Hausdurchsuchung bei Piratenpartei

Bayrische Polizeibeamte haben vor einigen Tagen beim Pressesprecher der Piratenpartei Deutschland eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Grund war wohl ein im Januar der Piratenpartei zugespieltes Dokument aus dem bayrischen Justizministerium. In dem Dokument ging es um den Einsatz von Bundestrojanern in Bayern ohne gesetzliche Grundlage, u.a. um Skype-Kommunikation überwachen zu können. Man kann jetzt wohl davon ausgehen, dass das Dokument echt ist.

Ich bin echt froh nicht in Bayern leben zu müssen.

Update: Wir haben bei Andreas Popp, dem Vorsitzenden der Piratenpartei Bayern nachgefragt und ein paar weitere Infos bekommen:

Also der Durchsuchungsbefehl wurde ausgestellt vom Amtsgericht München in einem Ermittlungsverfahren gegen unbekannt, wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses (internes Schreiben des Justizministeriums vom 13.12.07). Unser Pressesprecher hat den Artikel auf http://piratenpartei.de/node/381 geschrieben und wurde deshalb als Zeuge (ja, als Zeuge!) durchsucht, natürlich ohne Vorwarnung um 5 Uhr früh ausm Bett geholt und es wurde ihm angedroht seine gesamten Datenträger zu beschlagnahmen wenn er nicht bei den Ermittlungen kooperiert. Es gab wohl den Verdacht, dass Original-Schreiben liegt bei ihm oder er hatte Kontakt mit dem Informaten (was allerdings wohl auch nur an den Haaren herbeigezogen war, denn er schreibt ja viele Artikel auf unserer Webseite). Sofern ich im Bild bin, wurden nur Kopien einiger Mails von unserer öffentlichen Mailingliste mitgenommen, beschlagnahmt wurde nichts, er wusste ja nichts, sondern hat es auch nur erfahren wie wir andern auch und eine PM draus gemacht.

Am Montag haben wir auch erfahren, dass ein Server eines anderen Parteimitglieds, der in Bayern gehostet war, von der Polizei am Freitag beschlagnahmt wurde, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus dem selben Grund, da die Beschlagnahme nur einen Tag später statt fand und es wohl Hinweise darauf gab, dass auch dieses Parteimitglied verwickelt sein könnte. Ich weiß nur soviel über diesen Server, dass er komplett verschlüsselt ist, wenn also was drauf wäre, dann käme wohl niemand ran.

Die beiden Betroffenen prüfen gerade juristische Schritte.

In der Pressemitteilung kommentiert er:

Da hat sich ein mutiger Mensch hingestellt und der Piratenpartei Dokumente zukommen lassen, um ein verfassungsrechtlich höchst bedenkliches Vorgehen der bayrischen Landesregierung an die Öffentlichkeit zu bringen. Nun wird dieser gejagt wie ein Verbrecher. Wohnungen von Parteimitgliedern werden durchsucht, Server beschlagnahmt. Der Person, die uns diese Dokumente hat zukommen lassen, möchte ich auf diesem Wege mitteilen, dass Sorge getragen wurde, jedwede Informationen, die sie identifizieren könnte, vor ungewolltem Zugriff zu schützen.

Rechtsanwalt Udo Vetter in der Frankfurter Rundschau:

Die bayerischen Behörden haben ohne jede gesetzliche Grundlage an einem Trojaner gearbeitet und versuchen jetzt, die Kritiker mundtot zu machen. Die Strafjustiz wird instrumentalisiert, um unbequeme Behördenmitarbeiter einzuschüchtern, die auf Missstände hinweisen.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

42 Ergänzungen

  1. Muss es nicht im Rechtsstaat irgendein Mittel geben, um gegen dieses Verhalten der Bayerischen Landesregierung vorzugehen? Also nicht nur die unverhältnismäßige Durchsuchung, sondern vor allem die – anscheinende – Verletzung der Verfassung?

    Vmtl. wurde ja auch das reguläre Polizeigesetz gebrochen. Da aber der Betroffene wahrscheinlich nicht mal was davon weiß, kann er ja schlecht dagegen klagen.

    1. Muss es nicht im Rechtsstaat irgendein Mittel geben, um gegen dieses Verhalten der Bayerischen Landesregierung vorzugehen?

      Nein, Bayern ist ja ein Freistaat und kein Rechtsstaat ;)

  2. Das ist ja unglaublich. Ob die Medien schlau genug sind, hier den nächsten Cicero zu entdecken?

    Ich erinnere mich an die Anhörung zum BKA-Gesetz von Vorgestern, wo der BKA-Chef Jörg Ziercke sagte:

    Wer heute VoIP mit Skype macht, kann sich sicher sein, dass das nicht abgehört werden kann.

    1. „Das ist ja unglaublich. Ob die Medien schlau genug sind, hier den nächsten Cicero zu entdecken?“

      Wohl kaum – denn für die traditionellen Medien stellt sich das ganze doch nur als eine Aktion gegen Blogger und Raubkopierer dar. Leuten, denen viele Qualitätsjournalisten eh nicht gut gewogen sind.

  3. Und ich bin echt froh nicht irgend wo sonst in Deutschland leben zu müssen und sagen zu können das Bayern nicht zur Neuverschuldung beiträgt, die beste Schulbildung hat und die geringsten Arbeitslosenzahlen.

    Ich finde brutal was sich die CSU hier erlaubt und untersstütze nicht alles aber trotzdem lebe ich gerne in diesem Bundesland AUCH wenn die Beamten in Bayern evtl wissen was ich mit meinen Freunde in Skype spreche.

    Dies ist kein Angriff aber diese Aussage finde ich nicht gut in einem sonst tollen Blog.

  4. Zeuge, Opfer, Unbeteiligter, ist doch irrelevant. Hier geht es um die Staatssicherheit und da ist jeder erst einmal ein Terrorist bis das Gegenteil bewiesen wurde, wenn nötig auch mit Folter.

    1. Sebastian, was bist Du denn für einer? Ich möchte Dich sehen, wie Du heulst, wenn Dein Nachbar über Dein ungesichertes WLAN mit Osama Bin Laden chattet und die Staatssicherheit Dir nicht glaubt dass Du das nicht warst. Daumenschrauben sind echt cool, das prickelt so schön…

      1. 1) Ich glaube Sebastian hat das ironisch gemeint.

        2) Die Polizei glaubt dir ohnehin nicht, dass du unschuldig bist, egal was du getan hast. Sie werden nur den Eindruck bei dir erwecken wollen, weil sie dich zum sprechen bringen wollen… damit du dich in Widersprueche verwickelst und ihnen Dinge sagst, die du besser nicht gesagt haettest. Dann kann dein Anwalt auch nicht mehr viel machen. Das gilt besonders bei Faellen, mie offenen WLAN. (es kann bei einer Straftat von einem anderen einen schon einen Unterschied machen, ob das Netz absichtlich odor unabsichtlich offen ist).

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.