Die Kriminalisierung von Filesharing durch die EU

Im April vergangenen Jahres hat das Europaparlament die umstrittene zweite Richtlinie zur Durchsetzung von Geistigem Eigentum (IPRED2) beschlossen. Einer der grössten Kritikpunkte war eine schwammige Formulierung, was man mit der Richtlinie eigentlich bekämpfen will. Die Bekämpfung kommerzieller Produktpiraterie steht ausser Frage. Allerdings ist die beschlossene Richtlinie so ungenau formuliert, dass sie auch zur Vorgehen von nicht-kommerziellen Urheberrechtsverletzungen genutzt werden kann. Während sich die erste Richtlinie noch auf zivilrechtliche Sanktionen beschränkte, kommt mit der zweiten die strafrechtliche Verfolgung. Und das kann Knast für Filesharing bedeuten.

Heise berichtete über die Abstimmung:

Allerdings wurde der von der EU-Kommission vorgelegte Vorschlag in mehreren Punkten zurückgestutzt. Urheberrechtsverletzungen, die im persönlichen und nicht auf Gewinn abzielenden Bereich vorkommen, wurden beispielsweise von Strafrechtssanktionen ausgeschlossen.

Im April 2007 hiess es noch vom italienischen Berichterstatter Nicola Zingaretti (PSE) über die Aufgabe der Richtlinie:

„It is about punishing mafia-style criminals, not about jailing kids who download music from the Internet,“ said Italian Socialist Nicole Zingaretti, who led the bill through the EU assembly.

DigitalMajority.org berichtet nun von Fragen, die Nicola Zingaretti an den EU-Rat gestellt hat. Und da klingt das auf einmal ganz anders:

Parliamentary questions
5 February 2008
P-0541/08
WRITTEN QUESTION by Nicola Zingaretti (PSE) to the Council

Subject: Criminal measures to enforce intellectual property rights

On 25 April 2007 Parliament adopted the report on the amended proposal for a directive of the European Parliament and of the Council on criminal measures aimed at ensuring the enforcement of intellectual property rights (COM(2006)0168 — C6-0233/2005 — 2005/0127(COD)).

On 23 October 2007 the Court of Justice published its ruling in Case C‑440/05, in which it found that the Community legislator may impose effective, proportional and dissuasive criminal penalties on Member States in order to guarantee the full effectiveness of the rules it lays down.

Given the need for urgent action by the EU in response to the increasingly systematic violation of copyright by some Internet users, can the Council provide a time frame for discussion of the directive of the European Parliament and of the Council on criminal measures aimed at ensuring the enforcement of intellectual property rights?

Die erste Richtlinie wird seit Jahren vom Bundestag diskutiert und soll wohl im Sommer beschlossen werden. Wichtigster Streitpunkt ist neben einer Abmahngebühr von 50 Euro das sogenannte Auskunftsrecht. Rechteinhaber wollen ohne rechtstaatlichen Zwischenweg über die Staatsanwaltschaften direkte Auskunft von den Providern erhalten, wenn sie privatwirtschaftlich gegen Tauschbörsennutzer ermitteln.

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2 Ergänzungen

  1. Die Deckelung der Abmahngebühr ist zwar Teil des Gesetzes, mit dem die Richtlinie umgesetzt wird, steht aber nicht selbst in der Richtlinie. Diese Idee stammt direkt aus dem deutschen Justizministerium.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.