Der Dachverband der digitalen europäischen Bürgerrechtsorganisationen EDRi hat das Netzwerkdurchsetzungsgesetz analysiert. Dabei untersuchen die Bürgerrechtler den Gesetzentwurf einerseits aus Perspektive der Grundrechte und andererseits aus Perspektive des digitalen Binnenmarktes.
Einige Punkte der Analyse (PDF) sind mittlerweile durch Änderungen am Gesetzentwurf überholt, andere sind auch trotz der Nachbesserungen aktuell. So kritisiert EDRi, dass die gesetzte Bagatellgrenze, die definiert, welche Dienste betroffen sind, unklar sei: Es fehle eine Beschreibung, ob es sich um aktive Nutzer handle. Als Beispiel nennt EDRi das verlassene soziale Netzwerk MySpace: Dieses habe vermutlich immer noch mehr als zwei Millionen Nutzer in Deutschland – auch wenn sich diese seit Jahren nicht eingeloggt hätten. Ein weiteres Problem der Bagatellgrenze sei, dass ein Nutzer bei einem sozialen Netzwerk mehrere Accounts haben könnte und dass es Netzwerke wie etwa Twitter gebe, die sehr viele Bot-Accounts beherbergen.
Wie zahlreiche andere Kritiker des Gesetzes befürchten die europäischen Bürgerrechtler, dass die sozialen Netzwerke aus Furcht vor Bußgeldern mehr löschen werden als nötig. Dies betreffe insbesondere soziale Netzwerke mit geringerer finanzieller Ausstattung als Google oder Facebook, die auch weniger in die Schulung von Moderatoren stecken könnten.
Maryant Fernández Pérez, Senior Policy Advisor von EDRi, sagt gegenüber netzpolitik.org:
Wir sind enttäuscht über die EU-Kommission, dass sie keine Stellungnahme abgab, in der Deutschland aufgefordert wurde, die Gesetzesvorlage fallen zu lassen. Die Version, die am Freitag zur Abstimmung gestellt wird, unterscheidet sich etwas von dem, was ursprünglich vorgeschlagen wurde. Es ist jedoch so, dass die Ergebnisse nicht weniger schädlich sind. Es scheint, dass die Politiker entschlossen sind, mit ihren populistischen Forderungen letztlich profitgesteuerte Unternehmen mit exekutiven, legislativen und gerichtlichen Befugnissen im Internet auszustatten.
NetzDG diskriminiert europäische Internetunternehmen
Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Übergangsfristen seien zudem viel zu kurz und könnten nur von großen Internetkonzernen eingehalten werden. Dies sei eine Diskriminierung europäischer Internetfirmen. Wer das Internet reguliere, als gäbe es nur Facebook und Google, der fördere ein Internet, das tatsächlich nur aus Facebook und Google besteht.
Insgesamt stehe der Gesetzesvorschlag gegen Innovation und verhindere, dass neue europäische Unternehmen in den Markt eintreten könnten. Es widerspreche zudem der E-Commerce-Richtlinie. EDRi kommt zum Schluss, dass das Gesetz erst gar nicht beschlossen werden sollte. Es sei neben den Implikationen in Deutschland ein schlechtes Beispiel für andere europäische Länder.
Update:
Maryant Fernandez hat gerade noch einen Artikel zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz veröffentlicht. Sie fragt: „Will 30 June be the day populism killed free speech?“
Haben denn die Bundestagsabgeordneten der Union und SPD jemals auf Kritiker gehört? Nein, also wird das Gesetz verabschiedet.
hallo,
ich ueberlege ihren artikel beim justizministerium zu melden. wenn man ihn liest, wird man regelrecht wütend. nach einiger zeit entwickelt man einen gewissen hass gegen das ng. allso ein hass-posting im sinne von h. maas.