriums. Da wird wohl eher Neid und versuchte Nachahmung kommen.

  14. Fast noch trauriger: Wenn man der 20-Uhr-Tagesschau von gestern glauben darf, haben gerade mal „etwa 1500 Studenten“ gegen das Mediengesetz demonstriert.

    Ganz Ungarn in Lethargie? Jedes Volk bekommt die Regierung, die es erträgt?

  15. @Florian
    Nein, aber wenn man gegen solche Gesetze demonstriert riskiert man sehr viel. Gerade wenn die Mehrheitsverhältnisse in der Regierung so aussehen

    „Beide Beschlüsse fielen mit der Zweidrittelmehrheit der regierenden rechtsnationalen Partei Fidesz.“

    gehört eine Menge Mut dazu lautstark auf die Straße zu gehen. Klar muss man den anderen vorwerfen nur zuzusehen, aber diese Einschüchterung erleben wir ja bereits bei uns. Wie man in Nomis Link aus #12 sieht…

  16. ^
    bloggingportal.eu ruft zu einer Aktion gegen die Zensur in Ungarn auf – bitte mitmachen und den Link auf euren Blogs veröffentlichen.

    Voice your criticism in your blogs, on Twitter and Facebook – and put the links to your articles into the comments of this post. If you want, you can additionally send your links directly to the press team of the Hungarian Council Presidency – here is their email address: press.beu@kum.hu. And you can also share your links and thoughts on Twitter – we are proposing the hashtag #NoToHuEU

  17. Im Osten haben die Rechtsradikalen Zulauf. Die gesamte Gegend ist wird zunehmend braun. Faschistisch und radikal.

    Wenigstens etwas, daß Ungarn und Rumänien keinen Schengenbonus erhalten. Sie sind gesperrt.

    Man sollte sich langsam warm anziehen, denn die braune Brühe ist auch in westlichen Ländern hoffähig geworden. Warum? Weil ggf. in den Staaten die Sorgen der Bürger/innen bezüglich diverser Themen nicht ernstgenommen wurden. Das zeigt sich in den Verkaufszahlen gewisser Bücher und am Wahltag.

    Es wird Zeit, daß sich die von allen gepriesene MITTE in der Politik mit s.g. heißen Eisen befasst, bevor es die Rechten machen. Und während die Politik die MITTE des Volkes immer gerne anspricht in zahlreichen Reden, so findet das Volk in der hiesigen Politik die MITTE so gar nicht mehr.

    Wir suchen die MITTE zu Ostern.

    Der Weihnachtsmann ist out und passt bekanntlicherweise sowieso nicht durch den Kamin.

    MfG

  18. Nazis gab es schon immer in Europa; aber dass eine Faschopartei schneller agiert wie Hitler ist schon erstaunlich.
    Als nächstes sind die Oppositionspateien dran.

    Viel Spass in der \demokratischen\ EU

  19. Man müsste sich doch mittlerweile schon an die Diktatur der EU-Bürokraten gewöhnt haben. Ob Verbot von Heilpflanzen, Anordnung giftiger Energiesparlampen und Aufstellung einer polizeilichen Eingreiftruppe mit Lizenz zum Töten, alles deutet schon lange darauf hin, wo es lang gehen wird. Die Zensur und Kontrolle der Medien gehört dazu. So etwas gibt es übrigens in Deutschland auch schon, dort ist es nur nicht per Gesetz geregelt.

    1. @Journalist: Definier doch mal „Diktatur der EU-Bürokraten“, so wie es da steht hab ich das Gefühl, dass Du mit Worten um Dich schmeißt, die Du nicht verstanden hast. Und das Verbot der Heilpflanzen als Aufzählung deutet ebenfalls daraufhin. Und dasmit der Zensur und Kontrolle der Medien in Deutschland kannst Du dann sicher auch noch erklären, oder?

