Weltweit laufen verschiedene gesetzgeberische Angriffe gegen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Neben den bekannten Gefahren wie der des EU-Vorhabens der Chatkontrolle und den Vorschlägen der Going-Dark-Arbeitsgruppe in der EU, gibt es weitere existierende und geplante Gesetze in einigen Ländern, welche die Verschlüsselung akut bedrohen.
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung kann unter anderem vertrauliche Kommunikation in Messengern oder das Speichern und den Austausch von Daten in der Cloud sichern. Sie ist essenziell für die Privatsphäre sowie eine sichere digitale Welt. Diese Form der Verschlüsselung funktioniert aber nur wirklich, wenn es keine Hintertüren gibt und nur die jeweiligen Endpunkte der Kommunikation vollen Zugriff auf die Inhalte erhalten. Gibt es Hintertüren in der Verschlüsselung, so können diese nicht nur von der Strafverfolgung oder anderen staatlichen Behörden, sondern auch von Kriminellen oder Spionen ausgenutzt werden.
Großbritannien attackiert Cloud-Verschlüsselung
In Großbritannien ist mit dem Investigatory Powers Act schon länger ein solches Gesetz in Kraft. Auf Grundlage des Gesetzes forderte die Regierung Anfang Februar von Apple, weltweit Hintertüren in seine iCloud-Verschlüsselung einzubauen. Der Konzern verweigerte das und reagierte Ende des Monats damit, dass er Nutzer:innen im Vereinigten Königreich die unter dem Namen „Advanced Data Protection“ bereitgestellte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in der Cloud abschaltete. Damit sind Bewohner:innen von Großbritannien in Zukunft schlechter geschützt als Menschen anderswo.
Die US-Bürgerrechtsorganisation EFF begrüßte den Schritt von Apple, die Verschlüsselung selbst nicht anzutasten und sich gegen das Vorgehen der Regierung zu wehren. Die Organisation fordert, dass Großbritannien von den überzogenen Forderungen abrücken solle und Apple – und anderen – die Möglichkeit geben müsse, die Option für eine durchgängig verschlüsselte Cloud-Speicherung anzubieten.
Frankreich attackiert Messenger-Verschlüsselung
In Frankreich hat jüngst ein Gesetz gegen den Drogenhandel den Senat passiert und soll schon im März in Parlament und Ausschüssen weiter behandelt werden. Dieses „hoch politisierte“ Gesetzespaket enthält eine Reihe an Verschärfungen, etwa eine heimliche Fernüberwachung über Mikrofone und Kameras von Endgeräten.
Der Menschenrechtsorganisation la Quadrature du Net bereitet aber wohl ein Gesetzeszusatz die größten Sorgen, der sich gezielt gegen verschlüsselte Kommunikation richtet. Der Passus soll Online-Dienste wie Signal oder WhatsApp verpflichten, Kommunikationsdaten in lesbarer Form herauszugeben und bedroht die Nichtbeachtung mit Strafen von bis zu 1,5 Millionen Euro für natürliche Personen oder zwei Prozent des Jahresumsatzes von juristischen Personen wie Unternehmen oder Stiftungen. Um dem zu entgehen, müssten die Anbieter Hintertüren in ihre Software einbauen.
Laut Quadrature du Net führt das Gesetz insgesamt zu einer Stärkung der Überwachungskapazitäten von Geheimdiensten und der Kriminalpolizei. „Es handelt sich um einen der repressivsten und gefährlichsten Texte der letzten Jahre“, so die Digitalorganisation in einer Analyse. Dort heißt es auch, dass das Gesetz sich nicht nur auf den Drogenhandel beschränke, sondern auch gegen politischen Aktivismus genutzt werden könne, wenn Mitglieder einer Gruppe als „organisierte Bande“ eingestuft würden. Außerdem sieht das Gesetz laut Quadrature vor, dass geheime Überwachungen möglich seien, die später nicht in die Strafprozessakte einfließen müssen.
Schweden attackiert Sicherheit des eigenen Militärs
In Schweden ist ein geplantes Gesetz gegen illegale Online-Inhalte noch nicht ganz so weit. Es soll voraussichtlich erst im kommenden Jahr in den schwedischen Reichstag kommen. Die Initiative sieht laut SVT Nyheter vor, dass Messenger die Kommunikationen ihrer Nutzer:innen speichern müssen. Es sei „absolut entscheidend“, dass Ermittlungsbehörden Zugang zu digitaler Kommunikation erhalten, forderte der schwedische Justizminister.
Meredith Whittaker, Präsidentin von Signal, hat in einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Sender angekündigt, dass der Messenger Schweden verlassen würde, sollte das Gesetz Wirklichkeit werden. In Schweden nutzt laut dem Bericht auch die Armee den Messenger als sicheres Kommunikationsmedium.
Die schwedische Armee steht laut dem Bericht den Plänen ablehnend gegenüber. In einem Schreiben an die Regierung erklärte das Militär, dass der Gesetzentwurf nicht umgesetzt werden könne, „ohne Schwachstellen und Hintertüren einzuführen, die von Dritten ausgenutzt werden könnten“.
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