Yahoo, die Suchmaschine mit hierzulande 1,4 % Marktanteil, hat Verfassungsbeschwerde gegen das Leistungsschutzrecht eingereicht. Helge Huffmann, LL.M., General Counsel Deutschland erklärt in einer Pressemitteilung:
Wir sind der Ansicht, dass das Leistungsschutzrecht eine verfassungswidrige Beschränkung der Informationsfreiheit der Internetnutzer darstellt, da eine gezielte Informationserlangung im Internet ohne die Hilfe von Suchmaschinen nicht denkbar ist. Das Grundgesetz verpflichtet den Staat zum Schutz der Informationsfreiheit und damit auch der Strukturen, die die Informationserlangung garantieren. Daher halten wir das Leistungsschutzrecht mit der im Grundgesetz garantierten Pressefreiheit (Art. 5 GG), ferner der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) für unvereinbar. Nicht zuletzt sind wir der Ansicht, dass das Leistungsschutzrecht aufgrund seiner Unklarheit gegen das Bestimmtheitsgebot verstößt und dadurch zu einer unzumutbaren Rechtsunsicherheit führt.
Der Text der Verfassungsbeschwerde ist leider nicht öffentlich. In einer Kurzbeschreibung führt Prof. Dr. Alexander Blankenagel aus:
Argumentativer Ausgangspunkt der Verfassungsbeschwerde ist, dass Yahoo und andere Suchmaschinen als unverzichtbare Vermittler der Presseverlage und ihrer Erzeugnisse, durch die Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz geschützt sind. Dieses Grundrecht wird durch das Leistungsschutzrecht der §§ 87 f, 87 g UrhG in mehrfacher Weise verletzt. Ein Verstoß liegt darin, dass es sich bei der Regelung des Leistungsschutzrechts nicht um ein „allgemeines Gesetz“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Grundgesetz handelt: Nur „allgemeine Gesetze“ können nach dieser Vorschrift das Grundrecht einschränken.
Darüber hinaus stellen die unklaren Begrifflichkeiten der §§ 87 f, 87 g UrhG einen Verstoß gegen den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz dar.
Dr. Till Kreutzer, Rechtsanwalt und Gründungsmitglied von iRights.info und der Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL), kommentiert gegenüber netzpolitik.org:
Angesichts des Chaos, dass das Leistungsschutzrecht gerade bei den betroffenen Suchanbietern ausgelöst hat, halte ich dies für einen nahe liegenden und richtigen Schritt. Wenn sich der Gesetzgeber schon nicht traut, diesem schädlichen und ungerechtfertigten Anliegen der Großverlage einen Riegel vorzuschieben, muss wohl mal wieder das Bundesverfassungsgericht herhalten, um politische Fehlentscheidungen zu korrigieren.
Das Leistungsschutzrecht ist innovationsfeindlich, unnötig und in jeder Hinsicht ungerechtfertigt. Zudem ist es so vage geregelt, dass es massive Rechtsunsicherheit auslöst. Neue Angebote auf dem Suchsektor wird es damit bis auf weiteres – jedenfalls aus den Ländern, in denen ein Leistungsschutzrecht eingeführt wird – nicht geben. Ironischer Weise stärkt das Leistungsschutzrecht durch die hierdurch entstehenden, völlig unwägbaren Kosten und Rechtsunsicherheiten die Marktmacht von Google & Co.
Und? Besteht da eine Chance? Die Argumentationslinie von Prof. Blankenagel klang ja eher schwach.
Warum ist das Leistungsschutzrecht kein „allgemeines Gesetz“?
Ich denke die Klage hat gute Chancen. Einzelfallgesetz ist es nach meiner Meinung, weil Suchmaschinenbetreibern verbietet, was allen anderen erlaubt ist („öffentliche Zugänglichmachung“ ist z.B. ein Link).
Unklar bleibt zumindest für mich, für wen „die Inhalte entsprechend aufbereiten“ gilt. Auch für Suchmaschinen oder nur für andere „gewerbliche Anbieter von Diensten“, die das tun? Je nachdem wie die Antwort ausfällt, wäre es somit für yahoo möglich BILD zu zitieren, aber nicht zu verlinken. Unter die Definition von „Presseerzeugnis“ kann eigentlich jede Internetseite fallen, die wenigstens gelegentlich neue Inhalte veröffentlicht, die nicht schwarmbasiert, wie z.B. wikipedia oder Foren etc., zustandekommen. Webseiten von Zeitungen um die es gehen soll, sind nicht periodischer als andere Webseiten. Die ganzen anderen Worte dieser Definitionen ergeben auch nicht das, was man eigentlich in der Definition schreiben wollte: „Presseerzeugnisse sind die Webseiten der Verlage A, B, C …“, womit man sich die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt hätte sparen können.
Damit könnte man kurz zusammenfassend herleiten: Suchmaschinenanbieter dürfen als Suchergebnis keine Links zu redaktionell betriebenen Seiten ausgeben. Zurück zum DMOZ (bitte nicht).
„Ironischer Weise stärkt das Leistungsschutzrecht durch die hierdurch entstehenden, völlig unwägbaren Kosten und Rechtsunsicherheiten die Marktmacht von Google & Co.“
Diesen letzten Satz kann ich bestätigen. Ich habe meine Nachrichtensuchmaschine nasuma.de zugemacht.
Könnte man gern mal nen Gastbeitrag oder ein Interview zu machen ;)
Aktuell sind wegen des Leistungsschutzrechtes auch bei uns viele News-Suchtreffer bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Das Gesetz nimmt keine Rücksicht auf den Markt, es schützen nur das Monopol und ist darüber hinaus Klientelpolitik par excellence.
@Jens Bernert: sag bescheid falls Du NaSuMa irgendwann wiederbelebst und in Unbubble integrieren möchtest. Ich gebe dem Gesetz auch keine Chance, es ist nur die Frage, wann es fällt.
Schade, dass das Thema Leistungsschutzrecht nur noch ein Stirnrunzeln in den Konsumentenhirnen auslöst. Man weiss nicht worum es geht, will sich nicht mit den Zusammenhängen auseinandersetzen und solange es für die selben Informationen die Öffentlich Rechtlichen gibt (Propaganda olé!) ist den meißten Nicht-Zeitungslesern egal welch unglaubliches Eigentor sich Deutschland im Internetzeitalter damit schießt. Was solls. Gibt doch noch genug Börsen und „Suchmaschinen“ die mehr als genug Futter für unsere Eskapisten bieten.