  20. Man kann in den vergangenen Jahrhunderten nur eines feststellen:

    Je ärmer das Volk ist und war, Armenhäuser wie Ungarn und Rumänien heute, desto größer ist die Gefahr, daß das Land abrutscht in den Rechtsradikalismus und Faschismus. Denn dann kommen die angeblichen Heilsbringer aus den Löchern gekrabbelt und verheißen „Gutes“.

    Das war auch in Deutschland so.

    Die Zusammenhänge sind immer vollständig gleich. Blaupausen der Geschichte. Und Geschichte wiederholt sich eben doch. Ständig und ewig, weil die Menschheit nicht lernfähig ist.

    MfG

  21. „[Das Gesetz] enthält kein Element, dass es nicht im Mediensystem in irgendeinem europäischen Land gäbe“, sagte [Orban] vor wenigen Tagen.

    Diese o.g. Zitat interessiert anscheinend keinen. Und die deutsche Mediengesetze? Wie sehen sie aus. Ken Volk hat so ein Maulkorb verpasst bekommen wie die deutsche nach dem zweiten Weltkrieg.
    Hier wird aber gewittert wie noch was. Gute Ablenkung. Wenn man sich über die Freiheit andere beklagt kann man ja sicher sein, dass man selbst frei ist. Nur eine Kleinigkeit. Orban regiert – kurz nach den Wahlen – mit 70% Mehrheit. Er hat ein Auftrag vom ungarischen Volk und wird sein Job machen. Noch ein Unterschied: die deutsche Mediengesetze wurden im Auftrag der Amerikaner erstellt. 1956 hat gezeigt, dass in Ungarn keinem die Freihet nehmen kann ohne den Preis dafür zu bezahlen. Wir haben eine menge Russe umgebracht.
    Schön Gruß aus Ungarn!
    „Der Geist eines Menschen und nicht sein Herr machen ihn zum Sklaven.“ Samuel Johnson (1709-84)

  22. Und Ungarn übernimmt nun auch noch die EU-Ratspräsidentschaft, unglaublich! Aber vielleicht auch ein Vorbild für Nachahmer. Doch zurück zu Ungarn, wenn die Pressefreiht bzw. die Mediengesetze im Jahr 2004 so beschnitten gewesen wäre, würde Ungarn heute nicht zur EU gehören. Das was derzeitig in Ungarn praktiziert wird sind die ersten Schritte zurück zu gulasch kommunistischen Zeiten und viele EU-Staaten halten sich mit Ihrer Kritik zurück.

  23. Leider liest man ganz einseitige Berichte. Die linke Medien haben die Korruption der ehemalige Parteibonzen gedeckt, die haben geschwiegen vor 4 Jahren, als die Linksregierung mit masssiven Polizeigewalt gegen Oppositionellen vorging. Die fürchten nicht für Demokratie und Freiheit, sondern für ihre Privilegien.

