Datenschutzverstöße in EuropaVodafone kassiert Strafen am laufenden Band

So langsam wird die Sache teuer: Wegen anhaltender Datenschutzbeschwerden hagelt es in mehreren Ländern Bußgelder für Vodafone. Mehr als 9,5 Millionen Euro verlangen europäische Aufsichtsbehörden von dem Mobilfunkanbieter allein in diesem Jahr, auch der deutsche Bundesdatenschutzbeauftragte prüft gravierende Vorwürfe.

Es hagelt Datenschutzstrafen für Vodafone
Unerlaubte Werbeanrufe, untergeschobene Verträge, nicht gelöschte Daten: Vodafone hat in mehreren Ländern Probleme mit den Datenschutzbehörden CC-BY 2.0 Kārlis Dambrāns

Allein betrachtet wäre die Meldung keine große Schlagzeile: Vodafone kassiert eine Datenschutzstrafe in Rumänien. 2.915 Euro soll der Mobilfunkanbieter zahlen, weil Mitarbeiter:innen unberechtigt auf Kundendaten zugegriffen hatten. 70 Personen sollen davon betroffen sein, teilt die nationale Datenschutzaufsicht mit. Das Unternehmen habe es versäumt, technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um die Daten angemessen zu schützen.

So weit, so unspektakulär. Datenschutzverstöße kommen vor und 3.000 Euro sind keine Größe für einen Konzern mit einem Jahresumsatz von 45 Milliarden Euro. Doch die Nachricht passt in ein Muster: Seit Monaten kassiert Vodafone in unterschiedlichen europäischen Ländern Strafen wegen Datenschutzverletzungen. Allein im Oktober 2021 musste der Telekommunikationskonzern wegen sieben unterschiedlichen Verfahren in Spanien mehr als 300.000 Euro zahlen, nachdem die spanische Datenschutzbehörde im Februar bereits ein Bußgeld von 8 Millionen Euro verhängt hatte.

Insgesamt verhängten europäische Datenschutzbehörden im Jahr 2021 bisher 28 Bußgelder gegen Vodafone. Das geht aus der Bußgeld-Datenbank der Website DSGVO-Portal.de hervor. Neben Spanien und Rumänien baten in den letzten Monaten auch Aufsichtsbehörden in Deutschland und Italien Vodafone zur Kasse.

Ungebetene Werbeanrufe und untergeschobene Verträge

Der Grund sind fast immer unsaubere Vertriebsmethoden des Mobilfunkanbieters. Häufig kritisieren die Behörden zum Beispiel ungewollte Werbeanrufe, -SMS oder -Mails, obwohl betroffene Personen dem explizit widersprochen hatten. Manchmal geht es um betrügerische Vertragsabschlüsse, bei denen die Identität der vermeintlichen Vertragspartner:innen nicht geprüft wurde. Vertriebler:innen hatten in diesen Fällen einfach behauptet, dass die Personen Verträge mit ihnen geschlossen hätten, obwohl dies nicht stimmte.

In einigen Fällen soll Vodafone zudem die Rechte von Betroffenen verletzt haben, etwa einer Aufforderung zur Datenlöschung oder zur Datenkorrektur nicht nachgekommen sein. In einem Fall setzte es eine Strafe, weil das Unternehmen nicht mit der Aufsicht kooperierte.

Erst vor zwei Monaten berichtete der Spiegel von erheblichen Datenschutzproblemen bei dem Kommunikationskonzern. Ein Whistleblower hatte offengelegt, dass Mitarbeiter:innen in Deutschland die Daten von Kund:innen unerlaubt nutzten und teilweise sogar verkauften, um möglichst viele Verträge abschließen zu können. Dabei handelt es sich häufig um selbstständige Vertriebsmitarbeiter:innen, die durch ein Provisionssystem motiviert werden, möglichst viele Vertragsabschlüsse unter Dach und Fach zu bringen.

Der Mobilfunkmarkt ist hart umkämpft. Eigentlich ist er längst gesättigt, die meisten Menschen haben bereits mindestens einen Handy-Vertrag. In Deutschland etwa waren Anfang 2018 laut Bundesnetzagentur schon 132 Millionen aktive SIM-Karten registriert. Trotzdem konnten Telekom, Vodafone und o2 in den letzten drei Jahren 20 Millionen neue Mobilfunkkund:innen gewinnen.

Das zu diesem Zweck geschaffene Provisionssystem ist für die Telefonkonzerne offenbar schwer zu kontrollieren. Der Spiegel-Informant berichtete von einem fast-90-Jährigen, dem zwölf SIM-Karten untergeschoben wurden. Eine andere Vodafone-Vertrieblerin hatte sogar einer Katze einen Handy-Vertrag angedreht.

Auch o2 steht in der Kritik

Auch wenn Vodafone in diesem Fall gerichtlich gegen die Vertriebspartnerin vorging: Dass es nun in mehreren Ländern Datenschutzstrafen hagelt, vermittelt das Bild eines Konzerns, der mit aller Macht neue Kund:innen sucht und dabei offenbar immer wieder Rechtsverletzungen in Kauf nimmt oder sie zumindest nicht wirksam unterbinden kann. Die Datenbank von DSGVO-portal.de verzeichnet allein für das Jahr 2021 Bußgelder in Höhe von gut 9,5 Millionen Euro für Vodafone. Noch nicht alle Strafen sind rechtskräftig.

In Deutschland verhängte Anfang 2021 die Bundesnetzagentur eine Strafe in Höhe von 148.000 Euro wegen unerlaubter Werbeanrufe gegen Vodafone. Der Bundesdatenschutzbeauftragte prüft derzeit die im Spiegel erhobenen Vorwürfe des systematischen Datenmissbrauchs.

Vodafone ist mit dem Problem jedoch nicht allein. Im Sommer hatte netzpolitik.org aufgedeckt, dass bei Wettbewerber Telefónica (o2) viele Shop-Betreiber:innen ihren Kund:innen Datenschutzeinwilligungen unterjubeln. Auch sie gaben an, dass sie durch ein Bonus-System von dem Konzern zu dem Verhalten angetrieben würden. Eine Prüfung der Vorwürfe durch den Bundesdatenschutzbeauftragten läuft derzeit noch.

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Eine Ergänzung

  1. Hallo netzpolitik.org Team,
    Hallo Ingo,

    ein sehr spannender Artikel. 👌
    Spannend deshalb, weil er mit Sicherheit den Beginn einer ganzen Reihe von Publikationen in Deutschland einläutet. Wir lesen immer von Globalisierung, von Transformationen und Digitalisierung. Wenn es aber um Verstöße und Missstände geht, denken und lesen wir sehr lokal. Das aber tatsächlich genau diese Themen global zu betrachten sind, um die Ursachen zu verstehen, wird gerne übersehen. Vorfälle in Italien oder Spanien werden genauso in Deutschland zu finden sein. Es ist und bleibt immer eine Frage der Zeit, wann diese Fälle in einem Kontext zu bewerten sind. Ich denke die Zeit ist nun reif für diese Betrachtung. Denn Zufälle in dieser Form gibt es nicht. Es sind Systeme und Abläufe, die im Vorfeld genauestens, bestens kalkuliert worden sind.
    Ich bin auf weitere Meldungen gespannt.
    Viel Erfolg noch.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.