Die Bundesregierung hat ihren jährlichen Bericht (PDF) über die Löschbemühungen von sogenannter Kinderpornografie im Internet vorgelegt. Das Prinzip „Löschen statt Sperren“ ist demnach weiterhin ein Erfolgsrezept gegen die Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder – schon nach einer Woche sind fast 100 Prozent aller gemeldeten Inhalte im Inland gelöscht.
Bei in Deutschland gehosteten Inhalten waren demnach 99,65 Prozent dieser Inhalte innerhalb einer Woche nach Meldung gelöscht. Über drei Viertel waren schon zwei Tage nach einem Hinweis des Bundeskriminalamtes gelöscht. Während der Wert der innerhalb von einer Woche gelöschten Inhalte sich nur noch leicht erhöhte, hat die Geschwindigkeit der Löschungen ab Meldung deutlich zugenommen. Während im Vorjahr 62 Prozent nach zwei Tagen gelöscht waren, sind es nun laut dem Bericht 76,3 Prozent.
Dies wird auch im Bericht hervorgehoben:
Der durchschnittliche Verfügbarkeitszeitraum im Internet, nach Hinweiseingang im BKA, lag bei ca. 1,54 Tagen (2021: 2,55 Tage). Somit konnte die durchschnittliche Verfügbarkeit im Vergleich zum Vorjahr um mehr als einen Tag reduziert werden.
Die hierzulande gehosteten Inhalte machten mit etwa 51 Prozent mehr als die Hälfte der insgesamt fast 15.309 Hinweise aus, die beim BKA in die Statistik einflossen. Die Zahl der Hinweise erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 28,5 Prozent.
Löschung im Ausland etwas langsamer
Die Löschung im Ausland erfolgt in der Regel etwas langsamer: Hier waren etwa 53 Prozent der Inhalte nach einer Woche gelöscht und etwa 88,5 Prozent nach einem Monat. Grund für die geringere Löschquote ist zum einen ein erschwerter Zugang zu den ausländischen Providern. Zum anderen gelten hierzulande strengere Gesetze als in vielen anderen Hosting-Ländern, wo manche Inhalte nicht illegal sind. Die meisten der beanstandeten Inhalte befanden sich auf Servern in den USA und den Niederlanden. Diese beiden Länder machten knapp mehr als die Hälfte der Hinweise im Ausland aus.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zeigte sich laut der Pressemitteilung zufrieden: „Die weiterhin hohen Löschquoten und vergleichsweise kurzen Bearbeitungszeiten belegen, dass das Konzept ‚Löschen statt Sperren‘ weiterhin wirkungsvoll ist“, so Buschmann. Der Bericht zur Löschung wird seit 2013 jährlich veröffentlicht. Er entstand aus einer Forderung der „Zensursula“-Bewegung, die sich gegen Netzsperren im Netz eingesetzt hatte.
Entgegen dem Erfolg der Strategie „Löschen statt Sperren“ setzt sich die Bundesregierung in den aktuellen EU-Verhandlungen rund um die „Chatkontrolle“ nun für „Löschen vor Sperren“ ein, und akzeptiert damit Netzsperren.
„Die meisten der beanstandeten Inhalte befanden sich auf Servern in den USA und den Niederlanden. Diese beiden Länder machten knapp mehr als die Hälfte der Hinweise im Ausland aus.“
Wie vieles davon waren Comics? Die Niederlande ist eines der größten Hoster solcher Inhalte mit etlichen Unternehmen die es auch vertreiben. Hat schon ein Geschmäckle wenn hier terminologisch nicht einmal differenziert wird. Wie soll man sich hier ein klares, differenziertes Bild machen? Die Quote wäre grottenschlecht, wenn Menschen solche Inhalte konsequent melden würden. Wobei ich mir nicht sicher bin, da diese Fälle als „Indizierungsverfahren“ laufen und vermutlich gar nicht in der Statistik auftauchen, oder als „Erfolg“.
Die Experten / Sachverständigen im Bundesministerium der Justiz sind schon seit Jahren für eine Entkriminalisierung solcher Inhalte, da es Ressourcen bindet und keine europarechtliche Vorgabe ist. Auch zeigt die Praxis lt. den Experten das die Justiz sich schwer tut, ab wann eine Comicfigur denn jetzt „jugendlich“ ist.
Siehe diesen Auszug:
„Schließlich wird empfohlen, die Strafbarkeit für klar als solche erkennbare fiktive Kinder- und Jugendpornographie entfallen zu lassen, da eindeutig künstliche Darstellungen zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung nicht verboten werden müssen. Denn durch derartige Darstellungen würden weder Kinder noch Jugendliche in ihrer sexuellen Selbstbestimmung verletzt und eine Nachahmung stehe nicht zu befürchten.“
Quelle: Abschlussbericht der Reformkommission zum Sexualstrafrecht, 19.07.2017 (Nr. 61, S. 260 ff., 361 f.)
Dieser Vorschlag wurde von 8 Mitgliedern der Kommission gebilligt und von zwei abgelehnt. Die gleiche Empfehlung wurde auch 2020/21 geäußert. Vergangene und aktuelle Studien zeigen auch das erkennbar fiktive Inhalte nicht „gefährlich“ sind, aber dies politisch gut zu verkaufen ist deutlich schwerer.
Verlautbarungen bzgl. „Ressourcenmangel“ kann ich aufgrund der Gesetzeslage daher nicht ernst nehmen. Auch zeigt die Niederlande das ein europäisches Internet so nicht funktionieren kann, es braucht einheitliche Regeln.
…aber dann die Chatkontrolle einführen wollen…
Es ist glaube ich zu erwarten, dass die Chatkontrolle mit dem Argument „Kindesmissbrauch“ etabliert werden soll, um dann grenzenlos ausgeweitet zu werden. Die Urheberrechtslobby hat sicher auch schon ihre Interessen angemeldet, so wie es beim Thema Client-Side Scanning auch geschehen ist.