  24. Peter Frey, Chefredakteur ZDF am 03.01.2011 im „heute journal“

    Das Jahr fängt schlecht an für Europa. Es geht nicht nur um den Euro – es geht um die Freiheit. Nun ist ein Mann EU Ratspräsident, der die Medien seines Landes unter seine Konrtrolle gebracht hat. In Ungarn haben seit Neujahr Pressefreiheit und Pressevielfalt keine Grundlage mehr.
    Das trifft nicht nur die 10 Millionen Ungarn, es trifft alle Europäer. Und es blamiert die übrigen 26 Staats- und Regierungschefs. Schlimm genug, das Berlusconi und Sarcozy regierungstreue, von Günstlingen gelenkte Medien ganz normal finden. Das der neue Ratspräsident eine der wichtigsten Errungenschaften Europas aber kurzerhand abschafft, das hat eine andere Qualität.
    Wenn die Deutsche bundeskanzlerin die Regierenden in Peking oder Moskau künftig kritisiert, weil sie Journalisten verfolgen oder das Internet abschalten, dann können sie ganz locker nach budapest zeigen. So verliert Europa, so verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit.
    Natürlich, wir müssen Lukaschenkow und Weißrussland kritisieren oder die Mullahs in Teheran wegen der Festnahme der deutschen Journalisten angreifen. Aber unser Ernstfall heißt Ungarn. In der Mitte Europas wird ein Grundrecht ernsthaft verletzt.
    Orvans Mediengesetz ist kein Kavalliersdelikt. Demokratie und Marktwirtschaft gelten schon längst nicht mehr als Zwillingsschwestern. Freiheit für den Markt – aber nicht für unbequeme Gedanken. Wachstum durch Kapitalismus, Konsum – aber ohne Kritik. das ist ein gefährlicher Bazillus, der in der Welt um sich greift. Wenn Europa nicht diesem Bazillus wiedersteht, gibt es sich selbst und seine besten Werte auf. So lange Orbans Mediengesetz gilt, darf Budapest sich nicht im Glanz der europäischen Führungsrolle sonnen. Diplomatische Freundlichkeiten, wie beim Antritt der EU Spitzen sind feige. Lächeln an der Seite eines Zensors, das gewohnte Familienfoto vom Gipfel, das wäre eine Schande für Angela Merkel und ihre Kollegen. Nicht nur der Euro, auch die Freiheit braucht jetzt einen Rettungsschirm in Europa.

  25. Zunächst möchte ich viele mahnen, nicht mit dem Wort Faschismus um sich zu werfen. Der Faschismus kennt bis heute keine genaue, wissenschaftliche Definition und war ohnehin ein spezielles Gebilde, das nie über Italien hinauskam und das Mussolini selbst nicht mehr vertrat gegen Ende. Ich würde mit diesem Begriff einfach aufpassen.

    Ansonsten muss ich ebenfalls anprangern, dass die Mehrheit der Kommentare bisher von der westeuropäischen Sicht der Dinge dominiert wird. Ein altes Sprichwort besagt aber „Gleiches mit Gleichem, Ungleiches mit Ungleichem“. Mit der westeuropäischen Brille kann man das Mediengesetz garnicht erfassen und man muss dafür viel weiter gehen, als nur die Meinungsfreiheit.

    Die wird indes durch das Gesetz garnicht in einem so gewaltigen Masse beschnitten. Jedenfalls solange nicht, wie sich die Fidesz im Sinne der Bevölkerung verhält mit ihrer Politik. Aus ihrem eigenen Aufstieg muss die Fidesz die Konsequenz ziehen, dass es mit ihr genausoschnell den Bach runter gehen kann, wie mit der SZDSZ (gottseidank) und der MSZP (wenn auch leider nicht weit genug). Das ungarische Volk pubertiert sich langsam aber sicher und das Mediengesetz hält das nciht auf. Nach 2010 wird nie mehr ein solch gewaltiges Mass an Machtmissbrauch möglich sein, wie zuvor. Ganz Westeuropa macht die Fidesz und Ungarn schlecht, dabei hätten es die letzten 8 Jahre davor viel mehr verdient.

    Jener Raubtierkapitalismus, der Russland in der 90er schon heimsuchte, hielt von 2002-2010 Einzug in Ungarn, mit der SZDSZ und der MSZP als deren Grundpfeiler. Es wurde soviel privatisiert, dass Ungarn fast schon das reichste Land in der EU sein müsste. Doch die Gelder flossen stattdessen in die Luxusvillen von Politikern, die sich einen solchen Lebensstil andernfalls garnicht erlauben könnten.

    Unterdessen verfällt Budapest überall, wo der 0815 Tourist keinen Fuss hinsetzt. 3 Strassen vom Andrássy Boulevard entfernt findet man Häuser, von denen die „Müemlék“(Denkmalschutz)-Tafel bereits abgebröckelt ist. Die ländlichen Regionen triffts sogar noch schlimmer. Die gewaltigen Überflutungen, die Ostungarn am Fluss Tisza heimsuchen, treten erst auf, seitdem das aufwendige Kanalsystem neben dem Fluss nicht mehr gewartet wird. Gerade in diesem Moment, da alle nur vom Mediengesetz reden, steht ein grosser Teil Ungarns unter Wasser.

