Bibliotheken, die 24h geöffnet haben, bekommen mehr Besucher

Die Meldung, die einen Offensichtlichkeitspreis verdient, bringt heise.de gestern.

Die neue 24-Stundenbibliothek der Universität Karlsruhe wird von den Benutzern offenbar sehr geschätzt. Nach Angaben der Schweizer Bibliotheca RFID Library Systems AG ist die Zahl der Besucher im Vergleich zum Vorjahr auf das Dreifache angestiegen. Ein Viertel der Nutzer arbeite inzwischen nachts zwischen 19 und 9 Uhr, zehn Prozent der Nutzung falle auf das Wochenende. Insbesondere am Sonntag würden die zusätzlichen Arbeitsstunden bis spät abends wahrgenommen. Im Vergleich zu samstags gebe es sogar doppelt so viele Besucher. Die jährliche Ausleihzahl von 600.000 Medien ist indes nahezu gleich geblieben.

Simple Regel: die Nutzung steigt, wenn man länger öffnet. Anderswo macht man das so, ohne mehr Technik.

In England konnte ich an der Unibibliothek auch Samstags (immerhin bis 16 Uhr) arbeiten, und Sonntags ebenfalls (auch wenn ich da oft doch zu bequem für war). Die Lesesäle werden fleißig genutzt, die fast eingehaltenen Ausleihfristen generös bis zum Montag verlängert und alles ist entspannter. Das ging auch ohne brandneues RFID, und das schon vor Jahren. Es gab dort diese herkömmlichen, beinahe visitenkartengroßen passiven Funketiketten, wie man sie seit Jahrzehnten aus dem Buchhandel kennt. So teure, neue, schicke Technik braucht man nicht. Man hätte auch einige sonst arbeitslose Bibliothekare für die Nachtschichten einstellen können, gleicher Effekt. Immerhin schön zu hören, dass auch in Deutschland die akademischen Einrichtungen auch mal benutzerfreundlicher werden und lange öffnen.

9 Ergänzungen

  1. Guter Punkt – dass viele Menschen eben nicht nur in die Bibliothek gehen, um dort ein Buch auszuleihen, sondern um dort in Ruhe zu arbeiten (räumliche Trennung, keine Telefon etc.). Mehr Besucher bekommt man also durch längere Öffnungszeiten, aber auch, indem man einfach mal renoviert. Ganz schlecht (und dementsprechend schlecht besucht) ist zum Beispiel die Bibliothek der FU-Publizisten in Lankwitz (Website, dort sieht es etwa so aus: 1, 2). Viel besser und viel voller dagegen die neue philologische Bib in Dahlem, „das Hirn„…

    Also hoffen wir mal, dass sich mehr Bibliotheken ein Beispiel an Karlsruhe nehmen anstatt im Winter die Heizung abzudrehen ;)

  2. @Peter, das mit dem „Beispiel nehmen an Karlsruhe“ bezieht sich hoffentlich ausschließlich auf die Öffnungszeiten. RFID mögen Privatsphären-kundige Endkunden ja aus guten Gründen nicht. Das ist unnötig, Buchverluste hin oder her.

    Lankwitz: das kenne ich ^^ – einmal hab ich dort den Campus besucht und fühlte im Gebäude mich leicht verloren auf der Suche nach der Bibliothek (schlimmer als im FU Hauptgebäude) – ist das nicht ein Teil des Raumschiffs, dessen Mittelteil in der Nähe des Alexanderplatzes abgestürzt ist?
    Und die FU, tja, früher als die Innenhöfe nocht nicht mit Hirn zugebaut waren konnte man wahlweise draußen sitzen oder z.B. von den Germanisten in ruhige, schattige Höfe schauen. Sonst: ist schon schön dort. :)

  3. Ich find das System klasse und nutze es sooft es geht.
    Ausleihen und Lernen wann man will, keine Beschränkung durch Öffnungszeiten!
    Und als Student an o.g. Uni mache ich mir ehrlich gesagt mehr Gedanken über meinen elektronischen StudiAusweis, wo ich nicht mal weiß, was drin steht, wer Zugriff drauf hat und wer es auslesen kann, als über RFIDs in Büchern.
    Und was soll der Vorteil der „passiv auslesbaren Funketiketten“ sein?
    Ich geb meine Bib nicht mehr her! :-)

  4. Wo ist denn der Unterschied zwischen RFID Chips und Funketiketten?

    Anyay die zahlen sagen nicht viel aus, die Unibib ist einfach ein Neubau, kein Wunder dass mehr Besucher reinpassen.

    Bernd

  5. @Bernd Eckenfels, @Peter: das Neubau-Argument zieht, war den Schweizern von der RFID-Firma aber wohl zu simpel. Damit ließe sich ja auch rechtfertigen, dass die Architekten ins Rampenlicht gerückt gehören statt nur modernistische Technik. Wo käme denn dann das Geschäftsmodell hin ;-)

  6. Oh, Verzeihung. Klar, das sollte man nochmal klarstellen: Die Öffnungszeiten sollten als Beispiel dienen, natürlich nicht die RFID-Chips. Die wiederum bringen dem Bib-Besucher ja doch eher nichts. ;)

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