Werbe-TrackingApple legt das Häkchen um

In der kommenden iOS-Version ändert Apple die Konfiguration seiner Mobiltelefone an entscheidender Stelle: Weil der US-Konzern für die eigenen Kund:innen den Schutz vor intransparenten Tracking hochfährt, zittern Facebook und die Werbebranche. Ein Kommentar.

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Die Beta für die kommende Betriebssystem-Version von Apples iOS 14 ist raus. Eine kleine und feine Änderung findet sich im Detail und muss etwas erklärt werden. Sie hat massive Auswirkungen auf den Werbe- und Trackingmarkt.

iOS hat bis zur aktuellen Version eine Werbe-ID. Dieser Advertising Identifier (IDFA) ist eine eindeutige Nummer, auf die Apps zugreifen können, um das Gerät zu identifizieren. Zwar ist mit der ID erstmal nicht verknüpft, wer man genau ist. Für die Aufzeichnung aller Aktivitäten in Apps und im Netz sowie die darauf basierende Werbung reicht aber auch das Pseudonym. Die Werbe-ID kann zudem zu einem zentralen Verknüpfungspunkt für die Zusammenführung unterschiedlichster Datenpunkte werden.

Bisher ist das Auslesen der ID von der Werkeinstellung her für alle Apps freigeschaltet. Das ändert sich mit der neuen Version von Apples mobilem Betriebssystem. Dann wird diese Werbe-Überwachungsfunktion werksmäßig ausgestellt und man muss sich proaktiv darum bemühen, dann wieder heimlich im Hintergrund getrackt zu werden. Denn viele Apps, vor allem die vermeintlich kostenlosen, greifen gerne auf den IDFA zu und sammeln so viele weitere Daten, wie sie können, um diese dann gerne an Datenbroker weiterzuverkaufen, die diese dann weiterverkaufen,…


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Erst Anfang des Jahres hatten norwegische Verbraucherschützer aufgezeigt, wie auf diese Basis auch intime Daten aus Dating-Apps wie Tinder, Grindr oder okCupid an dutzende Firmen verschleudert werden. Die britische NGO Privacy International führt mehrere Datenschutzverfahren gegen die Datenhändler und auch deutsche NGOs haben als Teil eines internationalen Bündnisses diverse Beschwerden gegen Firmen aus diesem dubiosen Werbesystem eingereicht.

Mit der Umstellung geht Apple auf die Forderungen von vielen Datenschützer:innen ein, die sich für datenschutzfreundliche Voreinstellungen einsetzen. Denn bisher ist es fast überall andersherum: Erstmal sind alle Schotten offen und man muss das Wissen und die Motivation mitbringen, um sich im Rahmen der digitalen Selbstverteidigung zu schützen. Aufgrund von Bequemlichkeit, mangelndem Wissen und manipulativem App-Design bleiben aber in den meisten Fällen die Werkseinstellungen bestehen.

Zukünftig ist der Zugriff auf den IDFA für Apps aus dem Store erstmal ausgeschaltet. Das wird dazu führen, dass Apps um ein Einschalten der Möglichkeit betteln und dabei in vielen Fällen vielleicht auch versuchen werden, Nutzer:innen hinters Licht zu führen. Was dann kommt, könnte spannend werden: Denn nach strenger Auslegung der Datenschutzgrundverordnung müssten sie dann mindestens eine datenschutzfreundliche Bezahl-Alternative anbieten, die dann eben keine intransparenten Tracking-Sachen im Hintergrund machen dürfen.

Dieser kleine und feine Unterschied durch ein künftig anders voreingestelltes Häckchen gefährdet bestehende Werbe-Ökosysteme wie die von Facebook und Google. Aber das ist gut so, denn die Politik hat es in den vergangenen Jahren nicht geschafft, Nutzer:innen ausreichend vor diesem heimlichen Ausspionieren zu schützen. Eigentlich schreibt die Datenschutzgrundverordnung dieses „Privacy by default“ genannte Prinzip der datenschutzfreundlichen Voreinstellung eh vor. Praktiziert wird es bisher aber kaum.

Das sollte die „kleine Schwester“ der Datenschutzgrundverordnung, die ePrivacy-Verordnung, ändern. Aber nachdem das EU-Parlament für mehr Verbraucher:innenrechte gegen intransparentes Tracking und für datenschutzfreundliche Voreinstellungen gestimmt hatte, lief die Werbe- und Medienindustrie Amok, und dämonisierte die Verordnung gar als „Angriff auf den freien Journalimus“ (Kein Scherz: O-Ton Verband der Zeitungsverleger) und blockierte den kompletten Prozess mit ihrer Lobbyarbeit.

In der Debatte zeigt sich übrigens, dass Axel-Springer und Google mehr miteinander gemein haben als man sonst denkt. Beide wollen größtmögliche Überwachungs-Freiheiten für ihre Werbemodelle.

Apple legt jetzt den Haken um. Das könnte für die Privatsphäre von Apple-Nutzer:innen mehr verändern als die Politik es bisher vermochte.

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6 Ergänzungen

  1. schreib kurz, was die ID identifiziert. das handy? den nutzer? den apple account? dann liesse sich ableiten, was genau das heisst, wie weit „übergreifend“ diese ID wirkt. danke.

    1. Nur das Handy.
      Ist aber Somit ein Pseudonym wenn z.B. die Telefonnummer oder e-mail mit der ID verknüpft wird könnte man darüber z.B. auch Andere dinge Identifizieren.

  2. > schreib kurz, was die ID identifiziert. das handy? den nutzer? den apple account? dann liesse sich ableiten, was genau das heisst, wie weit „übergreifend“ diese ID wirkt. danke.

    Erstmal nur das Hdy unter Android (ich nehme iOS auch) kann man sich sogar ein neues generieren lassen. Aber das tut nur sehr wenig zu Sache. Sobald du dich dann bei einem Dienst identifizierst (z.b. bei Spiegel einlogst) kann der Dienst diese ID mit deinem real name verknüpfen (Geht natürlich auch ohne Login mit anderen Fingerprinting-Methoden). In der EU ev nicht ganz legal aber weltweit wird das einfach gemacht. Das heisst die Id identifiziert dich dann trotzdem und deine mehreren Geräte werden mit der Zeit alle erfasst.

    1. Das Handelsblatt berichtet auch, dass Apples eigenes Tracking wohl weiter standartmäßig aktiviert sei:

      „Trotz der Änderungen in iOS wird es auf iPhone und iPad indes weiter personalisierte Werbung geben, auch dann, wenn die Nutzer nicht explizit zustimmen: Apple bietet dafür selbst ein Programm an. Im neuen Betriebssystem ist es in den Einstellungen in einem separaten Menü standardmäßig eingeschaltet.“

      (Quelle: https://app.handelsblatt.com/technik/sicherheit-im-netz/werbevermarktung-auf-iphone-und-ipad-apple-und-facebook-streiten-ueber-die-sammlung-von-nutzerdaten/26133840.html)

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