    Das kann nurnoch von Beispielen übertroffen werden, wie das bis Vorgestern die Militärpolizei von einer privaten Sicherheitsorganisation gestellt wurde. Ein Grossteil der Budapester Polizei und das komplette Sicherheitspersonal des Parlaments wurden ebenfalls von Privatorganisationen gestellt, oder werden es vielleicht sogar immer noch.

    Wahre Grösse hatte die ehemalige Regierung, die Weltpresse und die EU besonders am 50jährigen Gedenktag der 56er Revolution 2006 gezeigt. Während in Deutschland am Tag der Deutschen Einheit Brandenburger Tor und Reichstag von gedenkenden und feiernden Menschen umringt wird, war seltsamer Weise der ganze Heldenplatz in Budapest, bis auf Präsident Gyurcsany, EU-Präsident Barroso und weiteren Figuren der MSZP und SZDSZ leer. Weil die Bevölkerung durch die Polizei auf über 1 km Abstand zu den Feierlichkeiten gehalten wurde. Das daraufhin in Budapest Zustände wie in einem afrikanischen Bürgerkiregsfilm herrschten, ging in der heiteren Weltpresse unter. Die Polizei, vor allem eben jene aus den Privatorganisationen, gingen mit alleräusserster Gewalt vor. Die Kämpfe dauerten bis tief in die Nacht. Bis huete wurde keiner der Polizisten, die damals sogar scharf geschossen haben sollen angeklagt, im Gegenteil, ihnen wurden wenig später Orden verliehen. Nirgendwo auf der welt verlor man ein Wort darüber. Und alle Welt versteht nicht, warum ausgerechnet nach jenem Gewaltexzess der Staatsgewalt die „Magyar Gárda“ ins Leben gerufen wurde. Entgegen der breiten Meinung, die eben alles durch die Westeuropa-Brille sieht, nicht zum Zweck der rassistisch motivierten ausrottung der Zigeuner, sondern zum Schutz der Bevölkerung vor der Willkür der Staatsgewalt.

    Wovon auch natürlich niemand spricht, weil es ja politisch so unkorrekt und rassistisch ist, ist die Zigeunerkriminalität. Sie ist das traurige Erbe der SZDSZ, die damals in durchaus rassistischem Ton verkündete, die Zigeuener stünden über den Ungarn und sollten sich aus ihrer Unterdrückung befreien. Mein eigener Urgrossvater beschäftige in seiner Schmiede einen Zigeuner und unterdrückte ih nicht. die Zigeuner waren, weil sie nie gross schulisch ausgebildet werden wollten, einfache Landarbeiter und Helfer in Handwerksbetrieben, oder eben Musiker. Bis zum Ende der Horthyzeit im Frühjahr 1944 nach der deutschen Okkupation Ungarns hatten sie eine feste, akzeptierte Position in der Gesellschaft. Erst wurden sie nun von den Pfeilkreuzern verfolgt und anschlissend von der kommunistischen Staatsgewalt unterdrückt. Als nun nach der Wende 1990, die jedoch im Blick auf die letzten 8 Jahre wohl nie erfolgt war, ihre Position in der neuen Gesellschaft noch nicht abgesteckt war, machten die Liberalen und Linken sie sich dienstbar. Sie überhäuften sie mit Sozialhilfe. Sie nahmen der Mehrheit der Zigeuner die Notwendigkeit, zu arbeiten. Studien haben bewiesen, dass Zigeunerjungen später Sozialhilfeempfänger und -mädchen von Kindergeld leben wollen. Weil zudem die Polizei in Budapest zu und auf dem Land abnahm, wurde die Situation und punkto Sicherheit im öffentlichen Leben prekär. Die Polizei fürchtet die Zigeuner, so sehr sind sie in der Unterzahl. Morde und Raube sind keine Seltenheit auf dem Lande und Zigeuner bilden die Mehrheit der Täter, was nicht zu wenige Polizeikommandanten in diesen Regionen schon mehrfach herausstrichen und deshalb kurzerhand gefeuert wurden.

