Institut für MenschenrechteSicherheitsgesetze müssen evaluiert werden

Mehr Überwachung ist einfach beschlossen, aber ob die Maßnahme überhaupt den gewünschten Effekt auf die Sicherheit hat, überprüft dann niemand mehr. Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert, dass Gesetze regelmäßig im Hinblick auf ihre Wirkung und die Grund- und Menschenrechte evaluiert werden.

Blaulicht
Viele Sicherheitsgesetze werden nicht noch einmal überprüft. (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Mika Baumeister

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat die bisherige Evaluierung von deutschen Sicherheitsgesetzen analysiert. Die Menschenrechtler fordern, dass neue Befugnisse für Sicherheitsbehörden  am Maßstab der Grund- und Menschenrechte überprüft werden. Bislang sei eine Evaluierung oftmals auf Bürokratiekosten und Verwaltungsaufwand fokussiert gewesen oder wurde gar nicht erst im Gesetz festgeschrieben.

Die Analyse gibt einen Überblick über die bisherige Evaluierungspraxis, diskutiert Konzepte und Methodik und macht Empfehlungen für die konkrete Umsetzung. Sie richtet sich an den Gesetzgeber sowie an die rechts- und sozialwissenschaftliche Forschung und will einen Beitrag zur Stärkung und Weiterentwicklung der grund- und menschenrechtsorientierten Evaluierung von Sicherheitsgesetzen leisten, heißt es in der Pressemitteilung.

In der Analyse schreibt Dieter Weingärtner (PDF):

[..] die Evaluation soll eine tatsachengestützte Beantwortung der Frage ermöglichen, ob die gesetzgeberischen Maßnahmen sich als zum Erreichen des angestrebten Sicherheitsgewinns geeignet und erforderlich erwiesen haben und ob ihre Anwendung im Hinblick auf die verursachten Grundrechtsbelastungen angemessen ist.

Die Direktorin des Institutes Beate Rudolf sagt, dass die Befugnisse von Polizei, Staatsanwaltschaften und Geheimdiensten, in Grund- und Menschenrechte einzugreifen, in den zurückliegenden 20 Jahren erheblich erweitert worden seien. „Nicht wenige dieser Gesetze wurden vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, so dass der Gesetzgeber gezwungen war, anschließend nachzubessern.“ Sie kritisiert auch, dass bei Gesetzesänderungen aus jüngster Zeit wie bei der Novelle des Bundesverfassungsschutzgesetzes eine Evaluierung unter Grund- und Menschenrechtsaspekten gar nicht mehr vorgesehen sei.

Evidenzbasierte Sicherheitspolitik

Ein Problem für die Evaluierung von Gesetzen sei, dass in den Gesetzesbegründungen die Ziele „oft nicht ausdrücklich“ oder „allenfalls abstrakt“ beschrieben werden, schreibt der Autor der Analyse. Zwar seien Gesetze, die Sicherheitsbehörden zusätzliche Eingriffsbefugnisse verschaffen, letztlich darauf ausgerichtet, die innere Sicherheit zu stärken. Doch je allgemeiner das Ziel eines Gesetzes gefasst sei, desto weniger könne ein Grad von Zielerreichung gemessen werden. Dennoch könne hierbei eine Evaluierung neue Erkenntnisse bringen. Die Evaluierung könne dem Gesetzgeber Wissen über die Anwendung des Gesetzes und ihre Auswirkungen auf die Grund- und Menschenrechte vermitteln. Sie erfülle somit eine grundrechtssichernde Funktion.

Schon im Jahr 2006 hatte das Deutsche Institut für Menschenrechte empfohlen, dass eine Evaluierung von Sicherheitsgesetzen als Instrument zur Selbstkontrolle des Gesetzgebers wirken könne. Mit der aktuellen Analyse erneuert das Institut seine Empfehlung zur Evaluierung von Sicherheitsgesetzen.

Bei der Bewertung von Überwachungs- und Sicherheitsgesetzen könnte auch eine Überwachungsgesamtrechnung helfen. Ein neues Dossier auf netzpolitik.org widmet sich einem Überblick zur Überwachung, die Chronik des Überwachungsstaates gibt den zeitlichen Rahmen zum Thema.

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