Die Pressemitteilung des AK-Vorratsdatenspeicherung zum BVerfG-Urteil: Nach Urteil: AK Vorratsdatenspeicherung fordert Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung in ganz Europa.
Nach Urteil: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung verlangt Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung in ganz Europa
+++ Jetzt muss die EU die Richtlinie aufheben +++ Rund 70% der Bevölkerung gegen Vorratsdatenspeicherung +++ Weitere Datenhalden abschaffen +++
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die Vorratsdatenspeicherung fordert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung einen Stopp der flächendeckenden Überwachung in ganz Europa. „Die verdachtslose Erfassung vertraulicher Verbindungen und Bewegungen der gesamten Bevölkerung muss jetzt von der Politik schnellstens zurückgenommen werden“, fordert Florian Altherr vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. „Die Bundesregierung kann bei einem entsprechenden Vorstoß auf die Unterstützung vieler Staaten wie Österreich, Schweden und Rumänien zählen, die sich der Vorratsdatenspeicherung bis heute verweigern.“
Dem Richterspruch zufolge verstößt die Vorratsdatenspeicherung in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung gegen das Fernmeldegeheimnis. Das Gesetz trage dem besonderen Gewicht einer solchen Speicherung „nicht ausreichend Rechnung“ und sei nicht verhältnismäßig; fehlende Datensicherheit und Verschlüsselung lüden zum Missbrauch ein und Betroffene würden über die Verwendung ihrer Daten nicht benachrichtigt. Auch sei Deutschland bei der Umsetzung des europäischen Rechts ohne Not über die Vorgaben hinausgegangen. Bisher gespeicherte Daten, so Richter Papier, seien von den Providern ersatzlos zu löschen.
Einer heute veröffentlichten infas-Umfrage zufolge wird die Vorratsdatenspeicherung von 69,3% der Bevölkerung abgelehnt – kein anderes „Sicherheitsgesetz“ stößt auf so starke Ablehnung. „Die Mehrheit der Bevölkerung steht mit uns für eine Gesellschaft ohne flächendeckende Überwachung. Die Politik muss das endlich begreifen“, sagte der Datenschutzaktivist padeluun vom Bielfelder Verein FoeBuD.
Patrick Breyer vom Arbeitskreis ergänzt: „Auch nach der heutigen Entscheidung werden wir den juristischen Kampf gegen die Vorratsdatenspeicherung fortsetzen. Es wäre untragbar, wenn wir in Deutschland nun auf der sicheren Seite sind, während andere Länder weiterhin anlasslos Kommunikationsdaten speichern. Der Europäische Gerichtshof muss nun entscheiden. In bereits anhängigen Verfahren in Irland und Ungarn könnte die grundrechtswidrige Vorratsdatenspeicherung schon bald dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorgelegt werden.“
Auf seiner Internetseite hat der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung eine Liste derjenigen Bundestagsabgeordneten veröffentlicht, die die heute für verfassungswidrig erklärten Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung am 09.11.2007 trotz massiver Proteste und juristischer Warnungen verabschiedet haben. „Wir rufen alle Bürger auf, ihre Abgeordneten jetzt zur Rede zu stellen und zu fragen, wie sie künftig Verletzungen unserer Freiheitsrechte erkennen und vermeiden wollen“, erklärt Suat Kasem vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.
Bis zu einem europaweiten politischen Stopp ruft der Arbeitskreis dazu auf, die Vorratsdatenspeicherung aktiv zu umgehen. Dies war schon vor dem heutigen Urteil einfach und legal möglich, zum Beispiel durch die Benutzung pseudonymer Prepaid-Karten für Mobiltelefone und Anonymisierungsdiensten im Internet. Tipps und Anbieter zur Umgehung der Verbindungsdatenerfassung finden sich auf vorratsdatenspeicherung.de.[3] Ab heute sind zudem nicht nur Dienste in anderen Staaten ohne Umsetzungsgesetz von der Speicherpflicht befreit, sondern auch deutsche Anbieter.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung die folgenden vier Forderungen an die Politik:
Bundesregierung, Bundesjustizministerin und Parlamente müssen sich jetzt gemeinsam mit anderen kritischen Staaten für eine Abschaffung der unnötigen und schädlichen EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung aussprechen und einsetzen.
Die Bundesregierung darf weiteren Informationssammlungen über vollkommen unverdächtige Bürger nicht zustimmen, insbesondere nicht der geplanten EU-Flugreisendenakte. In der Vergangenheit beschlossene Vorratsdatensammlungen müssen aufgehoben werden, etwa die Surfprotokollierung durch das BSI und das Arbeitnehmer-Informationssystem ELENA.
Gegen grundrechtswidriges EU-Recht muss mittelfristig jeder Europäer direkte Verfassungsbeschwerde bei dem Europäischen Gerichtshof einlegen können.
Alle bestehenden Überwachungsbefugnisse müssen von unabhängiger Seite im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit unseren Grundrechten, auf ihre Wirksamkeit, ihre Kosten, ihre schädlichen Nebenwirkungen und auf Alternativen überprüft werden.
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