    Die Medien schweigen natürlich auch darüber und auch die neue Regierung nimmt das wort Zigeunerkriminalität nicht in den Mund. dabei muss diese Frage gelöst werden, zum Wohle der ganzen Gesellschaft und jener verschwindenden Minderheit von Zigeunern, die trotz allem durch ehrliche arbeit auskommen statt Sozialhilfe.

    Was Ungarn nun vorerst braucht ist mehr Authorität. Und auf die lange Sicht kann das Mediengesetz durchaus förderlich für die Demokratie sein. Um das zu verstehen muss man sich vorstellen, dass Ungarn unter den Stand zurückgefallen ist, den es unter Horthy vor über 60 Jahren erreicht hatte. Das ist traurig aber wahr. Es fehlt dem Grossteil des Volkes an der nötigen Bildung für die Demokratie, sonst wäre die MSZP nicht auf 20%, sondern aus dem Parlament in genausohohem bogen rausgeflogen, wie die SZDSZ. Horthy sah das damals bereits. Er war bereit, ein mehr an Parlamentarismus zuzulassen, doch erst, wenn die Bevölkerung für diese Verantwortung auch reif war. Deshalb wurde unter ihm die Bildung auch so forciert. Er war es, der den Analphabetismus in Ungarn praktisch besiegt hatte. Die heutigen Raten sind höher als damals. Das Mediengesetz soll das Volk vor der Manipulation durch die linke und liberale Presse schützen, was nach den letzten Jahren mehr als einleuchtend ist. Denn diese Institutionen verstehen einen alten Grundsatz der Macht „divide et impera“(teile und herrsche). Was das Volk jetzt braucht ist Einigkeit. Und wie gesagt, die Fidesz wird durch ihren eigenen Aufstieg wissen, dass sie im Sinne des Volkes Politik machen muss, um nicht ebenfalls in 3 Jahren abgewählt zu werden. Was Ungarn auhc endlich einmal brächte, wäre eine sozialdeomkratische Partei und keine Meute von Exkommunisten, die auf ihren Parteikongressen noch immer die Internationale singen. Ihre Zeit ist abgelaufen.

    In Westeuropa wird zudem von der Radikalisierung Ungarns und des Ostens allgemein gesprochen. Für Ungarn sind die Jobbik und die Magyar Gárda die beiden Symbole dafür. Ich möchte an dieser Stelle nur mahnen, sich nicht von den Medien blenden zu lassen. Ich selbst habe bis zu den Europaparlamentswahlen von 2009 ebenfalls geglaubt, die Jobbik sei eine Gruppe von Neonazis und die Magyar Gárda eine ungarische Neuauflage der SA. Doch man sollte ja erst urteilen, wenn man auch die Gegenseite einmal gehört hat. Leider ist die ungarische Sprache keine besonders verbreitete, obwohl man uns in jedem Winkel der Welt finden kann.

