Trotz anhaltender Kritik schließt die Europäische Union die Öffentlichkeit weiter aus einem wichtigen Schritt der EU-Gesetzgebung aus. Dagegen legen nun mehrere Nichtregierungsorganisationen Beschwerde bei der Europäischen Bürgerbeauftragten Emily O’Reilly ein. Die NGOs wollen erreichen, dass das EU-Parlament die Zwischenstände aus den Trilog-Verhandlungen der EU künftig proaktiv veröffentlicht.
Der Trilog ist die letzte und entscheidende Phase im Gesetzgebungsprozess der EU. Dieser beginnt in der Regel damit, dass die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung oder Richtlinie vorlegt. Hierzu beziehen nach intensiven Debatten das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten im Rat Stellung. Sie formulieren den Gesetzestext um, streichen Artikel oder erarbeiten Gegenvorschläge. Die Positionen der drei Institutionen können dabei weit voneinander abweichen. Im Trilog müssen sie am Ende einen Kompromiss finden.
Diese finalen Verhandlungen finden in mehreren Runden hinter verschlossenen Türen statt, teils über viele Monate oder gar Jahre. NGOs ist das schon lange ein Dorn im Auge. „Ohne Zugang zu den aktuellen Dokumenten ist eine kritische Begleitung der EU-Gesetzgebung in der entscheidenden Phase kaum möglich“, konstatieren heute in einer Pressemitteilung Felix Duffy und Verena Leyendecker von Lobby Control. Mehr Transparenz kann laut der NGO dazu beitragen, das Machtungleichgewicht beim Lobbyismus zwischen Konzernen und Zivilgesellschaft in Brüssel auszugleichen.
Bürgerbeauftragte setzt sich für mehr Transparenz ein
Gemeinsam mit den Transparenzorganisationen Corporate Europe Observatory, FragDenStaat und Centre for Research on Multinational Corporations fordert Lobby Control, dass das EU-Parlament die sogenannten Vier-Spalten-Dokumente aus dem Trilog proaktiv veröffentlicht. In den ersten drei Spalten dieser Dokumente sind die Positionen der drei EU-Institutionen festgehalten, in der vierten Spalte der bisherige Kompromiss. Nach jeder Verhandlungsrunde werden die Dokumente aktualisiert.
Die Beschwerde der NGOs bezieht sich auf die Dokumente aus den Trilog-Verhandlungen zum Digital Markets Act. Mit dieser 2022 verabschiedeten Verordnung will die EU die Macht der großen Digitalkonzerne einschränken. Die NGOs hatten nach eigener Auskunft noch während der Verhandlungen beim Europäischen Parlament die Veröffentlichung der Dokumente beantragt. Der Antrag sei zunächst abgelehnt, dann verschleppt und erst nach Abschluss der Verhandlungen beantwortet worden.
Als Bürgerbeauftragte der EU hat Emily O’Reilly in der Vergangenheit schon oft mangelnde Transparenz der EU kritisiert. Unter anderem forderte sie nach einer Beschwerde von netzpolitik.org die EU-Kommission auf, dienstliche SMS und Messenger-Nachrichten von Spitzenbeamten wie Kommissionschefin Ursula von der Leyen nicht mehr zu löschen. Die Ombudsstelle kann Missstände allerdings lediglich aufdecken und rügen, nicht selbst beheben.
Ganz wichtig. Irgendwer muss da Intelligenz einbringen. Nicht irgendwann, immer.