Kennt ihr das, wenn eine Behörde eine offensichtlich nutzlose, teure und grundrechtsverletzende Überwachungsmaßnahme nach Jahren einfach einstellt?
Nein?
Ich auch nicht.
Es kommt sehr selten vor, dass die Behörden, Ministerien oder Regierungen, über deren Arbeit wir täglich kritisch berichten, eine Form der technologischen Überwachung einfach so wieder sein lassen. Umso mehr freue ich mich, wenn es doch mal passiert. So wie gestern, als meine Kollegin Anna anrief, um mir mitzuteilen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weitgehend aufgehört habe, die Datenträger von Asylsuchenden auszulesen.
Seit 2017 hatte das Amt massenhaft die Daten aus den Smartphones von Menschen ausgelesen, die in Deutschland Asyl beantragt haben. Auch dann noch, als schon längst bekannt war, dass die Zahl der Fälle, in denen die Ergebnisse den Angaben der Antragstellenden widersprachen, verschwindend gering war. Misstrauen geht vor.
Jetzt kam durch eine Anfrage raus: Das BAMF durchsucht nur noch in wenigen Ausnahmefällen. Die Details könnt ihr im Beitrag von Anna nachlesen. Noch besser wäre es gewesen, die Bundesregierung hätte die Rechtsgrundlage für diese aufwendige und grundrechtsverletzende Maßnahme gleich ganz abgeschafft. Zusammen mit all den anderen Schikane-Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren in das Asyl- und Aufenthaltsrecht eingebaut wurden.
Ich weiß, aber man wird ja noch träumen dürfen. So lange freue ich mich über kleine Zwischenschritte wie diesen.
Habt ein gutes Wochenende
Chris
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Erik Tuchtfeld ist der neue Vertreter des Internets im ZDF-Fernsehrat. In seiner ersten Sitzung ging es gleich um die großen Themen: Pressefreiheit, Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Donald Trump gibt TikTok in die Hände seiner treuen Milliardärs-Fans. Ellison, Murdoch & Co. bekommen so Zugang zu 170 Millionen US-Handys. Für die US-Öffentlichkeit heißt das: noch mehr Propaganda, noch weniger Vielfalt. Ein Kommentar.
Die Rasterfahndungssoftware von Palantir beschäftigt die Menschen in Baden-Württemberg. In Stuttgart drängt der Protest gegen die Software und den Trump-Getreuen Peter Thiel Anfang Oktober auf die Straße. Ein Bündnis will verhindern, dass die umstrittene Software bei der Polizei eingesetzt wird.
Nur noch in wenigen hundert Fällen las das BAMF in den letzten Monaten die Smartphones Geflüchteter aus. Das ist ein markanter Rückgang zu den fünfstelligen Zahlen aus früheren Jahren. Offenbar ist bei der Asylbehörde angekommen, dass der aufwändige und grundrechtsfeindliche Eingriff nichts bringt.
Seit sieben Jahren bereits wird in Mannheim Videoüberwachung mit automatisierter Verhaltenserkennung getestet. Nun will Baden-Württemberg die Hürden für die Installation von Kameras senken. Der Verfassungsschutz soll künftig auf private Aufnahmen zugreifen dürfen.
Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.
heise online
Die Gebrauchsanweisung auf Papier hat weitgehend ausgedient: Die EU-Staaten haben sich auf eine „Digital by Default“-Regelung für Produkt-Erklärtexte geeinigt.
Der Spiegel
Amazon zahlt in einem Vergleich 2,5 Milliarden US-Dollar an die US-Handelsbehörde FTC. Das Unternehmen soll Verbraucher:innen unrechtmäßig in Prime-Abos gelockt haben. Diese müssen künftig einfacher kündbar sein.
heise online
Europäische Nutzer*innen werden ein weiteres Jahr kostenlos mit Sicherheitsupdates für Windows 10 versorgt – wenn sie das Betriebssystem mit ihrem Microsoft-Konto verknüpfen. Das hat die Verbraucherschutzorganisation Euroconsumers ausgehandelt.