    Nur soviel möchte ich für die Zukunft mitgeben: Die Jobbik will nicht den kompletten Trianonvertrag revidieren, sodern nur die ungarischen Teile der Nachbarländer wiederanschlissen. Dies wieder nicht mit Waffengewalt, sondern über den diplomatischen Weg. sie kämpfen in erster Linie dafür, dass sie Autonomie erhalten und dann selbst entscheiden dürfen, zu wem sie gehören wollen. Die Magyar Gárda hat bis heute keinem einzigen Zigeuner Leid zugefügt, sondern bedrängten Zigeunern sogar geholfen, vor Verfolgung durch Banden zu entkommen. Hand in Hand türmen Gardisten und Zigeuner Sandsäcke in Überschwemmungsgebieten auf. Die Garde und die Jobbik wollen die Zigeuner nicht ausrotten oder ausgrenzen, sondern sie integrieren. Man Blicke dabei auf Tiszavasvari, wo bei den Kommunalwahlen die Jobbik in die Führung der Stadt gewählt wurde, auch von Zigeunern. Man sollte die Jobbik nicht als antisemitisch abstempeln, nur schon deshalb, weil dieses Wort ethymologisch garkeinen Sinn ergiebt. Denn zu den Semiten gehören auch alle arabischen Völker. Die Jobbik und die Garde haben jüdische Mitglieder und Sympathisanten. Es geht nicht darum, ob man Jude ist, sondern wie man zu seiner Heimat steht. Und leider gibt es einige seltsame Handlungen seitens Israel in richtung Ungarn. Massenhaft werden Immobilien von israelischen Investoren aufgekauft und die Anwohner zur Zwangsräumung trotz gültigem Mietvertrag gezwungen. Sie lobbyieren bei den Liberalen und Sozialisten. Die Abgeordneten der LMP kamen mit Israelfähnchen in die erste Sitzung des neuen Parlaments. Das ist für mich eine bei weitem grössere Frechheit, als Vona Gabors (Parteichef der Jobbik) Weste mit dem Logo der Ungarischen Garde auf der Brust. Dieses übrigens ach so pfeilkreuzerisch-nationalsozialistische Symbol mit den goldenen Löwen und weiss-roten Streifen hängt überigens an der Wand des Parlaments hinter dem Parlamentsvorsitzden seit der Eröffnung des Parlaments 1896. Denn es wurde nicht von den Pfeilkreuzern erfunden, sondern bildet das Wappen der Arpadenkönige aus dem 9. Jahrhundert. Die CSU besitzt mit ihren blau-weissen Quadraten in dem Fall mindestens auch ein nationalsozialistisches Emblem.

    Man sollte daher nie einfach das annehmen, was man in den Nachrichten hört oder in der Zeitung liest. Hinterfragen und Kombinieren ist seit der aufklärung im 18. Jahrhundert gefordert und wir sollten es uns nicht abgewöhnen.

  26. Nachdem ich bis vor wenigen Stunden- und auch nur anhand der Presseveröffentlichungen (Fernsehen dto) über das Mediengesetz informiert war, habe ich mir mal von ungarischer seite in unserem Städtchen Hilfe geholt. Ich muß sagen, nach den ersten Meldungen war ich schockiert- bin es mittlerweile noch mehr, ABER: Die Art, wie hier offensichtlich Partei gegen eine Regierung und demokratisch gewählte Abgeordnete ergriffen wird, von einer aus der schweiz und Deutschland gesteuerten Presse, läßt mich erahnen, daß es gut war, tiefer in die Materie einzusteigen.
    Es gab in Ungarn unter dem Deckmäntelchen gewendeter Kommunisten und Pseudoliberaler eine grenzenlose Ausuferung der ??Pressefreiheit??, welche Ungarn zu einem Hort krimineller, pornographischer und auch antisemitisch hetzender, verletzender „Medien“ machte. Gegen diese und genau gegen die, besser für solche „Medien“ ist das Gesetz gedacht und die Behörde wird mit vorgeschlagenen Kandidaten gerade und AUCH von der Opposition nach deren Wahl besetzt werden.
    Mein Gott- und wenn die Chefin der Behörde mit Viktor Orban bekannt ist? Mit wem sind Merkel, Westerwelle und Co bekannt, die im Rahmen der vetternwirtschaft in bestimmte, AUCH KONTROLLIERENDE Positionen gehievt worden sind??? Das sind WELTWEIT (leider) normale Vorgänge. Fakt ist: Es gibt bis heute KEINE ungarisch-deutsche Übersetzung, ein Statement auf Englisch ist am 4.1.2011 veröffentlicht worden, also… ???Viel Wind um, tja, um was eigentlich???

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