Der Spiegel
Nach Protesten stellt Microsoft einer Einheit des israelischen Militärs keine Cloud- und KI-Dienste mehr bereit. „Wir liefern keine Technologie, die die Massenüberwachung von Zivilisten ermöglicht“, schreibt Microsoft-Präsident Brad Smith in einem Blog-Beitrag.
Social Media Watchblog
Warum verpflichtende Identifikationsnachweise für Internetaccounts, wie sie die Petition "Schluss mit anonymem Internet-Hass!“ fordert, eine schlechte Idee sind, erklärt das Social Media Watchblog.
TechCrunch
Die Telefon-App Neon speicherte Gespräche, um sie fürs KI-Training zu verkaufen. Nutzer*innen bekamen 15 US-Cent pro Minute. Durch eine Sicherheitslücke war es allerdings für jede*n möglich, auf die Mitschnitte zuzugreifen. Aktuell ist Neon offline.
New York Times
Meta will mit dem neu gegründeten Super PAC „American Technology Excellence Project“, einem politischen Lobby-Vehikel, US-weit gegen Abgeordnete vorgehen, die sich für mehr Regulierung des Konzerns einsetzen.
BEUC
Während sich Megakonzerne wie Apple auf den DMA einschießen, weist die Verbraucherschutzorganisation BEUC auf all die Vorteile hin, die das EU-Digitalgesetz mit sich bringt – etwa die Möglichkeit, andere Zahlungsdienstleister als Apple Pay zu verwenden.
Wikimedia Deutschland
Zum am Sonntag anstehenden internationalen Tag der Informationsfreiheit macht die Online-Enzyklopädie im Papier „Informationsfreiheit für Wikipedia – und für Vertrauen in den Staat“ deutlich, warum Informationsfreiheit so wichtig ist.
t3n
Eine Untersuchung kanadischer Datenschutzbehörden zeigt, dass TikTok Gesichter und Stimmen von Nutzer*innen biometrisch analysiert, um daraus Alter und Geschlecht abzuleiten. Mit den Informationen wird Werbung personalisiert.
heise online
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil hohe Hürden für die Entnahme einer DNA-Probe gesetzt. Das sei ein massiver Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung und im verhandelten Fall nicht rechtmäßig gewesen.
Biometric Update
Der US-Grenzschutz nutzt Software von Palantir, um die genetischen Informationen von mehr als 1,5 Millionen Menschen zu verarbeiten. Betroffen sind auch Minderjährige.
Bertelsmann Stiftung
Chatbots können suizidale Gedanken bestärken, vorurteilsbelastete Jobempfehlungen oder Abnehm-Tipps für Unterernährte geben. Solche Beispiele für Risiken der KI-Nutzung hat die Bertelsmann-Stiftung für eine Studie zusammengestellt.
Der Standard
Mit einer Breitseite gegen den Digital Markets Act geht Apple in die erste Begutachtungsphase des EU-Digitalgesetzes: Es würde nur neue Risiken für Datenschutz und Sicherheit schaffen. In einer nicht öffentlichen Stellungnahme soll der US-Konzern sogar die Abschaffung des DMA fordern.
tagesschau.de
Nachdem an vielen Flughäfen mehrere Tage Check-in-Chaos wegen eines Ransomware-Angriffs geherrscht hatte, wurde in Großbritannien ein Verdächtiger festgenommen und danach wieder gegen Kaution freigelassen. Die Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang.
taz
Der Rechtsanwalt und Dozent Andreas Gran kommentiert für die taz einstiegsfreundlich, warum Chatkontrolle ein riesiges Problem wäre: "Unsere freiheitliche Gesellschaft basiert aber auf dem Briefgeheimnis und der Meinungs- und Pressefreiheit."
Zerforschung
Die Hacker:innen von Zerforschung haben ein Sicherheitsproblem in einem Hotel-Check-in-System gefunden: Buchungsinformationen von Gästen waren leicht abrufbar. Der Software-Hersteller reagierte schnell, eine Information der Betroffenen blieb jedoch offenbar bisher aus.
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